BIOFACH 2025

Regionale Karte für Wärmehotspots geht online

Projekt WIEfm an der FH Münster: Klimaschutz muss Wärme mitdenken

Erneuerbare Energien sind auf dem Vormarsch – was unseren Strom angeht, denn 2016 waren in Deutschland 29 Prozent erneuerbar. Im Bereich der Wärmeversorgung sieht das anders aus: Aktuell sind lediglich neun Prozent der Energie für Wärme erneuerbar. Stattdessen wärmt importiertes Erdgas viele Haushalte – vor allem im Münsterland. Das Forschungsteam um Prof. Dr. Christof Wetter am Fachbereich Energie – Gebäude – Umwelt der FH Münster macht einen Aufschlag für die gesamte Region: Auf einer interaktiven Karte können Kommunen einsehen, wo Gebiete liegen, in denen Wärmenetze Sinn machen, in die sich wiederum erneuerbare Energien im großen Maßstab einspeisen lassen. „Wärme in der Euregio fokussieren und modernisieren" (WIEfm) heißt das INTERREG-geförderte, deutsch-niederländischen Projekt.
 
Sie arbeiten an der Wärmebedarfskarte (v.l.): Dr. Elmar Brügging, Prof. Dr. Christof Wetter, Hinnerk Willenbrink und Jigeeshu Joshi. © FH Münster/Pressestelle)„Um die Klimaschutzziele zu erreichen, müssen wir weg vom Gas und Öl", beschreibt Projektingenieur Hinnerk Willenbrink die Situation. „Ein Wärmenetz wäre eine echte Alternative – ein unterirdisches Netz, ähnlich wie unsere Wasserleitungen." Kommunen müssen aber wissen, wo es sich lohnt, dieses zu installieren. Dafür hat das Projektteam fast 200 Hotspots im Münsterland auf der interaktiven Karte gekennzeichnet, die jetzt online ging. „Die Hotspots zeigen, wo der Wärmebedarf besonders hoch ist."
 
Ausgangspunkt ist eine flächendeckende Bedarfsberechnung aller Gebäude im Münsterland, die ermöglicht wurde, weil das Land NRW seine Geodaten seit Jahresbeginn frei zugänglich gemacht hat. Darauf aufbauend entwickelten die Forscher eine Methodik, um Bauten mit besonders hohem Wärmebedarf – vor allem öffentliche Einrichtungen wie Schulen, Krankenhäuser, Schwimmbäder und Verwaltungsgebäude – und relevante innerörtliche Flächennutzungen miteinander zu verschneiden. „Dabei müssen wir nicht an klassische Wärmenetze denken", sagt Dr. Elmar Brügging, Koordinator des Forschungsteams. „Wärmenetze können so vielfältig sein wie die erneuerbaren Energien selbst. Die Techniken dafür sind alle vorhanden – was fehlt, ist die passende Infrastruktur."
 
Hier kommen die Kommunen und Unternehmen ins Spiel, die ihren Klimaschutzverpflichtungen nachkommen und sich von Energieimporten unabhängiger machen wollen. Denn die aktuelle Diskussion in den Niederlanden, die auch das Münsterland mit Gas beliefern und die das in Zukunft wegen Eigenbedarfs und schwindenden Ressourcen nicht mehr tun werden, zeigt, dass der Gasmarkt in Bewegung gerät und dass die Abhängigkeiten vom russischen und amerikanischem Fracking-Gas und die damit verknüpften politischen Konsequenzen immer mehr zunehmen. „Unsere Karte gibt konkrete Vorschläge, wo es Sinn macht umzusatteln auf erneuerbare Energien, das ist eine große Chance", sagt Willenbrink. „Gerade als Unterstützung für langfristige Stadtentwicklungskonzepte."
 
„Mit unserer Karte können Bürgermeister und Klimaschutzmanager der Landkreise sofort loslegen", sagt Prof. Wetter. Und das würde sich lohnen, hat das Team hochgerechnet: In den ermittelten Hotspots wird ein Drittel des kompletten Heizwärme- und Warmwasserbedarfs des Münsterlandes gebraucht – auf gerade mal 1,5 Prozent seiner Gesamtfläche. „Gas ist zwar bequem – aber keine nachhaltige und umweltfreundliche Lösung, die dem Verständnis der Energiewende entspricht", betont Willenbrink. „Eine zusätzliche neue Möglichkeit der Wärmeversorgung ist möglich."
 
Zum Thema:
Seit dem 1. Juli fördert das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie im Rahmen der „Modellvorhaben Wärmenetzsysteme 4.0" die Planung und den Bau besonderer Netze. Dass das funktioniert, macht unser Nachbar Dänemark vor. Schon 65 Prozent des kompletten Landes wird über Wärmenetze mit Energie versorgt. Dort gehören Wärmevorranggebiete verpflichtend zur Stadtplanung, um die Energiewende im Wärmemarkt zu fördern. Im Münsterland verfügen gerade ein Dutzend der errechneten Hotspots über ein Wärmenetz, darunter Saerbeck, Ostbevern, Ibbenbüren und Nottuln.
 
Weitere Informationen:

Technik | Energie, 21.08.2017

     
        
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