Wetter- und Klimaforschung
Neues Observatorium bündelt Kräfte für präzisere Vorhersagen
Fünf Forschungsteams der Uni Hohenheim wollen mit neuem Land-Atmosphäre Feedback Observatorium (LAFO) Prognose von Extremwettern verbessern.
Dürre, extreme Niederschläge, Hagelereignisse – präzise Wettervorhersagen und Klimasimulationsmodelle sind nach wie vor schwierig. Wissenschaftler aus fünf Instituten bündeln dazu ihr Knowhow und ihre Forschungsstrukturen. Gemeinsam mit nationalen und internationalen Partnern arbeiten sie daran, in Zukunft eine genauere Vorwarnung zu ermöglichen. Die Carl-Zeiss-Stiftung unterstützt das Vorhaben mit 800.000 Euro über vier Jahre.
Ein rund neun Quadratkilometer großes Gebiet mit Agrarflächen, Wald und urbanen Flächen wird künftig neue Maßstäbe in der Wetter- und Klimaforschung setzen: Auf dem Gebiet des Heidfeldhofs im Westen der Universität Hohenheim entsteht das neue Land-Atmosphäre Feedback Observatorium (LAFO).
Die Forschung am LAFO ermöglicht ein wesentlich besseres Verständnis und präzisere Simulation von Wind-, Temperatur- und Luftfeuchtigkeitsfeldern in den unteren Atmosphärenschichten. Dafür müssen die Wissenschaftler zum einen die Verdunstung und die Erwärmung der Atmosphäre an der Landoberfläche erforschen, abhängig von den Eigenschaften der Pflanzen insbesondere unter Dürrebedingungen. Zum anderen untersuchen sie den turbulenten Transport von Feuchte und Wärme bis in eine Höhe von etwa zwei Kilometer.
„Das ist eine notwendige Bedingung zur genaueren Vorhersage von extremen Ereignissen. Denn ob Wolken entstehen oder nicht, hängt entscheidend davon ab, wie gut das Modell diese komplexen Felder simulieren kann", betont LAFO-Leiter Prof. Dr. Volker Wulfmeyer, Klimaexperte an der Universität Hohenheim. „Hier haben die Modelle aber große Defizite, so dass die Vorhersage von Wolken und Niederschlag bzw. Dürren immer noch sehr schwierig ist. Es ist jedoch gesellschaftlich und wirtschaftlich höchst relevant, Dürren oder Starkniederschläge besser vorhersagen zu können und genauere Vorwarnungen zu ermöglichen."
Diese Untersuchungen stellen spezielle Anforderungen an die Messsensorik. Um das zu erreichen, wollen sich fünf Forscherteams der Universität Hohenheim zusammentun. Ihre Geräte zur Klimaforschung werden künftig gebündelt am LAFO zu finden sein – ergänzt um weitere wichtige Messgeräte.
Sensoren erforschen Atmosphäre und Landoberfläche
Drei Komponenten werden Bestandteile des neuen LAFO sein:
- Systeme zur Fernerkundung:
Diese sogenannten Lidar-Systeme (Light Detection and Ranging) können turbulente Wind-, Temperatur- und Feuchtestrukturen in der Atmosphäre gleichzeitig vermessen. Sie wurden an der Universität Hohenheim am Institut für Physik und Meteorologie entwickelt. „Diese Systeme sind in Bezug auf die Genauigkeit und ihre dreidimensionalen Abtasteigenschaften weltweit einzigartig", betont Institutsleiter Prof. Dr. Wulfmeyer. - Sensoren, die Energieflüsse an der Landoberfläche und den Zustand von Boden und Vegetation untersuchen:
Prof. Dr. Thilo Streck, Institut für Bodenkunde und Standortslehre, betreibt sogenannte Eddy-Kovarianz-Stationen. Mit diesen Messstationen kann er den Austausch von Energie, Wasser und Spurengasen zwischen der Landoberfläche und der bodennahen Atmosphäre bestimmen. Hinzu kommt ein Bodenfeuchte-Messnetz, das unter anderem dazu dient, den Zusammenhang zwischen der Verdunstung und der Bodenfeuchte zu untersuchen. - Geräte zur Charakterisierung der Vegetation:
Ein Hexacopter am Institut für Kulturpflanzenwissenschaften erfasst die Eigenschaften der Pflanzen. Die Drohne des Teams von Prof. Dr. Wilhelm Claupein erzeugt räumlich hoch aufgelöste Sensordaten und ergänzt die Fernerkundung.
Ein flexibles Trägerfahrzeug mit intelligenter Sensorik sammelt für die Landessaatzuchtanstalt an der Universität Hohenheim Daten zur Vegetation. Mit dem System namens BreedVision kann das Team um PD Dr. Tobias Würschum Aussagen über das Erscheinungsbild von Kulturpflanzen treffen. Merkmale wie die Biomasse und Pflanzenzustand lassen sich zum Beispiel präzise ermitteln.
FACE – eine Abkürzung für „free air carbon dioxide enrichment" – ist ein Expositionssystem zur CO2-Anreicherung im Freiland. Prof. Dr. Andreas Fangmeier vom Institut für Landschafts- und Pflanzenökologie kann damit CO2-Konzentrationen der Zukunft herstellen und deren Auswirkungen auf Agrarökosysteme untersuchen.
Organisatorisch ist die neue LAFO-Infrastruktur an der Universität Hohenheim in das Forschungszentrum für Globale Ernährungssicherung und Ökosysteme eingebettet. „LAFO macht die Universität Hohenheim zu einem wichtigen Standort der internationalen Forschung zum Klimawandel und zu Agrar- und Ernährungssystemen", ist Prof. Dr. Wulfmeyer überzeugt.
Hintergrund: Land-Atmosphäre Feedback Observatorium (LAFO)
Die Universität Hohenheim richtet seit dem 1.1.2017 das Land-Atmosphäre Feedback Observatorium (LAFO) ein. Die Carl-Zeiss-Stiftung fördert es in den ersten vier Jahren mit 800.000 Euro in ihrem Programm zur Stärkung von Forschungsstrukturen an Universitäten. Homepage: http://www.lafo.uni-hohenheim.de
Hintergrund: Forschungszentrum für Globale Ernährungssicherung und Ökosysteme (GFE)
Die Sicherung der globalen Ernährung stellt einen der drei Forschungsschwerpunkte an der Universität Hohenheim dar. Sie ist zunehmend durch Klimaveränderungen, den Verlust der biologischen Vielfalt und eine übermäßige Nutzung der natürlichen Ressourcen bedroht. Die Landwirtschaft muss einerseits den steigenden Bedarf an Nahrungsmitteln decken, aber auch berücksichtigen, dass natürliche Ressourcen knapp sind. Hinzu kommt, dass Veränderungen bei Lebensstil und Essgewohnheiten zu immer mehr Ernährungsproblemen wie Mikronährstoffmangel und Übergewicht führen.
Das Forschungszentrum für Globale Ernährungssicherung und Ökosysteme (GFE) an der Universität Hohenheim verbindet Forschungsthemen wie nachhaltige landwirtschaftliche Produktionssysteme, Qualität und Verfügbarkeit von Lebensmitteln, Zugang zu den Märkten sowie Verarbeitung, Lagerung und Nutzung von Lebensmitteln. Ein besonderer Fokus liegt auf der entwicklungsorientierten Agrarforschung. Homepage: http://www.gfe.uni-hohenheim.de
Kontakt:
Prof. Dr. Volker Wulfmeyer, Universität Hohenheim
Technik | Wissenschaft & Forschung, 06.04.2017
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