Notenzeugnisse sind pädagogischer Unfug
Bund der Freien Waldorfschulen rät vor dem 15. Lebensjahr von Notenzeugnissen ab
Die Sommerferien nahen und damit auch die Zeugnisvergabe, doch bei dem Gedanken daran wird den Schüler*innen vielerorts schon Angst und Bange, denn bei manchen ist sogar die Versetzung in Gefahr. Befürchtungen, die Waldorfschüler*innen nicht kennen, da es an ihren Schulen kein Sitzenbleiben gibt und Notenzeugnisse auch erst frühestens ab der 9. Klasse üblich sind. Der Bund der Freien Waldorfschulen rät vor dem 15. Lebensjahr von Notenzeugnissen ab.
„Die Neurowissenschaften haben längst belegt, dass Angst, Stress und Druck die denkbar schlechtesten Vorbedingungen zum Lernen sind. Wir lernen niemals nur mit dem Kopf, sondern immer auch mit dem Herzen und durch aktive Tätigkeit", betont Henning Kullak-Ublick, Vorstandssprecher im Bund der Freien Waldorfschulen (BdFWS). Während die gelernten Inhalte meist schnell wieder vergessen werden, bleibe das mit dem Lernen verbundene Gefühl bestehen und bestimme in hohem Maße die individuelle Beziehung zum Lernen im späteren Leben. Noten vor dem 14. Lebensjahr führten für viel zu viele Kinder dazu, Lernen als notwendige Last statt als spannendes „Tor zur Freiheit" zu erfahren, das sich ein Leben lang immer weiter öffnen könne, führt der langjährige Waldorfklassenlehrer aus.
Deshalb gebe es an den Waldorfschulen in der Unter- und Mittelstufe keine selektive Auslese mit Noten und kein Sitzenbleiben – aus pädagogischen Gesichtspunkten seien Noten ohnehin vollkommen überflüssig: „Notenzeugnisse sind pädagogischer Unfug", sagt Kullak-Ublick. Der BdFWS begrüße daher, dass der Notendruck wenigstens für die jüngeren Jahrgänge auch an Schulen in staatlicher Trägerschaft allmählich reduziert werde. „Das ist gut, aber am Ziel sind wir erst, wenn nicht mehr eine Defizitorientierung über eine Schülerlaufbahn entscheidet, sondern das individuelle Können", so Kullak-Ublick weiter.
Mehr zu diesem Thema im Radiobeitrag mit Henning Kullak-Ublick.
Bund der Freien Waldorfschulen e.V.
Die derzeit 244 deutschen Waldorfschulen haben sich zum Bund der Freien Waldorfschulen e.V. (BdFWS) mit Sitz in Stuttgart zusammengeschlossen, wo 1919 die erste Waldorfschule eröffnet wurde. Seit 2013 sitzt die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des BdFWS als Zweigstelle in Hamburg. Die föderative Vereinigung lässt die Autonomie der einzelnen Waldorfschule unangetastet, nimmt aber gemeinsame Aufgaben und Interessen wahr.
Kontakt: Celia Schönstedt, Bund der Freien Waldorfschulen e.V.
schoenstedt@waldorfschule.de | www.waldorfschule.de
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Gesellschaft | Bildung, 25.06.2018
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