Mrs. Social und Mr. Business

Schüler als Unternehmer helfen mit Geld und Ideen

Schüler, die mit einer pfiffigen Geschäftsidee, dem Vertrieb von Regionalgeld, gute Umsätze machen und damit ihrer Partner-Schulgemeinschaft im Slum von Nairobi beim Aufbau einer Regiowährung helfen. Ja wo gibt‘s denn so was? Im wunderschönen Chiemgau!

© Norbert StanczakMrs Social kann es kaum erwarten bis die Pausenglocke ertönt. Sie will mit Mr Business unbedingt einen Plan aushecken, wie sie den ersten Preis beim ECO-motion Ideenwettbewerb gewinnen und das Preisgeld von 400 Euro kassieren können. Denn damit wäre genug Kapital da, um die nächste Stufe zu zünden: „Unsere Kollegen müssen raus aus dem Slum und wir helfen ihnen dabei". Mr Business fragt vorsichtig nach: „Und warum sollen gerade wir die Sieger sein und das Preisgeld bekommen?". Für Mrs Social gibt es keine Zweifel und sie hat bereits die fertige Präsentation für den Wettbewerb vor Augen. „Wir verdienen zukünftig als Schülerunternehmen nicht nur Geld durch Pausenbrotverkäufe oder auf Flohmärkten, sondern wir verkaufen Regiogeld. Damit unterstützen wir die Verbreitung unserer regionalen Währung und die nachhaltige Wirtschaft in der Gegend und verdienen Geld, das wir in Afrika investieren. Und unsere Schulkollegen können dann von unseren Erfahrungen profitieren und nach gleichem Modell Geld verdienen".

Mr Business ist baff. „Das klingt gar nicht so kompliziert. Lasst uns das versuchen animiert er die umstehenden Schüler – und schon geht‘s wieder in den Unterricht.

Den Profit kalkulieren
24 Schüler der freiwilligen Projektgruppe der Schülerfirma „nyendo hand in hand" besuchen die Freie Waldorfschule Chiemgau in den Klassenstufen 9 und 10. Mit den Erlösen ihrer Firma unterstützen sie seit fast zwei Jahren eine kleine Schule im Slum von Nairobi. Dank der Idee von Mrs Social errechnen sie nun aufgeregt ihren „social profit": Wenn über 1 Jahr 50 Familien 200 Chiemgauer im Monat ausgeben würden und die 3 Prozent Regionalbeitrag ihrer Partnerschule zukommen ließen, kämen am Ende des Jahres – bei einem Chiemgauer-Umsatz von insgesamt 120.000 Euro – 4.000 Euro als Spende zusammen. Ein stolzer Betrag, der in Nairobi dringend gebraucht wird.

Dezember 2011
Frau Wutte, die Gründerin des Lehrgangs für soziales Unternehmertum, „nyendo lernen hand in hand", erzählt in den beiden siebten Klassen der Waldorfschule in Prien über die Kangemi Youth School im Slum von Nairobi, deren Kinder sich zum Teil keine Mittagsmahlzeit leisten können.

„Was können wir tun?", fragen die SchülerInnen betroffen, „wir möchten gerne helfen!"

April 2012
Einzelne Lehrer haben den Wunsch der Schüler aufgegriffen und die Schule wird Mitglied im nyendo lernen Schülerfirmennetzwerk.

September 2012
13 SchülerInnen gründen die nyendo Schülerfirma. Der Profit soll an die Kangemi Youth School gehen. Einkommensquelle ist die arbeitsintensive Herstellung von „Samosas", frittierten Teigtaschen, die zu verschiedensten Anlässen verkauft werden. Aus Lebensmitteln im Wert von ca. 30 € werden bei jeder Aktion etwa 300-400 Samosas hergestellt, die dann für insgesamt etwa 500 € verkauft werden. Das lohnt sich!

Bis Dezember 2013
Eine Schülerin: „ Durch den Verkauf von Samosas verdienten wir bis jetzt ca. 2.000 Euro, durch Catering 1.200 Euro, ein Spendenlauf an unserer Schule brachte 2.500 Euro und der WOW-Day 5.600 Euro. Insgesamt haben wir also 11.300 Euro verdient." Mit diesem Geld bekamen die Schüler der Partnerschule in Nairobi nicht nur ihre tägliche Mittagsmahlzeit, auch der Zaun um deren Schulgrundstück wurde erneuert, sodass eine Schulfarm entstehen kann.

nyendo lernen: Siegerfoto mit dem Jungunternehmer Florian Spathelf von spielzeugkiste © Freie Waldorfschule ChiemgauDezember 2013
Da sich immer mehr SchülerInnen begeistert anschließen, startet die Schülerfirma ihre Expansion. Mit einer Weihnachtsaktion stellen sie ihre zweite Geschäftsidee vor: „Chiemgauer"-Verbraucher für ihr Projekt gewinnen und 3 Prozent Provision kassieren.

Februar 2014
14 Familien haben sich bereits angeschlossen. Bei einem Ideenwettbewerb auf der Berufsfindungsmesse gewinnt die Schülerfirma den ersten Preis und das Preisgeld. Mrs Social ist zufrieden mit dem Erfolg ihrer Idee und dem Einsatz ihrer Kollegen.

Eine spannende Parallelentwicklung – November 2013 bis März 2014
In einem kleinen Slum in Mombasa (Kenia) wurde das erste erfolgreiche Regionalgeld der Bangla Pesa von 160 lokalen Kleinstunternehmern (Tagesumsatz bis zu 1,50 Euro) eingeführt. Schlagzeilen folgten bald: Der Geschäftsumsatz aller Mitglieder stieg in den ersten drei Monaten um 80 Prozent an! Auf dem Afrika Summit in Paris gilt der Bangla Pesa als „one of Africas top innovations".

März 2014
Inspiriert vom Erfolg des Chiemgauers und des Bangla Pesas in Kenia, kommt den Schülern eine Idee: "Wenn das so ist, wäre es doch das Beste, auch die Eltern unserer Partnerschulgemeinschaft könnten mithilfe von Regionalgeld ihre Einkünfte steigern und langfristig das Schulgeld ihrer Kinder selbst bestreiten."

Mai 2014
Großzügig und mit freudiger Erwartung spenden die Schüler ihre 400 € Preisgeld für ein Treffen der 200 Eltern ihrer Schulkollegen von der Kangemi Youth School im Slum von Nairobi. Zusätzlich ist ein vertiefender Workshop zur Einführung von Regionalgeld zusammen mit den Initiatoren des Bangla Pesas geplant. Im Mai 2014 fand eine Klausurtagung statt, an der die Schüler ihre Ideen gemeinsam mit Irmgard Wutte, die das Treffen in Kenia organisierte, weiterentwickelten. Die Schüler können mit dieser Erfolgsmeldung weitere Familien zum Einkaufen mit dem Chiemgauer bewegen und weiteres Geld für neue Projekte erarbeiten.

September 2014
In Ismaning, einem Vorort von München, werden nyendo-Schüler vor Ort und aus Prien gemeinsam einen Afrikatag veranstalten. Das Programm wird weitere Nachahmer begeistern und zur Gründung neuer Schülerfirmen führen.

Mrs Social und Mr Business finden es genial und wünschen viel Erfolg!

Der Chiemgauer
Eine regionale Währung, die mit 3 Prozent des Umsatzes ein soziales Projekt nach Wahl des Verbrauchers unterstützt, verliert an Wert, wenn sie nicht weiter in Umlauf gebracht wird. Kunden aus der Region können ihn gegen Euro eintauschen, aber nur Unternehmen können ihn auch zurücktauschen. So entsteht ein Kaufimpuls, der die Region stärkt und gleichzeitig soziales Engagement fördert. Der Chiemgauer wurde 2003 von Schülern der Freien Waldorfschule Chiemgau und dem Lehrer Christian Gelleri gegründet. (forum berichtete bereits mehrfach über diese Initiative).


Wirtschaft | Mr Social und Mrs Business, 01.07.2014
Dieser Artikel ist in forum Nachhaltig Wirtschaften 03/2014 - Tooooor! 3:0 für Nachhaltigkeit erschienen.
     
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