Voneinander lernen - Projekte für die Zukunft

Ein Kommentar von Jakob von Uexküll

Jakob von Uexküll © Karl GaborJakob von Uexküll, geboren 1944 in Uppsala, wurde das Engagement für benachteiligte Menschen in die Wiege gelegt. Mit seinem Vater, dem politischen Journalisten Gösta, diskutierte er schon früh über Hunger und Kriege in der Welt. Und auch die von seinem Vater geerbte Briefmarkensammlung wird später eine große Rolle in Uexkülls Leben spielen: 1980 traf er mit seinem Vorschlag, Akteure im Kampf gegen den Klimawandel zu ehren, bei der Nobelpreis-Stiftung auf Ablehnung. Kurzerhand gründete Uexküll 1980 auf eigene Faust – mit dem Erlös seiner Briefmarkensammlung – den Right Livelihood Award, auch bekannt als ,Alternativer Nobelpreis'. Im Jahr 2007 rief er zudem den World Future Council (Weltzukunftsrat) ins Leben, mit dem er sich für einen verantwortungsvollen und enkeltauglichen Umgang mit unserem Planeten einsetzt.
 
Umweltzerstörung, Klimawandel, Kriege und Krisen haben unseren Planeten und unsere Gesellschaften nachhaltig erschüttert. Wir können uns jetzt selbst die Schuld geben oder mit dem Finger auf andere zeigen. Aber besser machen – das zeigen die Erfahrungen der letzten Jahre – werden wir es trotzdem nicht. Unser größtes Versagen besteht daher nicht im Klimawandel oder anderen globalen Krisen. Vielmehr reagieren wir nicht angemessen auf diese Herausforderungen, obwohl viele Lösungen vorhanden sind.

Woran das liegt? Häufige Antworten sind entweder Pessimismus („Es ist doch alles zu spät") oder Optimismus („Die da oben oder irgendeine technische Erfindung werden uns noch retten") – beides bequem, aber unverantwortlich. Denn man braucht in beiden Fällen nicht aktiv zu werden.

Ich bezeichne mich als einen „Possibilisten". Ich weiß, dass Lösungen sich sehr schnell verbreiten können. Seit 35 Jahren zeigt der Alternative Nobelpreis, was einzelne Menschen und Initiativen erreichen können, wenn sie eine Weltordnung mit der Natur statt gegen sie vorantreiben. Der Schweizer Dr. Hans Herren zum Beispiel, Träger des Alternativen Nobelpreises 2013, hat nach UN-Schätzungen mit seiner biologischen Schädlingsbekämpfung zur Rettung der Maniok-Wurzel in Afrika mindestens 20 Millionen Menschen vor dem Hungertod gerettet. Die Unterstützung von solchen einzelnen „Projekten der Hoffnung" reicht jedoch für eine rechtzeitige Wende nicht aus. Denn Innovationen entwickeln sich nicht in einem Vakuum. Sie reagieren auf sie umgebende Anreize – und zwar besonders schnell auf gesetzliche und regulatorische Rahmenbedingungen. Schon Aristoteles sagte: „Eine gute Gesellschaft ist auf guten Gesetzen gebaut."

Wenn dieser Gedanke global weitergedacht wird, kommen wir zu einem logischen Schluss: Länder, Regionen, Städte und Gemeinden können – ja, müssen – voneinander lernen, damit die gesamte Menschheit einen nachhaltigen Wandel vollziehen kann. Ein Beispiel: Großbritannien hatte vor zehn Jahren, trotz besserer Bedingungen für die Nutzung von Windkraft, nur einen Bruchteil der deutschen Windenergie-Leistung. Hierzulande hatte man zuvor das Erneuerbare-Energien-Einspeisegesetz (EEG) entwickelt. Daraus hat Großbritannien gelernt und ebenfalls ein EEG eingeführt. Alleine die aus den damit geförderten Photovoltaik-Anlagen gewonnene Energie entspricht der Leistung von fünf größeren Atom- oder Kohlekraftwerken.

Solche Möglichkeiten inspirierten mich, den World Future Council (WFC) zu gründen. Dieser internationale Rat informiert Gesetzgeber weltweit, wo es schon erfolgreiche Gesetze gibt und hilft ihnen dabei, diese bei sich umzusetzen. Der WFC hat so eine entscheidende Rolle bei der Einführung von EEGs in Japan, Südafrika und eben in Großbritannien gespielt.

Wenn wir es schaffen, durch diese Multiplikator-Effekte Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger zu überzeugen, gute und nachhaltige Gesetze einzuführen, können wir den Wandel nicht nur schneller vollziehen, sondern deutlich wirksamer und in viel größerem Maßstab.

Beim Wandel hin zu einer gerechten, fairen und nachhaltigen Welt sehen wir uns als die Stimme zukünftiger Generationen: Wenn wir jetzt nicht handeln, dann steuert diese Welt auf Krisen ungeahnten Ausmaßes zu. Der Klimawandel erzeugt Naturkatastrophen. Diese wiederum erzeugen Hungerkrisen und die führen unweigerlich zu Kriegen und Konflikten. Unsere Kinder vertrauen darauf, dass wir jetzt ernst machen, sonst werden sie in einer Welt aufwachsen, die nicht (mehr) lebenswert ist.

Quelle: World Future Council. Stimme zukünftiger Generationen

Gesellschaft | Pioniere & Visionen, 30.09.2017
Dieser Artikel ist in forum Nachhaltig Wirtschaften 03/2017 - Tierische Geschäfte erschienen.
     
        
Cover des aktuellen Hefts

Pioniere der Hoffnung

forum 01/2025 ist erschienen

  • Bodendegradation
  • ESG-Ratings
  • Nachhaltige Awards
  • Next-Gen Materialien
Weiterlesen...
Kaufen...
Abonnieren...
23
DEZ
2024
Ein leuchtendes Zeichen für Demokratie und Gemeinschaft
Tollwood Winterfestival unter dem Motto "Wir braucht Dich!", bis 23. Dezember
80336 München
03
JAN
2025
48. Naturschutztage am Bodensee
Vorträge, Diskussionen, Exkursionen mit Fokus: Arten-, Klima- und Naturschutz
78315 Radolfzell
17
JAN
2025
Systemische Aufstellungen von Familienunternehmen und Unternehmerfamilien
Constellations machen Dynamiken sichtbar - Ticketrabatt für forum-Leser*innen!
online
Alle Veranstaltungen...
NatuVision Forum

Professionelle Klimabilanz, einfach selbst gemacht

Einfache Klimabilanzierung und glaubhafte Nachhaltigkeitskommunikation gemäß GHG-Protocol

Megatrends

Eindämmung der Barbarei durch Kultur
Angesichts der aktuellen Zahlen über die Zunahme der Sexualstraftaten und Femizide nimmt Christoph Quarch v.a. die Männer in die Pflicht
B.A.U.M. Insights
Lassen Sie sich begeistern von einem Buch, das Hoffnung macht.

Jetzt auf forum:

Profiküche 2025: Geräte-Innovation spart mehr als 50 Prozent Energie für Grill-Zubereitung ein

Fotoausstellung Klimagerecht leben

Ohne Vertrauen ist alles nichts

Zeit für Regeneration

The Custodian Plastic Race 2025

Niedriger Blutdruck: Wie bleibt man aktiv, ohne sich schwindlig zu fühlen?

Hacker vs. Host: Wie man Angreifer überlistet

Auf der Überholspur: Förderpolitik hat E-Busse wettbewerbsfähig gemacht.

  • Protect the Planet. Gesellschaft für ökologischen Aufbruch gGmbH
  • Energieagentur Rheinland-Pfalz GmbH
  • Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG
  • NOW Partners Foundation
  • DGNB - Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen
  • Global Nature Fund (GNF)
  • Futouris - Tourismus. Gemeinsam. Zukunftsfähig
  • Engagement Global gGmbH
  • circulee GmbH
  • Kärnten Standortmarketing
  • ECOFLOW EUROPE S.R.O.
  • BAUM e.V. - Netzwerk für nachhaltiges Wirtschaften
  • World Future Council. Stimme zukünftiger Generationen