Next Growth
Wachstum neu denken
Erfolgreich wirtschaften = Wachstum. Diese Gleichung scheint heute beinahe ein Naturgesetz zu sein, dabei hat die Ära nach dem Wachstum, wie wir es bisher kannten, faktisch längst begonnen. Wie aber kann ein Wirtschaften jenseits des klassischen Wachstums konkret aussehen? Dieser Frage widmet sich die neue Trendstudie „Next Growth", herausgegeben vom Vordenker neuer Wachstumsmodelle André Reichel in Kooperation mit dem Zukunftsinstitut.
Wachstumsfetisch auf der einen, brachiale Kapitalismuskritik auf der anderen Seite, kaum ein Thema wird in der Wirtschaft so kontrovers diskutiert wie die Fixierung auf reine Wachstumsmaximierung. „Grünes Wachstum", Postwachstum, Abschaffung des freien Marktes – die Fronten sind verhärtet. Zukunftsfähig sind diese extremen Sichtweisen allerdings nicht. „Es ist Zeit für ein neues Verständnis von Wachstum – nicht ‚grün‘, nicht antikapitalistisch, sondern anders. Ein Verständnis, das verbindet und mit dem wir Frontalpositionen überkommen", ist sich André Reichel, Herausgeber der neuen Trendstudie „Next Growth", sicher.
Seit der Weltwirtschaftskrise 2008 hat sich das jährliche globale Wachstum fast halbiert – von 4,5 bis 5 Prozent in den 1970er-Jahren auf heute nur noch 2,3 bis 3 Prozent. Dieser Rückgang ist in allen Industrieländern zu beobachten, auch die boomende deutsche Wirtschaft wächst nur noch um 1 bis 2 Prozent jährlich. Einzelne Ausreißer ändern nichts am langfristigen Trend. Bis zur Jahrhundertmitte werden globale Wachstumsraten von unter 1 Prozent erwartet.
Es steht aber weniger das Ende des Wachstums bevor als vielmehr der Beginn einer Ära, die völlig neue, umfassendere Formen des Wachstums eröffnet. Die Ära des Next Growth. Was die Wirtschaft von morgen braucht, ist ein neues Verständnis, das Wachstum nicht als eine rein ökonomische Kategorie begreift, sondern als Kombination mit gesellschaftlichen, ökologischen – und menschlichen Aspekten. Eine Perspektive, die Wachstum weder glorifiziert noch problematisiert, sondern als Lösung begreift, um unsere Systeme resilienter und nachhaltiger zu machen.
Dieses Wachstumsverständnis verlangt, Wirtschaft generell anders zu denken: systemisch und zyklisch, sich evolutionär zu höherer Komplexität und Qualität entwickelnd. Die Vision ist eine nachhaltige Balance zwischen Demokratie und Marktwirtschaft, zwischen Menschheit und Umwelt – und zwischen Mensch und Mensch. Eine ökonomische Realität, die keine künstlichen Bedürfnisse erzeugt, sondern Resonanz und Beziehungen fördert. Und die hilft, höhere soziale, emotionale und kulturelle Dimensionen zu erschließen. Es geht nicht um die Abschaffung des Kapitalismus, sondern vielmehr um die Frage, wie wir alle dabei mitwirken können, den Kapitalismus zukunftsfähig zu machen.
Tatsächlich ist „Wachstum" kein in Stein gemeißeltes Konzept. Es ist nicht festgelegt auf materielle Maximierung, sondern kann mit neuem Leben, mit neuen Werten gefüllt werden. Der große Wertewandel hin zu einer nachhaltigeren Gesellschaft ebnet auch den Weg für ein zukunftsweisendes Verständnis von Wachstum, das Unternehmen bislang verschlossene Möglichkeiten des Wirtschaftens – und Wachsens – in Zeiten des Postwachstums eröffnet. Das ist die Idee von „Next Growth".
Auf der Seite des Zukunftsinstituts finden Sie weitere Informationen zur Studie.
Gesellschaft | Pioniere & Visionen, 30.08.2018
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