Nachhaltigkeitspolitik noch auf Kurs?
Ein Kommentar von Martin Oldeland
In diesem Jahr „feiern" wir 30 Jahre Brundtland-Bericht und 25 Jahre Rio-Konferenz. Wir haben im Jahr 2015 die UN SDG vereinbart, 2016 den Pariser Weltklimavertrag in Kraft gesetzt und 2017 die CSR-Berichtspflicht für größere Unternehmen eingeführt. Aber sind wir wirklich auf einem nachhaltigen Kurs? Haben wir in den vergangenen Jahren den Raubbau an der Natur verringert und wirklich entscheidende Veränderungen eingeleitet?
Dipl.-Kfm. Martin Oldeland
ist Mitglied des Vorstands von B.A.U.M. e. V. Er engagiert sich seit zwei Jahrzehnten für nachhaltiges Wirtschaften und ist u. a. Mitglied der Jury der GreenTec Awards und des Deutschen CSR-Preises.
Die Weltbevölkerung wächst weiterhin, und mit ihr wachsen auch die Konsumansprüche, das heißt weiter zunehmende Inanspruchnahme von Ressourcen sowie Zunahme an Emissionen, Abfällen, Schädigungen von Ökosystemen etc. Sind wir global überhaupt in der Lage, diesen Prozess aufzuhalten oder so deutlich zu verändern, dass wir den großen Herausforderungen unserer Zeit gerecht werden?
Schauen wir uns allein das Klimaziel 2050 an: mit einer Reduzierung der CO2-Emissionen in Deutschland von 10 auf 1,5 Tonnen pro Person und Jahr heißt dies doch nichts anderes als sehr massive Veränderungen bei Produkten und Produktionsprozessen, aber auch bei Konsum- und Lebensstilen. Die notwendigen, tiefgreifenden Veränderungen würden bedeuten, fast jedes Produkt und jede unserer bisherigen Kaufentscheidungen auf den Prüfstand zu stellen. Sind wir uns dessen in seiner Dimension überhaupt bewusst?
Wir werden völlig neue Geschäftsmodelle und Produkte benötigen, aus anderen Materialien und durch andere Produktionsprozesse hergestellt, um die Belastungen unseres Planeten in absoluten und nicht nur relativen Zahlen zu reduzieren. Und zwar deutlich, ohne dass wir den Konsumenten zurück in die Höhle schicken oder einem Unternehmen eine Weiterentwicklung untersagen wollen.
Nur wenn Nachhaltigkeit sehr viel mehr zum Kern des unternehmerischen Handelns und zum Kompass für die täglichen Einkaufsentscheidungen von uns Konsumenten wird, kann es uns gelingen, die Herausforderungen zu meistern. Dabei sind Kopf und Herz gefordert. Umdenken und „Umhandeln". Allein mit technischer Effizienz und neuen technischen Lösungen erreichen wir die Ziele nicht. Wir brauchen die Gesellschaft 2.0 und nicht nur die Industrie 4.0. Auch das Thema Suffizienz wird in Zukunft mehr an Bedeutung gewinnen, wenn unsere Ziele erreicht werden sollen.
In der aktuellen geopolitischen Situation hat das Thema Nachhaltigkeit offensichtlich keine oberste Priorität. Lassen Sie uns deswegen erfolgreich realisierte Praxisbeispiele, nachhaltige Produkte und Lösungen sowie die Vorbilder einer nachhaltigen Entwicklung immer wieder aufzeigen und damit deutlich machen: Eine nachhaltige Gesellschaft ist möglich. Viele Unternehmen zeigen bereits seit Langem, dass nachhaltiges Wirtschaften ein wichtiger Wettbewerbs- und Erfolgsfaktor für die Zukunftssicherung des Unternehmens ist. Die Forderung an einen neu gewählten Bundestag und eine neue Bundesregierung lautet, sehr viel stärker und mit deutlich mehr Mut das Thema Nachhaltigkeit aufzugreifen und die Potenziale zu nutzen. Wir dürfen nicht mehr so sehr auf Bremser hören, sondern müssen viel konsequenter die Chancen einer nachhaltigen Entwicklung nutzen. Nur das ist eine zukunftsgerichtete, verantwortungsvolle und enkeltaugliche Politik.
ist Mitglied des Vorstands von B.A.U.M. e. V. Er engagiert sich seit zwei Jahrzehnten für nachhaltiges Wirtschaften und ist u. a. Mitglied der Jury der GreenTec Awards und des Deutschen CSR-Preises.
Wirtschaft | CSR & Strategie, 01.05.2017
Dieser Artikel ist in forum Nachhaltig Wirtschaften 02/2017 - Wie ernähren wir uns in Zukunft? erschienen.
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