YLS-Teilnehmer berichten - Toni Hassenmeier

Wie junge Menschen Führungskräfte werden und dabei den Begriff neu definieren

Wann haben Sie beim Young Leaders for Sustainability (YLS) Programm teilgenommen? 
Im August 2013 bis April 2014 

Wo stehen Sie jetzt?
Ich habe am YLS Programm im Rahmen meiner Tätigkeit bei der GIZ (Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH) teilgenommen. Mein Vertrag bei der GIZ läuft Ende 2015 aus. Daher überlege ich gerade, wie ich mein YLS Projekt weiter vorantreiben kann. Im Rahmen des YLS haben wir ein persönliches Projekt identifiziert, an dem wir arbeiten und die Methoden anwenden. Ich setze mich damit auseinander, ob die Industrie 4.0 Ansätze zur Armutsbekämpfung in abgelegenen Gebieten Afrikas liefern kann.

Seit 2010 arbeitet Toni Hassenmeier als Berater für die GIZ im sambischen Finanzministerium. Er kehrt im Dezember 2015 nach Deutschland zurück, um nach alternativen Wegen für nachhaltige Entwicklung und zur Armutsbekämpfung zu suchen. © Toni HassenmeierWelche Kompetenzen brauchen heutzutage junge Führungskräfte, um Nachhaltigkeit voranzubringen? 
Nachhaltigkeit hat viele Gesichter. Ich stelle in meiner aktuellen Arbeit immer wieder fest, wie wichtig der Faktor Mensch und Menschlichkeit ist. Ich denke, in Deutschland sind wir hier schon eine ganze Ecke weiter. Prinzipiell gilt, dass wir immer besser ausgebildete und reflektierte Arbeitnehmer haben. Daher hat sich das Verständnis, „der Boss weiß alles, sonst wäre er (oder sie) nicht Boss", längst überholt. Die Aufgabe von Führungskräften ist es, eine Umgebung von Vertrauen und Sicherheit zu schaffen. Nur so können außergewöhnliche Ideen entstehen und reifen. Es gilt, eine Balance zwischen den Teammitgliedern herzustellen. Jedes Teammitglied hat eine wichtige Rolle. Heutige Organisationen und Arbeitsumfelder werden immer komplexer und können von einer Person alleine nicht mehr vollständig erfasst und begriffen werden. Daher ist die Wichtigkeit eines funktionierenden Teams deutlich gestiegen. Eine Führungskraft muss sich auf ihr Team verlassen können.
Eine Führungskraft muss hierfür auch verstehen, dass niemand weniger wichtig ist. Jedes Teammitglied übernimmt eine Rolle, auch der notorische Bedenkenträger. Er kann ein wichtiges Gegengewicht zu übermäßig optimistischen Annahmen sein.

Welche Herausforderungen sehen Sie in den nächsten Jahren auf junge Führungskräfte zukommen?
Führungskräfte werden sich in Zukunft stärker mit sozialen Problemen auseinandersetzen müssen. Die Sozialberufe sind gesellschaftlich kaum wertgeschätzt und entsprechend mies bezahlt. Im Servicebereich sieht es noch schlechter aus. Niemand kann erwarten, dass Geringverdiener nachhaltig konsumieren. Es kommt Schizophrenie gleich, wenn Politiker über Nachhaltigkeit sprechen, Unternehmen CSR-Programme auflegen, aber dabei vergessen, Einkommen und Bildung auf ein Minimalniveau zu bringen. 
Führungskräfte müssen sich fragen, welche Werte ihnen wichtig sind und sie bereit sind, für diese einzutreten. Dies bedeutet auch, nach alternativen Wegen zu suchen, z.B. über „Heart Count" statt „Head Count" zu sprechen.

Wie hat Sie YLS weitergebracht in Hinblick auf diese Herausforderungen?
YLS hat mich zum einen mit außergewöhnlichen Persönlichkeiten zusammengebracht, die mich haben wachsen lassen. Ich verstehe heute besser, was es bedeutet eine Balance herzustellen, im eigenen Leben, aber auch in Teams. 
Die im Rahmen von YLS vermittelten Methoden, eröffnen mir mehr Möglichkeiten auf Situationen zu reagieren. Ich habe gelernt, dass Kreativität und strukturierte Methoden sich nicht ausschließen. Wir alle kennen den Begriff des Brainstorming, aber wir wenden die Methode nicht konsequent an. Es reicht nicht, sich einfach mal ne halbe Stunde zusammenzusetzen und Ideen zu diskutieren. Beim Brainstorming geht es gerade darum, erst einmal nicht zu diskutieren, sondern nur zu sammeln. Später wird aus dem Mix an verschiedenen Ideen eine kreative Lösung, in dem die Ideen in Beziehung gesetzt und ergänzt werden. 
YLS ergänzt sich hervorragend mit meiner bisherigen Arbeit, Organisationen als Living Systems wahrzunehmen und Lösungen in der Organisation mit den betroffenen Menschen zu finden. Living Systems bedeutet hierbei, die Organisation nicht als mechanistisches Gebilde zu sehen, bei dem ich die Reaktion auf meine Aktion genau vorhersagen kann. Eine Organisation besteht aus vielen Individuen mit unterschiedlichsten Erfahrungshorizonten und Beziehungen zueinander. Die Folgen von Veränderungen können daher nur beobachtet werden. Jedoch kann eine Intervention gut vorbereitet werden, indem alle betroffenen Akteure einbezogen werden bei der Situationsanalyse. Durch die richtigen Impulse kann eine positive Atmosphäre geschaffen werden, die zu einer breiten Unterstützung beiträgt. Ich versuche beispielsweise bei meinen Workshops die Beteiligten bereits bei der Planung so miteinzubeziehen, dass ich nicht erst am Morgen des Workshops die Erwartungen abfrage. Da kann schon alles zu spät sein. 
Für einen Team Building Workshop habe ich einen Abteilungsleiter überzeugt mit seinen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen im Bus zum Veranstaltungsort zu fahren. Nur so war sicherzustellen, dass niemand mit dem Auto zwischendurch nach Hause fährt. Alle haben mitgezogen. Im Bus hatten wir dann auch eine Kollegin mit Baby. Es war ein voller Erfolg fürs Team Building. Niemand hat eine Extrawurst bekommen. Die Botschaft ist, alle sind gleichwertig.

Was hat YLS gebracht? 
YLS hat eine Gruppe junger Menschen aus den verschiedensten Bereichen (Privatwirtschaft, NGOs, Verwaltung) zusammengebracht und dabei gezeigt, dass Nachhaltigkeit als Wert sich quer durch die Gesellschaft zieht. Unterschiedlichste Personen und Charaktere können zusammen wirken, sich gegenseitig verstärken und befruchten. 

Welche Karrierewege konnten Sie schon hinlegen?
Durch YLS wurde mir eine Gelegenheit geboten mich generell mit meiner Karriereplanung auseinanderzusetzen. Ich habe eine klare Vorstellung entwickelt, wie ich meine Karriere weiter gehen möchte. Ich kann mich daher auf meine jetzige Aufgabe konzentrieren und die nächsten Schritte in Ruhe vorbereiten. Daher ist für mich auch klar, dass mein am Jahresende auslaufender Vertrag keine Tragödie, sondern eine Chance darstellt.

Gibt’s schon Senior Führungskräfte?
Es gibt viele Menschen, die aufgrund ihrer Persönlichkeit und ihrer Wertefestigkeit Teams und Unternehmen führen, in Einklang mit den YLS Vorstellungen. Wer den Menschen und das Gemeinwohl in den Mittelpunkt des eigenen, auch unternehmerischen Handelns stellt, ohne sich dabei selbst zu opfern, stellt aus meiner Sicht so eine Führungskraft dar.

Wie kann YLS die Wirtschaft „infiltrieren" bzw. wie verändert YLS die Welt?
Es gibt nicht eine Welt, sondern 7 Mrd. verschiedene Interpretationen der Welt. Bedeutet das, wenn wir die Interpretation einer Person verändern, dass wir dann die Welt verändert haben? 
Ich denke, es ist wichtig, nicht zu versuchen gleich die ganze Welt auf einmal verändern zu wollen, sondern kleine Veränderungen anzustoßen. Dies fängt mit uns selbst an. Wir benötigen ein Wertegerüst, das uns hilft unsere Entscheidungen zu fällen und zu begründen. YLS kann zu einem Wertegerüst für einen nachhaltigen Weg beitragen. YLS kann eine Lücke füllen helfen, die sich für gut ausgebildete reflektierte Mitarbeiter z.B. in der Wirtschaft auftut. Dies sollte nicht als Infiltration wahrgenommen werden, sondern als ein Beitrag zur Erweiterung der Möglichkeiten, um mit zukünftigen Herausforderungen umzugehen.
 
Hier finden Sie mehr zur Generation Y, dem Young Leaders for Sustainability-Programm sowie das Interview mit Petra Künkel vom Collective Leadership Institute.
 
Weitere Berichte von YLS-TeilnehmerInnen aus der Praxis
 
Yannic Franken - Oracle
"Gerade im Vergleich zu corporate in-house trainings haben mir die praktischen Tipps zur Moderation oder zur gemeinsamen Entwicklung von Lösungsansätzen viel gebracht." 

"Um Dinge zu verändern ist es von zentraler Bedeutung einen Gruppenprozess anzustoßen. Durch YLS habe ich gelernt, dass es hierfür zentral ist nicht nur meine eigene Motivation und Zielsetzung sondern auch die meines Gegenübers wahrzunehmen und zu verstehen."

Sophia Metz - LfU Bayern
"Mein Motto für YLS ist 'Alles neu'. Man gewinnt Abstand aus seinem Alltag, um Dinge von oben, unten und allen Seiten zu betrachten. Neue Perspektiven öffnen mir die Augen und ich kann mich fragen, wo und wie es besser laufen könnte."

Melanie Wilneder - CDP
"YLS war die perfekte Unterstützung beim Einstieg in die NGO-Welt, in einen Job bei dem ich hauptsächlich mit Großunternehmen zusammenarbeite. Die gelernten Methoden versuche ich aktiv intern und extern einzubringen."



Wirtschaft | Führung & Personal, 01.07.2015

     
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