Regenerative Agriculture Crash Course - 14-19 October 2024 |La Junquera, Murcia, Spain. Experience regenerative agriculture and landscape restoration through your own eyes

Studie geht den Flüssen auf den Grund

Erhalt von Flussauen ist Hochwasser- und Artenschutz

Die Verschlammung von Flüssen und Bächen führt zu Problemen für Fische, Muscheln und andere Gewässerlebewesen, weil ihre Lebensräume schwinden. Doch nicht allein intensive Landwirtschaft und Erosion vernichten diese Lebensräume. Eine Studie von Wissenschaftlern der Technischen Universität München (TUM) widerlegt diese weitverbreitete Ansicht. Um die im Gewässergrund lebenden Arten zu retten – und die Menschen vor drohendem verheerendem Hochwasser zu schützen – brauchen Flüsse wieder mehr Raum, Vielfalt und Freiheit.

Um die im Gewässergrund lebenden Arten zu retten – und die Menschen vor drohendem Hochwasser zu schützen – brauchen Flüsse wieder mehr Raum. © TUM/J. GeistObjekt der Studie war die Moosach, ein Zufluss der Isar und vor der Weihenstephaner „Haustür" der TUM gelegen. Die Moosach fließt zwischen der Münchner Schotterebene und tertiärem Hügelland weitgehend in einem künstlichen Bett. Alle paar Jahre muss der Fluss ausgebaggert werden, um mehrere tausend Kubikmeter Schlamm zu entfernen.

Das Tertiärhügelland, 65 Millionen Jahre alt, zählt zu den Gebieten mit den höchsten Erosionsraten. Doch weniger als ein Prozent des Erosionsmaterials bleibt am Grund liegen. Durch Verminderung der Erosion lässt sich daher das Problem nicht lösen. Dieses Ergebnis lieferte die Analyse von Gewässerboden-Proben über mehrere Jahre hinweg von Professor Karl Auerswald vom Lehrstuhl für Grünlandlehre und Professor Jürgen Geist vom Lehrstuhl für Aquatische Systembiologie.

„Allein eine Verhinderung der Erosion, wie sie die Wasser- und Fischwirtschaft seit langem fordert, hilft Gewässern folglich nicht", konstatiert Professor Auerswald. Über viele Jahrzehnte befestigt und gestaut, begradigt und vertieft, fehle den Flüssen vor allem ihre natürliche Fließgeschwindigkeit. Ebenso fehlt die Auenlandschaft am Ufer, um – auch bei Hochwasser – das Flussbett verändern zu können. Die Diagnose zur Moosach: „ein Gerinne, kein Fluss mehr", sei auf alle Flüsse in Bayern und weltweit übertragbar, sagt der TUM-Professor.

Das Verschwinden natürlicher Veränderung
Die beiden Wissenschaftler der TUM haben die Ergebnisse ihrer Untersuchung gerade in der internationalen Fachzeitschrift „Land Degradation & Development" veröffentlicht. Der Titel "Extent and causes of siltation in a headwater stream bed: catchment soil erosion is less important than internal stream processes” – was frei übersetzt  „Ausmaß und Ursachen der Verschlammung: Erosion hat weniger Einfluss als Fließgewässerprozesse" lautet – weist darauf hin, wie bedeutsam die Durchströmung für den Boden eines Gewässers ist. Denn das zentrale Refugium von Klein- und Kleinstlebewesen sowie der Eiablage-Ort für diverse Flussfische ist am Gewässerboden und zwar in den mit sauerstoffhaltigem Wasser gefüllten Hohlräumen im Kies. Bereits eine dünne Sedimentschicht reicht aus, diese Zwischenräume abzudichten.

Die Verschlammung von Flüssen und Bächen führt zu Problemen für Fische, Muscheln und andere Gewässerlebewesen. © TUM/J. Geist„Eintrag von Erosionsmaterial passiert auch unter natürlichen Bedingungen", erklärt Auerswald. „Aber unter natürlichen Bedingungen wird der Gewässerboden immer wieder umgelagert und das Lückensystem durch den Grundwasserzustrom aus der überfluteten Aue freigespült." Weil Flüsse begradigt und kanalisiert wurden, verschwindet diese Auendynamik, und ebenso ist der natürliche Zustrom von unten nach Hochwasserereignissen stark zurückgegangen.

Die Menschen haben aus zunächst gutem Grund in den Lauf der Flüsse eingegriffen: Um Städte vor Überschwemmungen zu schützen, Sümpfe trockenzulegen und Cholera und Typhus zurückzudrängen, war ab Anfang des 19. Jahrhunderts damit begonnen worden, Flüsse zu begradigen und in Kanäle zu zwängen. So wurde zudem Land für die weitere Besiedlung gewonnen. Die Auenlandschaften, wichtige Überflutungsgebiete und natürlicher Hochwasserschutz, wurden mehr und mehr verdrängt. So fehlt den Flüssen an Ufer und Grund die Möglichkeit der Veränderung. Doch gerade diese Unterschiede sind entscheidend für die Biodiversität eines Gewässers, für seinen Artenreichtum im und am Wasser.

Auerswald mahnt: „Flussauen müssen tabu sein"
Auerswald vermisst das richtige Maß: „Wie so oft, geht der Mensch einen zunächst richtigen Weg auch dann weiter, wenn er schon über das Ziel hinaus ist." Bei lokalen Planungen und Bauentscheidungen sei die Aue „immer der Verlierer". Auerswald rät, wie schon seit vielen Jahren, dringend, den Flüssen wieder Gestaltungsfreiheit zu geben.

Das bedeute konsequenterweise, dass bei Renaturierungsmaßnahmen der Fluss sein Bett gestalten könne. „Das, was noch an Auenlandschaft vorhanden ist, hat unbedingt tabu zu sein", warnt er angesichts des ungebremsten Bedarfs der Städte an Bauland – und angesichts seiner Modellrechnungen zu künftigen Hochwasser-Ereignissen: „Wir täten sehr gut daran, die Flüsse selbst wieder mäandern zu lassen."

Publikation
Karl Auerswald und Jürgen Geist: Extent and Causes of Siltation in a Headwater Stream Bed: Catchment Soil Erosion is Less Important than Internal Stream Processes, Land Degradation & Development, 6 September 2017.
DOI: 10.1002/ldr.2779 - Link: http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/ldr.2779/full

Kontakt: Prof. Dr. Karl Auerswald, Technische Universität München

Umwelt | Naturschutz, 27.09.2017

     
Cover des aktuellen Hefts

Positiver Wandel der Wirtschaft? – So kann's gehen

forum 03/2024 mit dem Schwerpunkt „Wirtschaft im Wandel – Lieferkettengesetz, CSRD und regionale Wertschöpfung"

  • KI
  • Sustainable Finance
  • #freiraumfürmacher
  • Stromnetze
Weiterlesen...
Kaufen...
Abonnieren...
19
JUL
2024
Lunch & Learn: Vom Flop- zum Topcast.
Wie Sie und Ihr Unternehmen vom Podcast Boom profitieren können
online
20
JUL
2024
Exkursion Landesgartenschau Kirchheim "Naturgärten gegen Artensterben"
In der Reihe "Mein Klima: Im Garten, auf der Straße ..."
85551 Kirchheim
12
SEP
2024
Handelsblatt Tagung Energizing Real Estate 2024
Die Energiewende gelingt nur gemeinsam mit der Immobilienwirtschaft
10117 Berlin
Alle Veranstaltungen...
Hier könnte Ihre Werbung stehen! Gerne unterbreiten wir Ihnen ein Angebot

Professionelle Klimabilanz, einfach selbst gemacht

Einfache Klimabilanzierung und glaubhafte Nachhaltigkeitskommunikation gemäß GHG-Protocol

Politik

Feinde der Demokratie, Feinde des Rechts
Für Christoph Quarch haben BSW und AfD im Bundestag bei der Selenskyi-Rede ihr wahres Gesicht gezeigt.
B.A.U.M. Insights

Jetzt auf forum:

Bildung, Kunst, Schönheit

Westlake Vinnolit-Kunden würdigen gemeinsame Fortschritte bei der Dekarbonisierung

“Toolbox für den Handel”

"Industry meets Renewables" am 11. September 2024 in Neumünster

CBD-Blüten kaufen: Deshalb werden sie auf Mallorca besonders gerne gekauft

Fünf Jahre EuroMinds – DER Wirtschaftsgipfel, 11.-12. Juli 2024 in Hamburg

TARGOBANK Stiftung startet erste Förderrunde für Biodiversitäts-Projekte

Respektvoll und voller Liebe: Öle in der Mehrweg-Flasche

  • DGNB - Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen
  • Engagement Global gGmbH
  • Energieagentur Rheinland-Pfalz GmbH
  • Protect the Planet. Gesellschaft für ökologischen Aufbruch gGmbH
  • World Future Council. Stimme zukünftiger Generationen
  • B.A.U.M. e.V. - Netzwerk für nachhaltiges Wirtschaften
  • Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG
  • Global Nature Fund (GNF)
  • ECOFLOW EUROPE S.R.O.
  • Kärnten Standortmarketing
  • circulee GmbH
  • Futouris - Tourismus. Gemeinsam. Zukunftsfähig