Unter den Teppich gekehrt

Studie der Deutschen Umwelthilfe enthüllt unökologische Entsorgung alter Teppichböden in Deutschland

Bis zu 400.000 Tonnen alter Teppichböden werden jedes Jahr verbrannt – DUH kritisiert Greenwashing von Markenherstellern wie Desso und Interface – Umweltverband fordert nachweislich recyclingfähige Produkte, flächendeckende Sammelsysteme und Recyclinganlagen in Deutschland – Einführung der Produktverantwortung für Teppichböden notwendig.

DUH-Studie. Foto: DUHDeutschland hat ein großes Umweltproblem bei der Entsorgung ausrangierter Teppichböden. Dies ist das Ergebnis einer aktuellen Studie der Deutschen Umwelthilfe (DUH). Demnach werden in Deutschland jedes Jahr rund 400.000 Tonnen alter Teppichböden verbrannt. Dadurch werden massenhaft recyclingfähige Kunststoffe vernichtet, das Klima belastet und toxische Abfallprodukte erzeugt. Die DUH fordert alle Teppichbodenhersteller dazu auf, ihre Produkte recyclingfähig zu gestalten, flächendeckende Sammelsysteme anzubieten und Recyclinganlagen in Deutschland aufzubauen. Weil die Teppichbodenhersteller bislang kaum Verantwortung für die Entsorgung ihrer Produkte übernehmen, sollte man sie durch die Einführung der Produktverantwortung gesetzlich dazu verpflichten.

In dem von der DUH veröffentlichten Bericht „Unter den Teppich gekehrt: das große Entsorgungsproblem der Teppichbodenindustrie in Deutschland" wird die problematische Verbrennung von Teppichböden kritisiert und darüber berichtet, wie wenig sich die Hersteller um die Entsorgung ihrer Produkte nach ihrem Lebensende kümmern. Die Rücknahmemengen von Teppichen für ein Recycling werden auf rund drei Prozent der in Verkehr gebrachten Menge geschätzt. Wobei die DUH davon ausgeht, dass selbst dieser kleine Anteil „recycelter Teppichböden" zu minderwertigen Produkten, wie z.B. Waschmaschinenteilen, Eimern oder Blumentöpfen downgecycelt wird. Die im Kreislaufwirtschaftsgesetz festgelegte Abfallhierarchie, wonach Abfälle vermieden oder (für die Verwendung im Kreislauf) recycelt werden sollten, wird nach den Recherchen der DUH schlichtweg nicht umgesetzt. 

„Es ist nicht hinnehmbar, dass Teppichböden, die hochwertige, für das Recycling geeignete Kunststoffe enthalten, in Deutschland nahezu vollständig verbrannt werden. Wir sprechen bei rund 400.000 Tonnen Teppichböden im Jahr nicht von kleinen Mengen. In der Verpackungsbranche und bei der Entsorgung von Elektroaltgeräten wird ein verhältnismäßig großer Aufwand um jeden Prozentpunkt bei der Wiederverwendung und dem Recycling betrieben. Es ist unverständlich, dass bei den Herstellern von Teppichböden mit der weitgehenden Wertstoffverbrennung eine steinzeitliche Entsorgungspolitik erfolgt. Die technischen und strukturellen Voraussetzungen für eine separate Sammlung von Teppichböden sind ebenso vorhanden wie die Technologien zur Wiederverwendung und zum Recycling. Die Teppichindustrie muss jetzt damit beginnen, die gesetzlich festgelegte Abfallhierarchie umzusetzen", fordert der DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch.

Die DUH fordert ordnungsrechtliche Vorgaben gegenüber der Teppichbodenindustrie und die Einführung der Produktverantwortung. Verbindliche Vorgaben zur Wiederverwendung und zum Recycling könnten darüber hinaus auch im Rahmen einer möglichen Sperrmüllverordnung festgelegt werden. Gleichzeitig sollte die Verbrennung recyclingfähiger Materialien ökonomisch unattraktiv gemacht werden.

„Bisher haben die Teppichbodenhersteller versucht, die unökologische Entsorgung ihrer Produkte unter den Teppich zu kehren. Durch Begriffe wie ´thermisches Recycling´, was nichts anderes als die Verbrennung von Wertstoffen bedeutet, soll eine stoffliche Verwertung vorgegaukelt werden", kritisiert der DUH-Leiter für Kreislaufwirtschaft Thomas Fischer. Besonders bedauerlich sei es, dass die als nachhaltig geltenden Teppichbodenhersteller Desso und Interface, trotz ambitionierter Nachhaltigkeitsversprechungen über geschlossene Wertstoffkreisläufe, bis heute nur zwischen 1,5 und 3 Prozent der von ihnen in Verkehr gebrachten Teppichböden für ein Recycling zurücknehmen. Der Rest werde verbrannt oder lande auf Deponien. „Die Fakten stehen in einem starken Widerspruch zu den Zielen von Interface, bis 2020 keine negativen Umweltauswirkungen mehr verursachen zu wollen, oder von Desso, bis 2020 alle Produkte nach dem Cradle to Cradle Prinzip herzustellen", so Fischer weiter.

Teppichbodenhersteller stehen vor der Herausforderung zukünftig die Wiederverwendung und ein hochwertiges Recycling beim Produktdesign zu berücksichtigen, die Sammelmengen und Recyclingquoten deutlich zu erhöhen, Recyclingkapazitäten in Deutschland aufzubauen und die für die Herstellung eingesetzten Materialien auf den Produkten kenntlich zu machen.

Download der DUH-Studie "Unter den Teppich gekehrt" (7 MB)

Kontakt: DUH, Jürgen Resch | resch@duh.dewww.duh.de


Lifestyle | Einrichten & Wohnen, 28.02.2017

     
        
Cover des aktuellen Hefts

Pioniere der Hoffnung

forum 01/2025 ist erschienen

  • Bodendegradation
  • ESG-Ratings
  • Nachhaltige Awards
  • Next-Gen Materialien
Weiterlesen...
Kaufen...
Abonnieren...
22
DEZ
2024
Ein leuchtendes Zeichen für Demokratie und Gemeinschaft
Tollwood Winterfestival unter dem Motto "Wir braucht Dich!", bis 23. Dezember
80336 München
03
JAN
2025
48. Naturschutztage am Bodensee
Vorträge, Diskussionen, Exkursionen mit Fokus: Arten-, Klima- und Naturschutz
78315 Radolfzell
17
JAN
2025
Systemische Aufstellungen von Familienunternehmen und Unternehmerfamilien
Constellations machen Dynamiken sichtbar - Ticketrabatt für forum-Leser*innen!
online
Alle Veranstaltungen...
NatuVision Forum

Professionelle Klimabilanz, einfach selbst gemacht

Einfache Klimabilanzierung und glaubhafte Nachhaltigkeitskommunikation gemäß GHG-Protocol

Politik

Ohne Vertrauen ist alles nichts
Christoph Quarch wirft einen besorgten Blick auf den Zustand der politischen Kultur
B.A.U.M. Insights
Lassen Sie sich begeistern von einem Buch, das Hoffnung macht.

Jetzt auf forum:

Fotoausstellung Klimagerecht leben

Ohne Vertrauen ist alles nichts

Zeit für Regeneration

The Custodian Plastic Race 2025

Niedriger Blutdruck: Wie bleibt man aktiv, ohne sich schwindlig zu fühlen?

Hacker vs. Host: Wie man Angreifer überlistet

Auf der Überholspur: Förderpolitik hat E-Busse wettbewerbsfähig gemacht.

TARGOBANK spendet 200.000 Euro für Herzensprojekte von Mitarbeitenden

  • World Future Council. Stimme zukünftiger Generationen
  • circulee GmbH
  • NOW Partners Foundation
  • Energieagentur Rheinland-Pfalz GmbH
  • Engagement Global gGmbH
  • Global Nature Fund (GNF)
  • DGNB - Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen
  • ECOFLOW EUROPE S.R.O.
  • Protect the Planet. Gesellschaft für ökologischen Aufbruch gGmbH
  • Futouris - Tourismus. Gemeinsam. Zukunftsfähig
  • BAUM e.V. - Netzwerk für nachhaltiges Wirtschaften
  • Kärnten Standortmarketing
  • Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG