Munich Re Kohle-Ankündigung
Guter Schritt, doch nicht weit genug
Die Unfriend Coal Kampagne, urgewald und die Kampagnenorganisation Avaaz begrüßen die aktuelle Ankündigung des Munich Re-Chefs Joachim Wenning zum künftigen Umgang seines Konzerns mit Kohle in einem Gastbeitrag für die Frankfurter Allgemeine Zeitung. Demnach verpflichtet sich der zweitgrößte Rückversicherer der Welt keine neuen Kohlekraftwerke und –minen mehr in Industrieländern zu versichern. Außerdem werde Munich Re nicht mehr in Aktien und Anleihen von Kohlefirmen investieren, die mehr als 30 Prozent ihres Umsatzes im Kohlebereich machen.
Die Ankündigung folgt auf monatelange Kritik von Klimaschutzgruppen und auf teils deutlich schärfere Kohle-Einschnitte anderer Versicherungskonzerne in den vergangenen Monaten, darunter Allianz sowie die Rückversicherer Swiss Re und SCOR. Nachdem Konzernchef Wenning noch zuletzt öffentlich seine Position unterstrichen hatte, sein Konzern wolle weiter an der Seite der Kohle stehen, zeigt er nun Einsicht. Dies wird den Druck auf die gesamte Branche weiter erhöhen, klimaschädliche Kohlegeschäfte zügig zu beenden - insbesondere die Konkurrentin Hannover Re, drittgrößter Rückversicherer weltweit, der bisher nur minimale Kohle-Ausschlussregeln verkündet hat.
Regine Richter, Energie-Campaignerin bei der deutschen Umweltorganisation urgewald, sagt: „Jahrelang hat Munich Re versucht sich hinter eigenen Klimastudien zu verstecken und echte Taten für den Klimaschutz verweigert. Auch wenn es für die heutige Ankündigung erst massiven öffentlichen Druck brauchte, wir freuen uns, dass Konzernchef Joachim Wenning nun endlich umsteuern möchte. Kohle-Neubauprojekte wie Ostro??ka C in Polen und andere Kohlekraftwerke und –minen in Europa können damit nicht mehr (rück-)versichert werden. Gleichzeitig wissen wir, diese Ankündigung wird nicht ausreichen, um den Konzern an die Pariser Klimaschutzziele anzupassen."
Im Vergleich zu den neuen Kohlerichtlinien von Wettbewerbern zeigen sich die Schwächen bei der Ankündigung von Munich Re: Im Mai verkündete die Allianz, sie wolle ab sofort keinerlei Versicherungen mehr für neue Kohlekraftwerke und –minen mehr anbieten und einen absoluten Stopp von Kohlegeschäften bis 2040 anstreben. Auch schließt die Allianz im Gegensatz zu Munich Re Kohlefirmen, darunter große Kraftwerksentwickler, konsequenter von Investitionen aus.Der weltweit größte Rückversicherer Swiss Re kündigte Anfang Juli an, keine Versicherungen und Rückversicherungen mehr für Unternehmen anzubieten, die mehr als 30 Prozent ihres Geschäfts mit Kraftwerkskohle machen. Dies schließt Firmen unabhängig davon aus, wo sie operieren, während die Munich Re Ausnahmen für Schwellenländer zulässt.
Lucie Pinson, europäische Koordinatorin der Kampagne Unfriend Coal, sagt: „In Entwicklungs- und Schwellenländern sind derzeit unzählige neue Kohlekraftwerke in Planung, von denen jedes ein Sargnagel für die Pariser Klimaziele ist. Als einer der wichtigsten Versicherer der Welt, insbesondere in Asien, muss Munich Re nun schnell Klarheit darüber schaffen, wie die angekündigten Kriterien für Ausnahmefälle vom Kohleausschluss aussehen werden. Die Klimawissenschaft und der Preisverfall bei Erneuerbaren Energien machen deutlich, dass Kohle ein unsinniges Geschäft ist. Die Munich Re sollte daher anderen Versicherern wie der Allianz folgen, die die Unterstützung für Kohle konsequenter ausgeschlossen haben."
Die Unterstützung der Munich Re für Kohle stand in den vergangenen Monaten unter zunehmender Kritik. Die Tochtergesellschaft Ergo Hestia hat seit 2013 insgesamt 18 Kohleprojekte in Polen versichert, wie Recherchen der polnischen NGO Development YES - Open-Pit Mines NO für die Unfriend Coal Kampagne ergeben haben. Dazu gehört das größte im Bau befindliche Kohlekraftwerk der EU in Opole, das 2019 in Betrieb gehen soll.
Mehr als 850.000 Menschen haben zudem eine Petition der Kampagnenorganisation Avaaz unterzeichnet, die Konzernchef Joachim Wenning auffordert, Kohle-Geschäfte zu beenden.
Insgesamt haben mit Munich Re, Allianz, AXA, SCOR, Swiss Re und Zurich inzwischen sechs große internationale Versicherer auch die Versicherung von Kohleprojekten mehr oder weniger stark eingeschränkt. Gemessen am Anteil der gebuchten Prämien hat fast die Hälfte des weltweiten Rückversicherungsmarktes eine Einschränkung von Kohle-Investitionen verkündet.
Die Unfriend Coal-Kampagne ist eine Initiative internationaler zivilgesellschaftlicher Organisationen, um die Versicherer für ihr Handeln und ihre Untätigkeit beim Klimawandel zur Rechenschaft zu ziehen. Sie fordern alle Versicherer auf, die Versicherung aller neuen und bestehenden Kohlekraftwerke, -minen und verbundener Infrastrukturprojekte einzustellen.
Außerdem fordern sie die Versicherer auf, ihre Kohle-Versicherungsgeschäfte und -Investitionen auf Basis der Global Coal Exit List von urgewald zu reduzieren. Die Versicherer sollten demnach die Versicherung von Unternehmen beenden und ihr eigenes und das für Dritte verwaltete Vermögen von allen Unternehmen veräußern, die:
- Investitionen in neue Kohlekraftwerke, -bergwerke und die -infrastruktur planen;
- mehr als 30 % ihres Stroms mit Kohle erzeugen oder über mehr als 10 GW installierte Kohlekraftwerksleistung verfügen;
- mehr als 30 % ihres Umsatzes mit Kohle erzielen oder mehr als 20 Millionen Tonnen Kohle pro Jahr produzieren.
Weitere Informationen:
Lifestyle | Geld & Investment, 06.08.2018
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