Gates-Stiftung baut Einfluss auf WHO aus
Zivilgesellschaft kritisiert Aufnahme in Weltgesundheitsversammlung
Das Ansinnen der Weltgesundheitsorganisation (WHO), die Bill and Melinda Gates Foundation in ihr Verwaltungsgremium aufzunehmen, stößt auf breite Kritik. Dreißig internationale Organisationen aus den Bereichen Gesundheitspolitik, Verbraucherschutz und Menschenrechte, darunter die BUKO Pharma-Kampagne und die Menschenrechts-Organisation FIAN, äußern in einem offenen Brief erhebliche Bedenken. Die Gates-Stiftung hat große Teile ihres Vermögens in den Pharmasektor sowie in die Nahrungs- und Getränkeindustrie investiert. Das ist ein erheblicher Interessenkonflikt, denn sowohl Arzneimittel als auch ungesunde Lebensmittel werden durch die WHO reguliert.
Schon heute finanziert die Gates-Stiftung die WHO in großem Umfang. Im letzten 2-Jahreshaushalt liegt ihr Beitrag bei 629 Millionen US-Dollar, etwa 14 Prozent des Gesamthaushalts. Die Stiftung finanziert fast ausschließlich in projektgebundene Aktivitäten der WHO und nimmt auf diese Weise deutlichen Einfluss auf die inhaltliche Ausrichtung (man spricht von einer Geber-gesteuerten Agenda). „Wer das Geld gibt, bestimmt auch die Inhalte. Mit demokratischer Entscheidungsfindung, bei der die öffentliche Gesundheit im Zentrum steht, hat das wenig zu tun", kritisiert Roman Herre von FIAN.
„Ohne öffentliche Diskussion und ohne den Zwang zu transparenten Entscheidungsstrukturen, kann die Gates-Stiftung ihre eigenen Vorstellungen zu globaler Gesundheit ohne Widerspruch durchsetzen. Die Öffentlichkeit und vor allem Betroffene in armen Ländern sind von dieser Entscheidungsfindung weitestgehend ausgenommen. Sie werden zu EmpfängerInnen von Wohltätigkeit degradiert", so Hedwig Diekwisch von der BUKO Pharma-Kampagne.
Die Gates-Stiftung will nun ihren Einfluss ausweiten und strebt eine Aufnahme in die Weltgesundheitsversammlung (World Health Assembly) an. Die Stiftung hat neben direkten Beteiligungen – darunter 873 Millionen US-Dollar an der Supermarktkette Walmart – ein Viertel ihres Vermögens beim Großinvestor Berkshire Hathaway Inc. angelegt. Dieser hält unter anderem Anteile in Höhe von 17 Milliarden US-Dollar an Coca-Cola – ein erheblicher Interessenskonflikt, da ungesunde Lebensmittel von der WHO reguliert werden. „Wenn ich mir Aktien von Coca-Cola kaufe, mache ich das in der Erwartung, dass der Cola-Konsum steigt und damit meine Aktie an Wert gewinnt", so Roman Herre von FIAN weiter. „Da mag ich es nicht, wenn eine internationale Organisation Regeln erlässt, die diese Gewinne schmälern".
„Es ist wichtig, dass sich die frei verfügbaren Finanzmittel der WHO erhöhen. Für 2014/2015 machten diese aber nur 29,4% des Gesamtetats aus. 70,6% waren projektgebunden. Das macht es für die WHO schwierig, eigene Akzente in der globalen Gesundheitsagenda zu setzen. Hier sind die Mitgliedsstaaten gefragt, ihre Beiträge deutlich anzuheben, so Hedwig Diekwisch von der Pharma-Kampagne.
Weitere Informationen: Offener Brief im Wortlaut | Entwicklung á la Gates. Stiftung formt internationale Gesundheitsagenda. Pharmabrief 4, 2016.
Kontakt: Roman Herre, FIAN Deutschland | r.herre@fian.de | www.fian.de
Gesellschaft | Politik, 31.01.2017
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