Rechnet sich Nachhaltigkeit?

Eine Studie klärt auf

Immer mehr Unternehmen kommunizieren ihr Engagement im Bereich nachhaltigen Wirtschaftens. Doch während nach außen Nachhaltigkeit zunehmend als selbstverständliches Handlungsprinzip des Unternehmens dargestellt wird, bleibt oft die Frage: Ist Nachhaltigkeit eine „End of the pipe"-Maßnahme zur Imagepolitur oder ist sie wirklich auf dem Weg, in das Kerngeschäft integriert zu werden? Dabei tauchen immer die Fragen auf: Welche Maßnahmen sind möglich und nötig? Rechnet sich das Investment in eine grüne Zukunft? Wo sind Möglichkeiten, Ökonomie und Verantwortung langfristig nutzbringend zu verbinden? 
 
So betrachten Unternehmen Kosten und Nutzen von Nachhaltigkeit ©DNV GLDiesen und weiteren Fragen ist eine internationale Zertifizierungsgesellschaft in einer aktuellen Studie nachgegangen.
Dafür wurden weltweit 1.524 Experten verschiedener Branchen befragt. Die wichtigste Antwort vorweg: Auf Basis der Antworten konnte 142 Unternehmen eine Führungsrolle in Sachen Nachhaltigkeit zugeschrieben werden. Diese Unternehmen, die auch als „Leader" bezeichnet werden, erfüllen einige der Kriterien zur Nachhaltigkeitsintegration bereits zu 100 Prozent und es zeigt sich: Sie profitieren davon überdurchschnittlich gut.

Engagement und Profit: Feinde oder Freunde?
Als Hypothese für die Studie wurde folgende Definition zugrunde gelegt: Eine wirkliche Integration von Nachhaltigkeit beinhaltet Strategien und Maßnahmen, um nicht nur den Triebkräften des Wandels oder den Erwartungen und Bedürfnissen des Marktes, sondern auch den Ansprüchen der Gesellschaft gerecht zu werden. Nachhaltigkeit darf und soll dabei letztendlich auch die Wettbewerbsfähigkeit steigern und die langfristige Profitabilität sichern. 87 Prozent der Befragten bewerten diese Basis-Definition als angemessen.

Ein weiter Weg: vom Messen zum Handeln
Befragt dazu, was sie unter Integration von Nachhaltigkeit in ihr Kerngeschäft verstehen, sehen mehr als die Hälfte der Befragten die Messung und das Monitoring von sozialen, ökonomischen und Umweltauswirkungen als zentralen Aspekt. Mehr als ein Drittel versteht darunter die Erzeugung nachhaltiger Produkte und die Einführung eines nachhaltigen Lieferkettenmanagements. Ebenso ein Drittel befürwortet die Einführung eines Managementsystems, das soziale, nachhaltige und ökologische Aspekt berücksichtigt.

Erfreulich viele Unternehmen verfolgen bereits fortschrittliche Ansätze: Fast 60 Prozent verfügen über eine Strategie zur Integration von Nachhaltigkeit und 49 Prozent haben messbare Ziele dafür gesetzt. Nahezu 44 Prozent aller Unternehmen haben Aspekte der Nachhaltigkeit in die übergeordnete Geschäftsstrategie ihres Unternehmens integriert. Die Gruppe der Leader erfüllt die genannten drei Kriterien nach eigenen Angaben bereits zu 100 Prozent.

Ohne Fleiß kein Preis: Diese Maßnahmen führen zum Ziel
Mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen haben in den letzten drei Jahren in Initiativen zur Integration von Nachhaltigkeit investiert. Die häufigsten Maßnahmen beeinflussen die Geschäftspraktiken direkt. Ganz oben stehen der Aufbau von Strategien zur Reduzierung von Umweltauswirkungen mit 32 Prozent, der Aufbau und die Implementierung von Nachhaltigkeitsstrategien mit 30 Prozent, die nachhaltige Produktentwicklung mit 23 Prozent, die Verbreitung einer Nachhaltigkeitskultur innerhalb und außerhalb des Unternehmens mit 23 Prozent und das verantwortungsbewusste Lieferkettenmanagement mit 22 Prozent. Bemerkenswert dabei ist, dass unter den 142 Leadern fast alle Unternehmen (80 %) eine explizite Nachhaltigkeitsstrategie festgelegt haben und aktiv dabei sind, diese Schritt für Schritt zu implementieren.

Was wirkt: Kosten und Nutzen
Fast kein Unternehmen hat angegeben, dass es durch die Integration von Nachhaltigkeit überhaupt keine Vorteile erzielt. Immer mehr Unternehmen realisieren, dass Nachhaltigkeit keine Modeerscheinung ist und sowohl der Gesellschaft als auch dem Unternehmen zu Gute kommt. Diesem bringt es laut Befragung signifikante, marktbezogene Vorteile (41 %), Vorteile bei der Compliance (33 %) und auch finanzielle Vorteile (27 %). Dabei profitieren die Unternehmen, die mit der Integration schon weit fortgeschritten sind, überdurchschnittlich gut von ihren getroffenen Maßnahmen. Aus der Gruppe der Leader sehen bereits 90 Prozent marktbezogene Vorteile.

Im Kosten-Nutzen-Verhältnis zahlt sich die Integration von Nachhaltigkeit aber offensichtlich für alle aus: 80 Prozent aller Befragten geben an, dass der Nutzen gleich hoch oder höher ist als die Kosten.

Doch es ist nicht einfach, die internen Hürden zu überwinden: Andere Unternehmensprioritäten verhindern es, das Geschäftsmodell auf Nachhaltigkeit umzustellen (36 %), oder der Fokus liegt auf kurzfristigen Zielen (26,5 %). Oft hindert das fehlende Bewusstsein beim Management (24 %) und der Mangel an personellen Kompetenzen das Unternehmen am Weiterkommen (22,5 %). Für die Gruppe der Leader sind diese Hindernisse oft schon überwunden und ein Viertel sieht sogar von Anfang an keinerlei Hindernisse.

Die Studie: Methode und Stichprobe
Die vorgestellte Studie wurde im Juni 2016 mit 1.524 Experten aus Unternehmen im primären, sekundären und tertiären Wirtschaftssektor in Europa, Nord-, Mittel- und Südamerika sowie Asien durchgeführt. Die Gruppe der Befragten umfasst ausschließlich DNV GL Kunden und ist somit statistisch nicht repräsentativ für Unternehmen weltweit. Die Befragung wurde mithilfe der CAWI-Methode (Computer Assisted Web Interviewing) durchgeführt. Regelmäßige internationale Studien zu relevanten Themen wie Energieeffizienz, Nachhaltigkeit in der Lieferkette, IT-Sicherheit, Big Data etc. sollen zeigen, wie Unternehmen aktuell mit den jeweiligen Herausforderungen umgehen und wie sie in Zukunft agieren werden. Die Ergebnisse aller bisherigen Umfragen sind kostenlos erhältlich unter: www.dnvgl.de/assurance/viewpoint/
Managementsysteme können helfen: Bereitschaft zu Investitionen steigt
Mittelfristig messen die Befragten der Integration nachhaltiger Handlungsprinzipien in das Kerngeschäft eine große Bedeutung bei – sowohl hinsichtlich der Auswirkungen auf ihr Geschäft als auch mit Blick auf künftige Investitionen. 35 Prozent aller Unternehmen erwarten, dass die Nachhaltigkeitsintegration ihr Geschäft in hohem Maße positiv beeinflussen wird. Die Bereitschaft zu Investitionen bestätigt diese Erwartung. Rund 90 Prozent wollen zukünftig mindestens in gleicher Höhe oder sogar mehr in die Nachhaltigkeitsintegration investieren als heute. Das größte Potenzial für die Integration von Nachhaltigkeit sehen Unternehmen insbesondere im Zusammenhang mit der Einführung von Managementsystemen (53 %). Die Weiterentwicklung von Managementsystemen und die Revision der wichtigsten internationalen Standards (ISO 9001:2015, ISO 14001:2015 und die kommende ISO 45001), welche zunehmend auch den Kontext der Organisation, in dem sich Unternehmen bewegen, berücksichtigen, trägt dazu bei, dass sie als wichtige Management-Tools anerkannt sind und genutzt werden. Weitere potenzielle Instrumente zur Integration von Nachhaltigkeit sehen die Befragten in der Einbeziehung von Stakeholdern (34 %), gefolgt von der Schaffung einer nachhaltigen Produktentwicklung (30 %), der Messung des ökologischen Footprints für Produkte (23 %), der Definition eines Moralkodex (21 %) und in Beurteilungsinstrumenten zu sozialen Auswirkungen (20 %). 

Fazit: Dieser Weg wird kein leichter sein
Trotz aller Begeisterung ist die Integration von Nachhaltigkeit keine leichte Aufgabe. In den letzten Jahren wurden zwar zahlreiche Standards, Tools und Guidelines entwickelt, um Unternehmen zu unterstützen, doch es gibt kein Universalrezept zur Integration von Nachhaltigkeit. Es ist meist das Ergebnis kombinierter Aktionen und Instrumente und erfordert die Rückendeckung der Unternehmensleitung und die Unterstützung durch die Mitarbeiter. Demzufolge haben Managementsysteme großes Potenzial, da sie als Rahmen genutzt werden können. Ob sich ein Engagement kurzfristig auszahlt, lässt sich – außer im Bereich der Energieeffizienz – monetär noch schwer bewerten. Die Studie zeigt jedoch, dass so gut wie jedes der befragten Unternehmen von der Integration von Nachhaltigkeit in das Kerngeschäft profitiert hat. 

Andrea Beck ist seit 1999 bei der internationalen Zertifizierungsgesellschaft DNV GL tätig. Ihr Themengebiet umfasst Managementsystem-Zertifizierungen, Unternehmenskommunikation und Nachhaltigkeitsmanagement.

Lifestyle | Geld & Investment, 01.02.2017
Dieser Artikel ist in forum Nachhaltig Wirtschaften 01/2017 - And the winner is... erschienen.
     
        
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