Schlau vernetzt

Smart Meter und Smart Grid im Gebäudebetrieb

Von Dr. Matthias Koch und Dierk Bauknecht

Ferraris-Zähler, die bekannten schwarzen Zählerkästen, waren gestern. Heute sind Smart Meter in aller Munde. Die Revolution der Stromwirtschaft steht an.

Das neue Energiewirtschaftsgesetz fordert Stromversorger auf, ab diesem Jahr ihren Kunden verstärkt last- und zeitvariable Stromtarife anzubieten. Die technische Grundlage dafür sind intelligente Stromzähler, so genannte Smart Meter. Sie erfassen den Stromverbrauch des Kunden mit Datum und Uhrzeit und übermitteln diese Informationen an den Stromversorger.

Im Netzwerk der Intelligenz

Smart Meter sind ein wesentlicher Bestandteil von intelligenten Stromnetzen und können dazu beitragen den Stromverbrauch zu senken. In diesen intelligenten Netzen, so genannten Smart Grids, werden Stromkunden und dezentrale Stromerzeuger über Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) miteinander verbunden. Stromerzeugung und -verbrauch lassen sich so zeitlich aufeinander abstimmen. Das ist gerade im Hinblick auf den zunehmenden Anteil von Wind- und Fotovoltaikstrom im deutschen Strommix von Bedeutung. Anders als bei Biomasse und fossilen Brennstoffen, ist die Stromeinspeisung aus Wind- und Sonnenkraft wetterbedingten Schwankungen unterworfen. Zum Ausgleich dieser Schwankungen und der mit der Einspeisung verbundenen Prognoseunsicherheit muss im Stromsystem ausreichend Flexibilität und Speicherkapazität vorhanden sein. In einem Smart Grid können Stromkunden ihre Flexibilität bereit stellen, indem sie ihren Stromverbrauch an Verfügbarkeit und Preissignalen ausrichten. Diese Preisinformationen bekommen die Kunden - ähnlich wie bei der Wettervorhersage - von ihrem Stromversorger für die nächsten 24 Stunden beispielsweise auf ein Display in der Wohnung oder auf das Handy übermittelt. Damit können sie individuell festlegen, wann die Waschmaschine läuft oder das Elektrofahrzeug aufgeladen wird und dabei die preisgünstigen Stunden nutzen. Darüber hinaus kann auch dem Stromversorger die aktive Steuerung von einzelnen Geräten überlassen werden. Gut geeignet sind dafür beispielsweise moderne Kühl- und Gefriergeräte. Innerhalb des zulässigen Temperaturintervalls werden die Kälteaggregate dann extern angesteuert.

Das Kraftwerk im Keller

Doch Immobilienbesitzer können noch mehr tun, wenn sie in ihrem Heizungskeller den Öl- oder Gasbrenner durch ein gasbetriebenes Blockheizkraftwerk (BHKW) ersetzen. In einem BHKW wird Strom erzeugt und die dabei abfallende Wärme kann anschließend für die Beheizung von Gebäuden oder zur Brauchwasseraufheizung verwendet werden. Je nach Wärmebedarf und Gebäudegröße haben diese Minikraftwerke eine elektrische Leistung zwischen fünf und 20 Kilowatt. Beim Betrieb eines kleinen Nahwärmenetzes kann die Leistung noch deutlich höher ausfallen. Für einen flexiblen und stromgeführten Betrieb der BHKW ist ein ausreichend großer Wärmespeicher von zentraler Bedeutung.

Ein prominenter Vertreter dieser dezentralen Stromerzeugungsvariante ist der Ökostromanbieter LichtBlick, der zusammen mit der Volkswagen AG in den nächsten Jahren 100.000 Blockheizkraftwerke mit einer Gesamtleistung von rund 2.000 Megawatt installieren möchte. Das entspricht der Leistung von zwei großen Kohle- oder Kernkraftwerken. Weil in einem BHKW Strom und Wärme gleichzeitig erzeugt werden, ist diese Form der Stromerzeugung besonders umweltfreundlich. Durch Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) und den emissionsärmeren Brennstoff Erdgas ist der CO2-Ausstoß je Kilowattstunde Strom rund drei bis vier Mal geringer als bei der Stromerzeugung in einem herkömmlichen Kohlekraftwerk ohne zusätzliche Wärmenutzung. Die CO2-Emissionen können weiter gesenkt werden, wenn zukünftig aufbereitetes und ins Erdgasnetz eingespeistes Biogas eingesetzt wird.

Die Rahmenbedingungen müssen stimmen

Der Gesamtwirkungsgrad von BHKWs kann bis zu 96 Prozent betragen. So erreicht das Vitobloc 200 Modul EM-18/36 von ESS einen thermischen Wirkungsgrad von über 64 Prozent und einen elektrischen Wirkungsgrad von über 32 Prozent.
Ein einzelnes BHKW ist jedoch zunächst noch keiner zentralen Steuerung unterworfen und kann sich daher auch nicht an der schwankenden Wind- und Fotovoltaikstromerzeugung orientieren. Auch ist das deutsche Stromnetz noch nicht auf die flexible Stromerzeugung in dezentralen Anlagen ausgerichtet. Traditionell gleichen die großen Stromkonzerne kurzfristige Schwankungen mit ihren thermischen Großkraftwerken oder Pumpspeicherkraftwerken aus.

Im Rahmen des E-Energy Forschungsprogramms des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie werden derzeit in verschiedenen Modellregionen der Aufbau und der Betrieb von intelligenten Stromnetzen erprobt. Das Öko-Institut bewertet in dem E-Energy Projekt eTelligence (Modellregion Cuxhaven) die ökologischen und ökonomischen Auswirkungen, die sich in einem Smart Grid erreichen lassen.

Die Haupteffekte entstehen zum einen durch den effizienteren Betrieb des konventionellen Kraftwerksparks. Das energie- und CO2-intensive An- und Abfahren von Großkraftwerken sowie deren ineffizienter Teillastbetrieb kann in einem Smart Grid mit Hilfe von dezentraler Flexibilität verringert werden. Zum anderen lassen sich ohne zusätzliche Flexibilität ab einem bestimmten Schwellenwert die regenerativen Energieträger nicht mehr vollständig in das Stromsystem integrieren. Flexible Verbraucher und dezentrale Erzeuger können hier einen Beitrag leisten, zusätzlichen Wind- und Fotovoltaikstrom aufzunehmen und damit CO2-Emissionen zu vermeiden.

Diesen Pluspunkten stehen allerdings auch zahlreiche Herausforderungen gegenüber. Für den Betrieb von intelligenten Stromnetzen ist der Aufbau einer IKT-Infrastruktur erforderlich, die sich insbesondere aus intelligenten Stromzählern, steuerbaren Endgeräten und mehreren Datenverarbeitungssystemen zusammensetzt. Eine weitere wichtige Einflussgröße ist nicht zuletzt auch die Bereitschaft der Stromkunden, sich auf diese neue Art des intelligenten Stromverbrauchs einzulassen. Und schließlich können dezentrale KWK-Anlagen nur dann flexibel und effizient eingesetzt werden, wenn die erzeugte Wärme gespeichert und vollständig genutzt werden kann.

Die Ergebnisse der in der eTelligence Region Cuxhaven durchgeführten Feldversuche sowie der modellgestützten Berechnungen des Öko-Instituts werden in den nächsten ein bis zwei Jahren ausgewertet und veröffentlicht.






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Quelle:
Technik | Energie, 18.01.2011

     
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