BIOFACH 2025

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Futouris, eine Brancheninitiative stellt sich vor

Sie wollen mehr über das Thema Tourismus und Nachhaltigkeit wissen? Lesen Sie dazu unser Special "Nachhaltiger Tourismus für Entwicklung" in der aktuellen Ausgabe von forum Nachhaltig Wirtschaften mit dem Schwerpunkt "Sustainable Development".
In Venedig, Barcelona und Athen demonstrieren Einheimische gegen den Tourismus – zu Recht! Menschen­massen an überfüllten Stränden, Betonburgen und riesige Müllberge: Viele Formen von Tourismus sind nicht nachhaltig. Dabei ist die Branche wie kaum eine andere von einer intakten Natur und einer gastfreundlichen, reichen Kultur abhängig. Diese zu bewahren, ist das Ziel der Nachhaltigkeits­initiative Futouris.

Juan und Carlos haben die Nase voll, sie sind auf dem Weg zur Demo auf der Plaza in Barcelona. Anna und Luigi demonstrieren ebenso gegen den Ausverkauf von Venedig. Auch an anderen Orten rund um das Mittelmeer haben die Anwohner genug vom Massentourismus, was im August zu heftigen Protestwellen führte. Sogar die UNO sprach von einer „sehr ernsten Situation". Die es so allerdings nicht geben müsste, denn gut organisierter Tourismus bietet gleichzeitig große wirtschaftliche Chancen und trägt zum Austausch und zum Verständnis zwischen unterschiedlichen Kulturen bei.
 
Safari für Öko-Touristen durch den KAZA-Nationalpark in Botswana. © Eco Tourism BotswanaDer Tourismussektor ist einer der am schnellsten wachsenden Wirtschaftszweige weltweit. Laut Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung wurden 2016 global mehr als 1,2 Milliarden touristische Ankünfte verzeichnet. Für das Jahr 2017 wird eine Zunahme von drei bis vier Prozent erwartet. Die Wirtschaftsleistung der Tourismusbranche liegt damit im weltweiten Branchenvergleich auf Platz drei, noch vor der Automobilindustrie. Richtig angegangen wirkt sich Tourismus positiv auf den Aufbau der lokalen Infrastruktur, die (Aus-)Bildung der Bevölkerung sowie das Angebot von Arbeitsplätzen und die Schaffung neuer Absatzmärkte für andere Wirtschaftszweige (wie z.B. im Handwerkssektor) aus. Fast jeder zehnte Mensch auf der Welt ist in einer Anstellung beschäftigt, die zumindest indirekt im Zusammenhang mit dem Tourismus steht. Die Tourismusindustrie kann somit stark zum Wohlstand einer Region beitragen – sofern sie die Einheimischen am Gewinn des Tourismus beteiligt und die Tourismusentwicklung richtig gefördert wird. Die Vereinten Nationen fördern daher 2017 mit dem Internationalen Jahr des nachhaltigen Tourismus diesen Beitrag für die Völkerverständigung und die Wertschätzung anderer Kulturen.

Auf der anderen Seite birgt Tourismus aber auch negative Folgen. Er kann in Entwicklungsländern zur Abhängigkeit von ausländischen Investoren führen, die vor Ort Geld in eine tourismusfreundliche Infrastruktur pumpen und dabei die lokale Bevölkerung ausgrenzen. Natürliche Ressourcen, die Biodiversität oder kulturelle Schätze eines Landes können unter der Überlastung einer Destination leiden, wenn die Tourismusströme ungesteuert verlaufen. Auf der beliebten Ferieninsel Bali hat der Ansturm an Besuchern zum Beispiel zu einer Wasserknappheit geführt, die Tourismuswirtschaft verbrauchte 65 Prozent des auf der Insel verfügbaren Wassers. Vor allem die benachteiligten Bevölkerungsgruppen litten unter der Wasserknappheit, da ihre von Hand gegrabenen Brunnen langsam austrockneten.

Wie und warum ist die Nachhaltigkeitsinitiative Futouris entstanden?
Um diesen Herausforderungen bestmöglich begegnen zu können und effektive Lösungen zum Schutz der natürlichen und soziokulturellen Umwelt der Urlaubsziele zu finden, ist das Zusammenwirken vieler Akteure sinnvoll. Futouris e.V. – gemeinnütziger Verein und Nachhaltigkeitsinitiative der Branche mit Sitz in Berlin – bringt die Akteure der Tourismuswirtschaft mit lokalen Organisationen, Vertretern von Wissenschaft und Politik zusammen, um gemeinsame Lösungsansätze für einen nachhaltigen Tourismus von morgen zu entwickeln.

Auch im Tourismusbereich gilt: Gemeinsam kann man die Herausforderungen der Nachhaltigkeit am besten bewältigen. Die Brancheninitiative Futouris hat sich zusammengeschlossen, um sich nun auch mit forum Nachhaltig Wirtschaften verstärkt in den gesellschaftlichen Diskurs einzubringen.

Futouris wurde im Jahr 2009 auf Initiative von Andreas Koch, der zu dieser Zeit Umweltbeauftragter der TUI war, und anderen Gleichgesinnten gegründet. „Wir wollten ein Zeichen setzen, Kräfte bündeln und mit gemeinsamen Projekten zeigen, welche Vorteile ein nachhaltiger Tourismus hat", sagt Koch über seine Beweggründe. Neben der TUI waren sieben weitere Marken als Gründungsmitglieder an Bord. Ihr gemeinsames Ziel: Mit gebündelter Expertise und gebündelten Kräften gemeinsam mehr zu erreichen, als jedes einzelne Unternehmen für sich alleine erreichen kann. Die Gründer von Futouris haben erkannt, dass jedes Tourismusunternehmen ähnliche Nachhaltigkeitsherausforderungen meistern muss und es keinen Sinn macht, das Rad immer wieder neu zu erfinden. Vielmehr sollten aufbauend auf vorhandenem Wissen und guten Beispielen die Nachhaltigkeitsthemen gemeinsam vorangetrieben werden. Das Motto von Futouris ist daher „gemeinsam mehr erreichen als jeder einzelne".

Entwicklungsziele der UN in eine nachhaltige Tourismuswirtschaft integrieren
Auf der Futouris Strategietagung werden ehrgeizige Ziele für eine nachhaltige Entwicklung gesteckt. © AIDA CruisesMittlerweile vereint Futouris 23 Mitglieder (insbesondere große und mittelständische Tourismusunternehmen), was einer Marktabdeckung von insgesamt 56,9 Prozent entspricht. Zudem engagieren sich vier der fünf größten deutschen Reiseveranstalter bei der Initiative. Der Kern von Futouris besteht aus einem vierköpfigen Team und einem sehr engagierten und ehrenamtlich tätigen Vorstand. Ein international besetzter, ebenfalls ehrenamtlich tätiger Wissenschaftsbeirat sichert die Projektqualität und berät Vorstand und Team bei Nachhaltigkeitsfragen. Der Deutsche Reiseverband (DRV) und der Österreichische Reiseverband (ÖRV) unterstützen die Ziele durch ihre Schirmherrschaft. Damit besteht ein großer Hebel für positive Veränderungen hin zu mehr Nachhaltigkeit in den Destinationen sowie in den Tourismusunternehmen selbst.

Für die kommenden Aktivitäten haben die Mitgliedsunternehmen in Anlehnung an die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung der Agenda 2030 (SDG) Leitthemen definiert, in die möglichst alle neuen Projekte einzahlen sollen. Die wichtigsten Themenfelder sind: regionale und nachhaltige Speisen im Urlaub, Steigerung des Angebots nachhaltiger Urlaubsprodukte, Qualifizierung für Nachhaltigkeit im Tourismus, Klima- und Ressourcenschutz sowie Abfallmanagement.

Durch Projektentwicklungsprozesse Nachhaltigkeit auf lange Sicht stärken
Die genaue Ausgestaltung eines neuen Projekts erfolgt im engen Austausch mit den Mitgliedern. Alle Projekte der Nachhaltigkeitsinitiative werden vom Wissenschaftsbeirat entsprechend eines Förderkriterienkatalogs begutachtet und akkreditiert, damit eine hohe Qualität und nachhaltige Ausrichtung der Projekte sichergestellt werden kann. Alle Projekte werden von Anfang an so konzipiert, dass sie nach Ablauf des Förderzeitraums von den lokalen Partnern oder den Tourismusunternehmen selbst fortgeführt beziehungsweise in der Breite implementiert werden können. Mehr zu dem Engagement in Projekten weltweit erfahren Sie in den kommenden Ausgaben von forum Nachhaltig Wirtschaften.

Was wurde bisher erreicht?
Seit der Gründung von Futouris vor beinahe zehn Jahren hat sich in der Tourismusbranche viel getan. Mittlerweile spielt das Thema Nachhaltigkeit für den Großteil der Branche eine Rolle. Die Mitglieder der Nachhaltigkeitsinitiative konnten in den vergangenen Jahren viele ­Themen gemeinsam anschieben und haben eine gute Basis geschaffen, um die gewonnenen Lösungsansätze und Standards in der Breite zu implementieren. Aber die Nachhaltigkeitsinitiative hat auch noch sehr viel vor sich. Das übergeordnete Ziel ist es, mehr Mitglieder zu gewinnen, um so noch mehr Durchschlagskraft zu erzielen. Zudem möchte Futouris erreichen, dass die Nachhaltigkeit der Reisen als wichtiges Kriterium bei der Buchungsentscheidung verankert wird, die Reisenden sich also ganz gezielt für nachhaltigere Alternativen entscheiden – und da sind auch Sie als Leser gefragt.

Von Sebastian Henkes

Quelle: Futouris - Tourismus. Gemeinsam. Zukunftsfähig

Lifestyle | Sport & Freizeit, Reisen, 01.12.2017
Dieser Artikel ist in forum Nachhaltig Wirtschaften 04/2017 - Jetzt die SDG umsetzen erschienen.
     
        
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