Flüchtlingsintegration braucht Zeit
Das Berufsleben bietet die beste Möglichkeit für die gesellschaftliche Integration.
In drei Prozent aller deutschen Betriebe sind Flüchtlinge in der Ausbildung oder im Praktikum. Das zeigen auch die Forschungsergebnisse des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB). Je nach Studie können sich zwei Drittel und mehr der Befragten vorstellen, Flüchtlingen Praktika anzubieten. Fast die Hälfte der Betriebe hat vor, Flüchtlingen eine Ausbildung zu ermöglichen.
„Die Integration von Flüchtlingen aktiv anzugehen, bietet viele Chancen." Timo Liese, Rembe
Zudem haben zwischen 10 und 30 Prozent der Firmen die konkrete Absicht, Beschäftigungsverhältnisse mit ihnen einzugehen. Jedoch nutzt ein Großteil der Flüchtlinge die betrieblichen Angebote derzeit noch nicht.
Nachwuchssorge fördert Engagement
Unternehmen mit unbesetzten Ausbildungsplätzen bieten laut BIBB-Report 1/2017 Flüchtlingen häufiger eine Ausbildung oder ein Praktikum an als Unternehmen ohne Nachwuchssorgen.
Das größte Hindernis bei der Integration in deutsche Betriebe sind jedoch fehlende Sprachkenntnisse sowie mangelnde Qualifikationen. Dazu legte die Rembe GmbH Safety + Control aus Brilon bei dem Erfahrungsaustausch im November 2016 im VDMA-Landesverband NRW dar, wie sinnvoll es ist, Flüchtlinge einzustellen, bevor sie mit Integrations- und Sprachkursen beginnen. Denn von einer schnellen Beschäftigungsaufnahme und der positiven Motivation der Flüchtlinge können beide Seiten nach Einschätzung des Unternehmens ihren Nutzen ziehen. Die Mitarbeiter des Briloner Betriebs haben in Flüchtlingsunterkünften persönlich Kontakt aufgenommen und sechswöchige Praktika angeboten und vereinbart.
Hilfe bei der Bürokratie anbieten
Timo Liese, Manager Human Resources bei Rembe, berichtete von einem Flüchtling, mit dem das Unternehmen bereits ein festes Beschäftigungsverhältnis eingegangen ist. Das Unternehmen half ihm, den Asylantrag auszufüllen, unterstützte ihn, die Arbeitsgenehmigung zu erhalten und sich für einen Integrationskurs anzumelden.
Die Wartezeit zwischen Praktikum und Erteilung der Arbeitserlaubnis hatte der Flüchtling genutzt, um sich erste Deutschkenntnisse anzueignen. Der offizielle Sprachkurs folgt nun und wird parallel zur Arbeit absolviert. „Wir sind sicher, dass die Unterstützung von Unternehmensseite eine gewinnbringende Investition ist. Unser neuer Kollege und wir werden definitiv profitieren", ist sich Timo Liese sicher.
Mehr Flüchtlinge ausbilden
Anfang 2015 hat die Herborner Rittal GmbH & Co. KG ein Pilotprojekt zur betrieblichen Integration von Flüchtlingen gestartet. Heute haben bereits vier Flüchtlinge einen Ausbildungsplatz. In der Zukunft soll die Quote der Flüchtlinge unter den gewerblichtechnischen Auszubildenden im Unternehmen bei 10 Prozent liegen.
Der Inhaber, Dr. Friedhelm Loh, sagt: „Das Berufsleben bietet die beste Möglichkeit für die gesellschaftliche Integration. Nur durch eine sinnvolle Tätigkeit können Menschen ihr Know-how unter Beweis stellen, sich eine Existenz aufbauen und einen Beitrag für die Gesellschaft leisten."
Ein Ratgeber von Rittal gibt Tipps, wie Firmen Flüchtlinge zu guten Fachkräften ausbilden können, und listet Anlaufstellen für Betriebe auf.
„Das Berufsleben bietet die beste Möglichkeit für die gesellschaftliche Integration." Dr. Friedhelm Loh, Rittal
Anerkennung für Integration
Auch die Politik erkennt das soziale Engagement der Unternehmen an. Für die betriebliche Integration von Flüchtlingen ehrte die Bundesregierung die Esta Apparatebau GmbH & Co. KG aus Senden. Der Preis für Corporate Social Responsibility (CSR) der Bundesregierung honoriert Betriebe, deren Unternehmensführung durch nachhaltiges Handeln geprägt ist. Alexander Kulitz, Mitglied der Geschäftsleitung bei Esta, sagt über die Auszeichnung: „Das ist eine bedeutsame Anerkennung für unser Wirken. Für mehr Menschlichkeit in der Gesellschaft einzutreten, gehört dazu." Unternehmen tragen ihm zufolge dabei eine große Verantwortung. Bundesarbeitsministerin sowie Schirmherrin des CSR-Preises Andrea Nahles lobte: „Die Preisträger haben gezeigt, dass es möglich ist, soziale Verantwortung und unternehmerischen Erfolg zu verbinden. Dafür gebührt ihnen unser Dank und unsere Anerkennung."
Ende 2015 erklärte Esta, dass der Anteil der Flüchtlinge an der Belegschaft künftig mindestens 2 Prozent betragen soll. Mittlerweile beschäftigt das Unternehmen vier Flüchtlinge – zwei als Monteure sowie zwei als Hausmeister und Lagerhelfer.
Weitere Fakten:
- 50 Prozent der Betriebe wollen Flüchtlinge künftig ausbilden
- Drei Prozent der Betriebe beschäftigen Flüchtlinge in Ausbildung oder Praktikum.
Kontakt: Stefanie Seele
Quelle: VDMA Nachhaltigkeitsinitiative Blue Competence
Gesellschaft | Migration & Integration, 14.03.2017
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