Zu viel Staat erhöht die Kosten für die Gebäudesanierung

Studie beziffert Investitionsbedarf auf 2,1 Billionen Euro bis 2050

Vor allem Haushalte mit unterdurchschnittlichem Einkommen belastet die von der Bundesregierung geforderte energetische Sanierung von Wohngebäuden finanziell. Denn sie verteuert das Wohnen erheblich - insbesondere wenn der Einsatz bestimmter Technologien oder Energien bei der Sanierung vorgeschrieben wird. Zu diesen Ergebnissen kommt eine gemeinsam vom Fraunhofer-Institut für Bauphysik (IBP) und dem Forschungscenter Betriebliche Immobilienwirtschaft an der Technischen Universität Darmstadt (FBI) erstellte Studie.

Eine Haussanierung kann teuer werden: Hausbesitzer müssen für ein durchschnittliches Mehrfamilienhaus rund 303.000 Euro einplanen.
Foto: © IWO
Bis zum Jahr 2050 will die Bundesregierung den Energiebedarf im Gebäudebereich in der Größenordnung von 80 Prozent reduzieren. Doch auf welchem Weg lässt sich dieses Ziel am besten erreichen? Und wie lässt sich verhindern, dass Eigentümer und Mieter dabei finanziell zu stark belastet werden? Mit diesen Fragen befasst sich die heute vorgestellte Studie "Energetische Gebäudesanierung in Deutschland". Auftraggeber der Studie ist das Institut für Wärme und Oeltechnik e. V. (IWO).

"Die Studie zeigt, dass sich bei Fortführung aktueller Trends in Kombination mit den Leitlinien der Bundesregierung der Primärenergieverbrauch bis 2050 um maximal 64 Prozent reduzieren lässt", so Prof. Dr.-Ing. Gerd Hauser, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik. "Um das hochgesteckte Einsparziel von 80 Prozent zu erreichen, sind bei der energetischen Gebäudesanierung deutlich größere Anstrengungen als bisher notwendig."

In der Studie wurden alternative Sanierungsfahrpläne verglichen, mit denen das Einsparziel erreicht werden könnte. Die beiden Fahrpläne basieren auf unterschiedlichen staatlichen Regulierungsansätzen: Ein technologieoffener, bei dem Immobilieneigentümer die Energieeinsparmaßnahmen und die Zeitpunkte der Investitionen frei wählen können, solange die vorgegebenen Ziele am Ende erreicht werden. Oder ein technologiegebundener Ansatz, bei dem der Gesetzgeber Eigentümern die Art der Maßnahmen, deren zeitliche Umsetzung und den Grad der Nutzung erneuerbarer Energien vorschreibt.

Mehrfamilienhaus in Meersburg vor der Sanierung
Foto: © IWO
Bis zu 140.000 Euro Sanierungskosten für ein Einfamilienhaus
Insgesamt belaufen sich demnach die volkswirtschaftlichen Kosten für die energetische Gebäudesanierung bis 2050 inflationsbereinigt auf mindestens
1,7 Billionen Euro im technologieoffenen Sanierungsfahrplan. Der technologiegebundene Fahrplan, der beispielsweise den Einsatz von erneuerbaren Energien vorschreibt, würde Mehrkosten in Höhe von rund 400 Milliarden Euro verursachen.

Bezogen auf Gebäudetypen ergeben sich laut Studie folgende Kosten:
Die technologiegebundene Sanierung eines durchschnittlichen Einfamilienhauses kostet rund 140.000 Euro. Für ein durchschnittliches Mehrfamilienhaus müssen Hausbesitzer rund 303.000 Euro aufwenden. Mit einem technologieoffenen Sanierungsfahrplan lassen sich die Kosten je nach Gebäudetyp zwischen 16 und 33 Prozent reduzieren. Selbst in dieser günstigeren Variante werden viele Eigenheimbesitzer die nötigen finanziellen Mittel für die Haussanierung nicht aufbringen können.

Mehrfamilienhaus in Meersburg nach der Sanierung
Foto: © IWO
Deutliche Mehrbelastung für Mieter und Eigentümer
Auch die Kosten für das Wohnen steigen laut Studie durch die Gebäudesanierung deutlich. Mit einem technologiegebundenen Sanierungsfahrplan verteuert sich das Wohnen in einem Einfamilienhaus ab der ersten Modernisierungsmaßnahme bis 2050 im Durchschnitt um rund 260 Euro pro Monat, in einem Mehrfamilienhaus um rund 140 Euro pro Wohneinheit. Im Falle einer technologieoffenen Sanierung ist der Anstieg der monatlichen Kosten des Wohnens im Durchschnitt moderater: im Einfamilienhaus rund 140 Euro und im Mehrfamilienhaus rund 100 Euro pro Wohneinheit.

Die finanziellen Lasten der energetischen Gebäudesanierung steigen mit abnehmendem Einkommen deutlich an. Haushalte in Mietwohnungen mit einem monatlichen Einkommen unter 2.000 Euro müssen mit Wohnkostensteigerungen zwischen durchschnittlich 19,6 Prozent (technologieoffene Sanierung) und 26,4 Prozent (technologiegebundene Sanierung) rechnen. Betroffen sind vor allem Alleinstehende, Alleinerziehende und Rentner.

"Haushalte mit einem monatlichen Nettoeinkommen von 900 bis 1300 Euro zahlen nach Sanierung die Hälfte ihres Einkommens für das Wohnen. Das ist dramatisch und bricht den Sozialpakt", sagt Prof. Dr. Andreas Pfnür, Leiter des Forschungscenters Betriebliche Immobilienwirtschaft. Durch die energetische Gebäudesanierung würden die Ausgaben des Staates für Wohngeld und Kosten der Unterkunft von aktuell circa 17 Mrd. Euro drastisch steigen. Im Falle eines technologiegebundenen Sanierungsfahrplans sei mit Mehrausgaben in Höhe von 7,4 Mrd. Euro pro Jahr zu rechnen ", so Pfnür.
Handlungsempfehlungen der Studienersteller
  • Aus technischer und ökonomischer Sicht ist ein technologieoffener Sanierungsfahrplan mit konkreten Zielvorgaben jedoch ohne Festlegung einer bestimmten Umsetzungsart der optimale Weg.
  • Um den erheblichen sozialen Sprengstoff zu entschärfen, den der Anstieg der Wohnkosten birgt, muss in der Sozialpolitik für ein höheres Budget zur Übernahme dieser Kosten gesorgt werden.
  • Sanierungsmaßnahmen sollten immer individuelle und situationsbedingte Gegebenheiten berücksichtigen und Freiräume zur Anpassung lassen, um Kosten zu minimieren.
  • Sanierungsfahrpläne müssen den Spagat zwischen situativen Bedingungen und Massentauglichkeit der notwendigen Technologien meistern.
  • Allgemein gültige, technologieoffen formulierte Sanierungsfahrpläne schaffen Zielhorizonte und Planungssicherheit. Unterstützend ist zudem eine etappenweise Betrachtung mit Zwischenzielen sinnvoll.
Technologieoffenheit erleichtert Sanierungen
"Die Studienergebnisse belegen, dass aus technischer und ökonomischer Sicht ein technologieoffener Sanierungsfahrplan der bessere Weg ist, um die angestrebte Primärenergieeinsparung im Wohngebäudebereich zu erreichen", so IWO-Geschäftsführer Prof. Christian Küchen. "Viel Energie möglichst kostengünstig einzusparen, muss die Leitlinie sein. Teure Technologien vorzuschreiben und einzelne Energien auszuschließen, ist der falsche Weg. Denn das behindert die Verbreitung vorhandener
effizienter Technik und die Entwicklung neuer Lösungen" so Küchen. So könne etwa die sehr kosteneffiziente Erneuerung von veralteten Heizungen einen wichtigen Beitrag leisten. Sie sollte vom Gesetzgeber stärker gefördert werden.
IWO, 2013

Zusammenfassung der Studie, Pressetext und Motive zum Download auf www.iwo.de/presse

Pressekontakt:
Institut für Wärme und Oeltechnik e. V. (IWO)
Alexander Fack (Leiter Presse- und Öffentlichkeitsarbeit)
Süderstraße 73 a, 20097 Hamburg
Tel 0049 (0)40 23 51 13-884
Fax 0049 (0)40 23 51 13-29
presse@iwo.de
www.iwo.de

Quelle:
Technik | Green Building, 15.08.2013

     
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