Check-up für gutes Reporting

Anstoß für eine Qualitätsoffensive

Auch fünf Jahre nach dem Erscheinen des vielbeachteten Buchs „One Report: Integrated Reporting for a Sustainable Strategy" von Robert G. Eccles gilt: Integrierte Berichterstattung ist ein weites Feld mit vielen weißen Flecken. Zeit zu handeln.
 
Vielen Unternehmen fällt es immer noch schwer, den von Eccles und seinen Mitstreitern im International Integrated Reporting Council (IIRC) entwickelten Berichtsrahmen in die Praxis umzusetzen und qualitativ hochwertige Berichte zu erstellen. Um herauszufinden, woran dies liegt, und mehr Qualität im Reporting zu ermöglichen, hat Stakeholder Reporting zum zweiten Mal eine Analyse Integrierter Berichte aus dem deutschsprachigen Raum durchgeführt, deren Stärken und Schwächen identifiziert und Empfehlungen formuliert.
 
Wege zu mehr Qualität in der Integrierten Berichterstattung
Für die Analyse der untersuchten Berichte wurden obenstehende Kriterien untersucht und bewertet. © Stakeholder ReportingDas Wesensmerkmal eines Integrierten Berichts ist laut IIRC der Fokus auf die Wirkungsbeziehungen zwischen Nachhaltigkeitsaspekten und der Geschäftstätigkeit. Die Autoren der Studie teilen diese Bewertung: Mit einer Integrierten Berichterstattung sollte die finanzielle Darstellung der Unternehmenslage um die für die Beurteilung von Geschäftsverlauf und -ausblick relevanten Nachhaltigkeitsaspekte ergänzt werden. Erst dann entsteht ein ganzheitliches Bild. Der Unternehmenswert bemisst sich – so die Einsicht – nicht allein nach den finanziellen Kennzahlen, sondern auch nach der Motivation der Belegschaft, dem Wissen des Unternehmens und dem Vertrauen von Kunden und anderen Stakeholdern in eine verantwortungsvolle Unternehmensführung. Bisher gelingt es nur sehr wenigen Unternehmen, diese Zusammenhänge hinreichend darzustellen. Zu diesem Fazit kommt die Studie in einer Analyse von 31 Integrierten Berichten aus dem deutschsprachigen Raum.
 
Methodisch abgeleitete Qualitätsfaktoren
Die Analyse stützt sich auf eine Reihe von Qualitätsfaktoren, die jeweils auf mehreren Kriterien basieren und das Thema der Wirkungsbeziehungen auf allen relevanten Ebenen beleuchten. Die Autoren führten die Qualitätsfaktoren aus den verschiedenen Anforderungskatalogen zusammen, konkretisierten sie in Fachgesprächen mit Reporting-Verantwortlichen aus Unternehmen mit Integrated Reporting-Know-how und überprüften sie anhand internationaler Best Practice-Beispiele. Die Kategorien des IIRC-Rahmenwerks bildeten dabei die Ausgangsbasis. Sie wurden in den spezifischen Kontext der für Deutschland geltenden Vorschriften für die Geschäftsberichterstattung, aus HGB und DRS 20 gestellt und mit dem Leitfaden der Global Reporting Initiative, GRI G4 abgeglichen. Für jede der so angepassten Kategorien wurden abprüfbare inhaltliche Kriterien definiert. So wird beispielsweise nicht nach einer der sechs vom IIRC definierten Kapitalarten, z.B. „Humankapital" gefragt, sondern nach den damit verbundenen Themen, im Beispiel also nach Personalthemen.
 
Vor dem Hintergrund der Studienergebnisse definierten die Autoren konkrete Themenfelder wie Steuerung oder Stakeholder-Einbindung, in denen eine Integration nicht-finanzieller Themen für Unternehmen mit Herausforderungen verbunden ist. Anhand deutscher und internationaler Good Practice-Beispiele wurden für diese Themenfelder Verbesserungspotenziale für die Berichtspraxis abgeleitet:
  • Durchschnittliche Qualität Integrierter Berichte in Deutsch- land (Quelle: Integrated Reporting Benchmark der Stakeholder Reporting GmbH).Zu den größeren Schwachstellen gehört die Darstellung zum Kriterium „Geschäftsmodell": Mehr als 90 Prozent der Berichte schaffen es nicht, auf den Punkt zu bringen, auf welche Ressourcen und Stakeholder-Beziehungen das jeweilige Unternehmen mit seinem Geschäftsmodell angewiesen ist und welche Auswirkungen bzw. Beiträge seine Geschäftstätigkeit auf Umwelt, Gesellschaft und Stakeholder hat.
  • Ein weiteres Themenfeld ist die Beschreibung des Einflusses von Nachhaltigkeitsaspekten auf Geschäftsverlauf und -lage im Berichtsjahr. Entwicklungen im Umwelt- und Personalbereich werden in den untersuchten Berichten oft nur isoliert dargestellt. Selten wird erklärt, welche Bedeutung diese Leistungen für die Umsetzung der Strategie und den Erfolg des Unternehmens hatten. Beide Beispiele zeigen, dass viele Unternehmen noch nicht in der Lage sind, wesentliche Wirkungsbeziehungen zu benennen und anhand aussagekräftiger Kennzahlen zu belegen.
  • In der Praxis stehen die Unternehmen außerdem vor der Herausforderung, die Rolle des Integrierten Berichts im Gesamtkontext der Unternehmenskommunikation festzulegen. Die Analyse legt den Schluss nahe, dass ein Integrierter Bericht – wegen seines inhaltlichen Fokus auf Kapitalmarkt-Stakeholder – nicht alle Aufgaben im Bereich der Finanz- und Nachhaltigkeitskommunikation übernehmen kann. Wenn der Fokus des Integrierten Berichts nicht aufgeweicht werden soll und gleichzeitig die Anforderungen von Nachhaltigkeits-Reporting-Standards – wie der anspruchsvollen GRI G4 Leitlinien – erfüllt werden sollen, kommen Unternehmen um ergänzende Formate nicht herum.
Anstoß für eine Qualitätsinitiative
Die Autoren sehen die Studie als ersten Schritt auf dem Weg zu einer breiter angelegten Qualitätsinitiative, mit dem Ziel, gemeinsam pragmatische Lösungen für die zentralen Herausforderungen der Integrierten Berichterstattung im deutschsprachigen Raum zu entwickeln. Deshalb bereiten sie eine umfangreiche Dokumentation zur Methodik und den Ergebnissen vor und werden diese in Kürze über www.forum-csr.net öffentlich zugänglich machen. Für Spätherbst ist hierzu eine Veranstaltung mit Unternehmensvertretern geplant. Dort sollen die identifizierten Potenziale mit Vertretern von Unternehmen, die integriert berichten oder sich auf dem Weg dorthin befinden, diskutiert werden. Interessenten für eine Teilnahme werden gebeten, sich über folgende Adressen mit den Veranstaltern in Verbindung zu setzen:
 
forum Nachhaltig Wirtschaften | f.lietsch@forum-csr.net
Stakeholder Reporting GmbH | michael.winter@stakeholder-reporting.com
 

Good Practice

EnBW Integrierter Bericht 2014
Für das Geschäftsjahr 2014 veröffentlichte die EnBW AG erstmalig einen Integrierten Bericht. In vielerlei Hinsicht kann dieser Bericht als Beispiel für die gelungene Zusammenführung von Finanz- und Nachhaltigkeitsberichterstattung dienen. Nachhaltigkeitsthemen sind sinnvoll in die Konzern- und Teilstrategien eingebettet. Finanzielle und nichtfinanzielle KPI werden gleichwertig in den relevanten Abschnitten des Lageberichts behandelt. Wirkungsbeziehungen zwischen den ökonomischen, sozialen und ökologischen Dimensio­nen des Unternehmens werden transparent gemacht. „Uns ist ein Anliegen, unsere Integrierte Berichterstattung kontinuierlich zu verbessern, so Dr. Lothar Rieth, Konzernexperte Nachhaltigkeit, EnBW AG. „Qualitativ hochwertige Benchmarks mit einem Bewertungsmaßstab, der sich eng an den Empfehlungen des IIRC-Rahmenwerk orientiert, helfen, den Bericht selbst, wie auch die dahinter liegenden Prozesse, zu analy­sieren. Die von Stakeholder Reporting vorgelegte Studie liefert wichtige Erkenntnisse und zeigt, dass es sich bei der Integrierten Berichterstattung nicht nur um eine reine Berichtsoptimierung handelt, sondern dass integriertes Denken und eine ganzheitliche Unternehmenssteuerung immer stärker in den Mittelpunkt der Berichterstattung rücken."

Wirtschaft | Marketing & Kommunikation, 01.10.2015
Dieser Artikel ist in forum Nachhaltig Wirtschaften 04/2015 - Ertrinken wir in Plastik? erschienen.
     
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