Biomasse, Sonne und Wind in Nationalen Naturlandschaften naturverträglich nutzen
Leitfaden fasst Ergebnisse eines dreijährigen Forschungsvorhabens zusammen
Können erneuerbare Energien auch in Naturparken und Biosphärenreservaten naturverträglich erzeugt werden? Und wenn ja, wie und unter welchen Voraussetzungen kann dies erreicht werden?
Antworten auf diese Frage gibt ein Leitfaden, der die Ergebnisse eines dreijährigen Forschungsvorhabens des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) zusammenfasst.
"Biosphärenreservate und Naturparke machen nicht nur einen großen Teil unserer Nationalen Naturlandschaften aus. Sie tragen auf rund einem Drittel der Bundesfläche zum Erhalt von Arten und ihren Lebensräumen bei, erbringen wichtige ökologische Leistungen und sind oft wichtige Destinationen für den Naturtourismus. Weil sie vom Flächenbedarf und den Auswirkungen für die Erzeugung erneuerbarer Energien in besonderer Weise betroffen sein können, sind die Ergebnisse des Forschungsprojekts von besonderer Bedeutung, um die Energiewende naturverträglich zu gestalten", sagt BfN-Präsidentin Prof. Beate Jessel.
Die Empfehlungen für die Art und Weise der Nutzung der erneuerbaren Energieformen in den Nationalen Naturlandschaften betreffen die Wahl des Standorts, die Gestaltung sowie den Bau und Betrieb von Anlagen zur energetischen Nutzung, aber auch die Art und Weise des Energiepflanzenanbaus und der energetischen Nutzung von Holz und Schnittgut aus der Landschaftspflege. Für den Netzausbau werden Empfehlungen zur Wahl des Trassenverlaufs sowie der technischen und ästhetischen Gestaltung formuliert. Zum Einsatz der verschiedenen Steuerungsinstrumente, die für die Nutzung und den Ausbau erneuerbarer Energien in den Nationalen Naturlandschaften zur Verfügung stehen, werden Vorschläge unterbreitet, die gezielt verschiedene beteiligte Akteursgruppen adressieren. Die Empfehlungen wurden sowohl übergreifend als auch für die einzelnen Energieformen Windenergie, Biomasse und Photovoltaik sowie den Netzausbau entwickelt. Sie richten sich vor allem an die Träger von Naturparken und Biosphärenreservaten, aber auch an Entscheidungsträger auf Landes- und Bundesebene sowie weitere mit den Zielen von Biosphärenreservaten und Naturparken und den Themen erneuerbare Energien, Netzausbau und Klimaschutz befasste Akteure.
Zentrale Handlungsempfehlungen sind:
Damit Steuerungsinstrumente und -ansätze bei der Ausführung auf örtlicher Ebene zielgerichtet greifen können, sind vorgeschaltete planerisch-konzeptionelle Aussagen auf übergeordneter Ebene wichtig, insbesondere in Form einer qualifizierten, flächendeckenden und aktuellen Landschaftsrahmenplanung.
Um die Auswirkungen erneuerbarer Energien auf Natur und Landschaft in Biosphärenreservaten und Naturparken naturverträglich zu steuern, sind darüber hinaus regulative Instrumente einzusetzen. Hierfür bieten insbesondere die Regional- und Bauleitplanung, Schutzgebietsverordnungen sowie die gute fachliche Praxis nach § 5 Abs. 2 und 3 Bundes-Naturschutz-Gesetz grundsätzlich gute Möglichkeiten. Sie weisen aber zum Teil Vollzugsdefizite auf, die sie in ihrer Wirksamkeit einschränken. Diese Instrumentengruppe gilt es daher zu stärken, indembestehende zugrunde liegende rechtliche Regelungen ergänzt oder konkretisiert werden und/oder sie konsequenter angewendet werden.
Bei den anreizorientierten Instrumenten sollten insbesondere im Bereich der Land- und Forstwirtschaft die Fördermöglichkeiten so zugeschnitten werden, dass die sensiblen Gebietskulissen von Biosphärenreservaten und Naturparken bzw. ihre Zielsetzungen berücksichtigt werden.
Über kooperativ-beratende Ansätze können Träger von Biosphärenreservaten und Naturparken gut auf informeller Ebene steuernd wirken und ihre gebietseigenen Ziele und Leitlinien in Bezug auf erneuerbare Energien und Klimaschutz einbringen. Sie sollten dazu in die Lage versetzt werden, über Information, Beratung und Kooperation bei konkreten Maßnahmen eine aktive gestaltende Rolle einzunehmen.
Hintergrund:
Alternative Formen der Energieerzeugung wie Windparks, Photovoltaik-Freiflächenanlagen, Ackerflächen zur Biomasseerzeugung oder leistungsfähigere Stromtrassen benötigen oft große Areale und stellen einen Eingriff in gewachsene Lebensräume und Landschaftsbilder dar. Hinzu kommen die spezifischen Auswirkungen auf einzelne Arten, wie Fledermäuse und bestimmte Vogelarten.
Der Handlungsleitfaden wurde im Rahmen eines vom Bundesamt für Naturschutz (BfN) mit Mitteln des Bundesumweltministeriums geförderten Forschungsvorhabens erarbeitet und jetzt in der BfN-Skripten-Reihe veröffentlicht. Forschungsnehmer war ein Konsortium aus dem Institut für ländliche Strukturforschung, der Universität Kassel und den beiden Dachverbänden EUROPARC Deutschland und Verband deutscher Naturparke.
In dem dreijährigen Forschungsvorhaben "Nationale Naturlandschaften und erneuerbare Energien" wurde untersucht, welche Auswirkungen die Erzeugung erneuerbarer Energien in den Biosphärenreservaten und Naturparken auf die Schutzgüter und -funktionen der Gebiete hat und welche Steuerungsmöglichkeiten den Trägern zur Verfügung stehen, um Einfluss auf die Erzeugung erneuerbarer Energien in ihren Gebieten zu nehmen. Hierzu erfolgte eine umfangreiche Bestandsanalyse, die in bundesweit 14 Fallstudiengebieten vertieft wurde. Im Mittelpunkt standen dabei die jeweils besondere Betroffenheit durch einzelne Formen der erneuerbaren Energien und auch die Aktivitäten der Region für den Klimaschutz. Die länderspezifischen Rahmenbedingungen und unterschiedlichen Verfasstheiten der Gebiete wurden jeweils einbezogen.
Neben dem Handlungsleitfaden wurde auch der zweibändige Gesamtbericht in der Skripten-Reihe des BfN veröffentlicht und kann wie der Handlungsleitfaden als Download bezogen werden.
Der Handlungsleitfaden kann zudem in gedruckter Form kostenfrei beim Bundesamt für Naturschutz, Konstantinstr. 110, 53179 Bonn bezogen werden.
Umwelt | Naturschutz, 09.08.2017
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