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Deutschland verlässt den 0,7 %-Club

SÜDWIND kritisiert Rückschritte in der Entwicklungszusammenarbeit

Der Entwicklungsausschuss der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hat gestern die aktuellen Zahlen zur öffentlichen Entwicklungszusammenarbeit (ODA) bekannt gegeben. Ganz im Gegensatz zu Ländern wie Schweden, Luxemburg, Norwegen, Dänemark oder Großbritannien ist Deutschland dem international vereinbarten Ziel, 0,7 % des Bruttoinlandsprodukts für Entwicklungszusammenarbeit auszugeben, mal wieder nicht nachgekommen. Das SÜDWIND-Institut kritisiert das fehlende Engagement und fordert die neue Bundesregierung auf, Worten Taten folgen zu lassen und endlich einen angemessenen Beitrag zur Förderung nachhaltiger Entwicklung zu leisten.
 
SÜDWIND kritisiert die Rückschritte in der Entwicklungszusammenarbeit. © SÜDWIND e.V.SÜDWIND kritisiert die Rückschritte in der Entwicklungszusammenarbeit. © SÜDWIND e.V.
Im Jahr 2017 wurden insgesamt 146,6 Mrd. US-Dollar für die Entwicklungszusammenarbeit ausgegeben. Nach Jahren eines leichten Anstiegs gingen damit zum ersten Mal seit 2012 die gesamten ODA-Leistungen wieder zurück (0,6 %). Zurückzuführen ist dies auf die mittlerweile sinkenden Kosten für die Flüchtlingspolitik, die paradoxerweise als Beitrag zur internationalen Entwicklungszusammenarbeit angerechnet werden.
 
So konnte die Bundesrepublik im Jahr 2016 das 0,7 %-Ziel auch nur aufgrund der hohen Ausgaben in der Flüchtlingspolitik erreichen, „ein schlechtes Zeugnis für ein Land wie Deutschland, das Jahr für Jahr neue steigende Exporteinnahmen meldet", sagt Dr. Pedro Morazán, Entwicklungsexperte bei SÜDWIND und Delegierter des Verband Entwicklungspolitik und Humanitäre Hilfe (VENRO) beim europäischen Dachverband CONCORD. Morazán ergänzt: „Derzeit stammen mehr als 20 % der von Deutschland gezahlten Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit aus dem Bereich der Flüchtlingspolitik. Das sind Gelder, die den Entwicklungsländern damit nicht mehr zur Verfügung stehen. Es werden zwei Politikfelder gegeneinander ausgespielt, die eigentlich aufeinander aufbauen sollten - ein Armutszeugnis für ein wirtschaftlich expandierendes Land wie Deutschland!"
 
Ein weiteres Problem ist, dass immer mehr Gelder der Entwicklungszusammenarbeit in Form von Krediten vergeben werden. „Einige OECD-Länder wickeln mehr als 25 % ihrer Entwicklungszusammenarbeit als Kredite und nicht als Zuschüsse ab", meint Irene Knoke, Entwicklungsexpertin bei SÜDWIND. „Schon heute hat sich die Verschuldung vieler Länder wieder deutlich verschlimmert. Wenn dann auch noch immer mehr Kredite in der Entwicklungszusammenarbeit vergeben werden, wird das nicht zur Entspannung der Situation beitragen."
 
Die Zahlentricks zur Verschönerung der ODA-Zahlen sind keine gute Visitenkarte für die internationale Konferenz für Entwicklungsfinanzierung, die Ende des Monats in New York stattfindet. Dort sollen Regierungen aller Welt und internationale Institutionen der Entwicklungszusammenarbeit gemeinsam über die Fortschritte bei der Finanzierung der Agenda 2030 diskutieren. SÜDWIND ruft die Bundesregierung dazu auf, im Vorfeld der Konferenz ein starkes Signal zu setzen. „Ohne eine erhebliche reale Steigerung der öffentlichen Entwicklungszusammenarbeit ist eine Umsetzung der nachhaltigen Entwicklungsziele der Agenda 2030 in den verbleibenden zwölf Jahren nicht denkbar", fasst Pedro Morazán zusammen. „Diese Mittel müssen aber klar und erkennbar auch dorthin fließen, wo sie zur Umsetzung der Agenda 2030 in den Ländern des Globalen Südens beitragen."
 

Quelle: SÜDWIND e.V. - Institut für Ökonomie und Ökumene

Gesellschaft | Politik, 10.04.2018

     
        
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