„Make them goX!“

Was wir von Spitzensportlern lernen können

Olympia, Fußball-WM und Co.: Oft sehen wir Spitzensportler nur aus der Ferne und bewundern sie für ihr Können und ihre Leistungen. Aber was steckt hinter den Erfolgen? Die Sportpsychologen Hans-Dieter Hermann und Jan Mayer bieten in ihrem Buch  "Make them goX!"  aus der Pocket-Reihe des Murmann Verlags außergewöhnliche Einblicke in die Welt des Spitzensports und übertragen dieses Wissen in die Welt der Wirtschaft und des Managements. Im Interview mit Hans-Dieter Hermann, der u. a. die deutsche Fußballnationalmannschaft betreut, geht es um nachhaltige Teamarbeit, Multitasking und die bevorstehende Fußball-WM.

Herr Hermann, in Ihrem Buch „Make them goX!" übertragen Sie die Leistungsgeheimnisse von Spitzensportlern auf normale Berufstätige bzw. die Motivationsgeheimnisse von Trainern auf Führungskräfte. Eine zentrale Rolle spielt dabei das Team. Wie gelingt es, dieses optimal zusammenzustellen?
Der Sportpsychologe Hans-Dieter Hermann betreut u.a. die deutsche Fußballnationalmannschaft © Jana KayNa ja, so geheim ist das auch nicht, wir haben ja schließlich kein Enthüllungsbuch geschrieben. *lacht*
Aber um auf Ihre Frage zu kommen: Bei der Teamzusammenstellung ist neben der fachlichen auch die soziale Kompetenz der Teammitglieder wichtig. Bei der Auswahl der Mitarbeiter wird das häufig unterschätzt. Zudem funktionieren Teams – auch wenn sie passend zusammengestellt sind – nicht zwingend gleich von Anfang an. Sie brauchen etwas Zeit und anfängliche Reibungspunkte können sich unter Umständen als klärend herausstellen – wenn sie als Chance gesehen und genutzt werden. Ich sehe folgende bedeutsamen Punkte, die Führungskräfte heutzutage vorleben und einfordern sollten, um eine Basis für ein echtes Team zu schaffen: Klarheit und Wertschätzung in der Kommunikation, Kultur der gegenseitigen Unterstützung und des Vertrauens sowie Mut und Veränderungsbereitschaft.

Gerade beim Fußball werden bei ausbleibendem Erfolg oft die Trainer entlassen, auch bei großen Unternehmen gibt es immer wieder Führungswechsel. Ist es tatsächlich sinnvoll, die Spitze auszutauschen? Wäre es nicht sozial nachhaltiger, am Team zu arbeiten?
Für die soziale Nachhaltigkeit sicherlich – es gibt Zahlen aus dem englischen Profifußball, die genau das belegen – zumindest mittel- und langfristig. Allerdings ist der öffentliche Druck im Profi-Fußball oft so hoch, dass Vorstände, Manager, Geschäftsführer oder auch Vereinspräsidenten sich diese Zeit scheinbar nicht nehmen können oder nicht nehmen wollen. Und dann gibt es eben nur die Möglichkeit, einen neuen Impuls zu setzen, was dann am einfachsten durch den Austausch der Führungskräfte möglich ist. Aber letztendlich – die Zahlen und Erfahrungen auch in der gerade zu Ende gehenden Bundesliga-Saison zeigen es – ist das ein Glücksspiel.

Aber es gibt auch Sportarten, die nicht im Team praktiziert werden, Fechten oder Schwimmen etwa, genauso wie es im Beruf Ein-Mann-Unternehmen gibt. Sind die Leistungsgeheimnisse andere als die der Team-Player?

Hans-Dieter Hermann, Jan Mayer
Make them goX - Essenz aus dem Coaching für Spitzensportler

April 2018, 100 Seiten
ISBN: 9783867746052, 10,00 EUR
www.murmann-verlag.de

Nein, die psychologischen Leistungsgrundlagen sind ähnlich. Allerdings können sich die Schwerpunkte ein wenig in die eine oder in die andere Richtung verschieben, da zum Beispiel die Kommunikationsanforderungen in einer klassischen Team-Spielsportart andere sind als für Einzelsportler. So ist es auch in Unternehmen mit personellen Aufgabenteilungen im Vergleich zu typischen Ein-Mann-Unternehmen. Aber wenn wir einmal genauer hinsehen, gibt es nahezu nirgends eine echte One-Man-Show. Weder der Schwimmer kann allein Karriere machen noch der Ein-Mann-Unternehmer. Beide brauchen zumindest ein funktionierendes Netzwerk um sich herum, das sie auf ihrem Weg begleitet und unterstützt.

Leistungssportler beenden ihre Karriere oft mit Ende dreißig. Lässt danach auch bei normalen, körperlich anspruchsvollen Berufen – im Bereich der Pflege etwa – die Leistungsfähigkeit nach?
Die Mehrzahl der Leistungssportler beendet die Karriere deutlich früher als von Ihnen vermutet, es kommt jedoch auch stark auf die Sportart an. Es ist unstrittig, dass der körperliche Zenit mit Ende zwanzig bereits überschritten ist. Danach zeigt die körperliche Leistungskurve nach unten. Je verantwortungsvoller wir mit unserer Gesundheit umgehen, umso stärker können wir diese Abwärtsentwicklung verlangsamen, aber sie findet trotzdem statt. Jede körperlich auch noch so anstrengende Arbeit hat aber auch einen geistigen Anteil. Die Erfahrung hilft daher, Lücken zu schließen und manches zu kompensieren.

Die Fußball-WM der Herren steht vor der Tür. Sie betreuen die Nationalmannschaft, die neben den Spielen auch viel Medienrummel erwarten wird. Wie bereiten Sie die Spieler auf eine solche Ausnahmesituation vor?
Gar nicht! Die Arbeit mit den Medien ist mittlerweile Teil des Profifußballs, sodass Interviews und Pressekonferenzen für Nationalspieler keine Ausnahmesituationen darstellen. Aber zugegeben: Es gibt Spieler, die sich mit den Medien leichter tun, für andere ist das stärker herausfordernd. Unsere Presseabteilung steht zwar bei Bedarf immer hilfreich zur Seite, die Spieler werden jedoch im Rahmen der Nationalmannschaft nicht zusätzlich rhetorisch beziehungsweise medial geschult. Wenn nötig, kann es aber mal sein, dass sich jüngere bei erfahreneren Spielern Tipps holen.

Sportler müssen heute viel mehr können als diszipliniert trainieren. Sie müssen lernen, sich selbst darzustellen, perfekt zu kommunizieren und zu vermarkten – oft alles gleichzeitig. Sie schreiben in Ihrem Buch jedoch, dass Multitasking nicht funktioniert, wenn volle Leistung verlangt wird. Ist nachhaltiger Erfolg als Sportler wie als Mitarbeiter also nur dann möglich, wenn man sich aus dem mittlerweile oft geforderten „Nebenher des Arbeitens" befreit?
Ich denke, Ihre Frage beruht auf einem Missverständnis, denn Spieler haben zum Beispiel während eines Spiels ja nicht die Aufgabe, mit der Öffentlichkeit zu kommunizieren oder sich zu vermarkten. Auf eine gegebene Situation bezogen ist die Wissenschaft sich sehr einig: Wenn ich eine Aufgabe auf höchstem Niveau erfüllen will, dann darf es kein „Nebenher" geben. Wenn doch, geht es zu Lasten der Hauptaufgabe.
 
Wir bedanken uns für das Gespräch!

Kontakt: Murmann Publishers GmbH | info@murmann-publishers.de | www.murmann-verlag.de


Wirtschaft | Führung & Personal, 04.06.2018

     
        
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