Erster europäischer Fluss-Gipfel in Sarajevo
Teilnehmer fordern EU und Regierungen auf, nicht mehr in Wasserkraft zu investieren
250 Personen beim ersten Gipfel zur Rettung der europäischen Flüsse
Sarajevo wurde zwischen dem 27. und 29. September zum Zentrum für europäische Flussschützer und Staudammgegner. Beim ersten "European Rivers Summit" diskutierten 250 Personen aus über 30 Ländern, wie die Zerstörung von Europas Flüssen durch Wasserkraft gestoppt werden kann. Auch die Frage, wie die letzten freifließenden Flussjuwelen langfristig geschützt und jene, die bereits zerstört wurden renaturiert werden können, beschäftigte die Teilnehmer (alle Themen sind im Summit Programm zu finden).
Die Teilnehmer formulierten eine Liste an Forderungen adressiert an die relevanten Entscheidungsträger in Politik und Industrie. In dieser Deklaration fordern die Flussschützer die EU Kommission, die Energieindustrie, internationale Banken und nationale Regierungen auf, die Finanzierung und Förderung von Wasserkraftprojekten als grüne und erneuerbare Energiequelle zu stoppen. Diese Forderungen zielen darauf ab, die Ziele der EU Wasserrahmenrichtlinie erfolgreich zu implementieren und somit Flüsse bis 2027 wieder in einen guten ökologischen Zustand zu bringen.
Aktuell sind Flüsse die am meisten gefährdeten Habitate weltweit. 81 Prozent der globalen Süßwasser Populationen sind bereits verloren - das ist ein höherer Anteil als in jedem anderen Ökosystem. Laut dem Europäischen Umweltbüro (EEB) sind europäische Fließgewässer so stark degradiert, dass sie funktionierende Ökosysteme nicht mehr länger erhalten können. Die Hauptbedrohung für die Intaktheit der Flüsse ist der massive Ausbau der Wasserkraft, der durch den grünen Mythos, der der Wasserkraft anhängt und Förderungsmechanismen wie Einspeisetarife vorangetrieben wird. In der EU sind laut dem EEB 25.000 Wasserkraftwerke registriert, wobei Kleinwasserkraftwerke in dieser Zahl nicht enthalten sind - die tatsächliche Zahl ist daher noch viel größer. Fast zwei Drittel der europäischen Flüsse sind in einem schlechten ökologischen Zustand.
"Wir müssen den Staudammwahnsinn stoppen. Europas Flüsse haben schon lange die Zeche für unseren energiehungrigen Lebensstil gezahlt. Die letzten intakten Flüsse müssen auch weiterhin frei fließen können", sagt Ulrich Eichelmann, Geschäftsführer von Riverwatch.
Wasserkraftwerke zerstören nicht nur fundamental die Biodiversität von Flusshabitaten, sondern verwandeln einen dynamischen Fluss in einen monotonen Wasserkörper. Zudem ist Wasserkraft nicht einmal eine klimaneutrale Energiequelle, denn Stauseen sind eine Hauptquelle für Treibhausgas-Emissionen. Zusätzlich haben Dämme auch soziale Auswirkungen. Weltweit leiden 500 bis 750 Millionen Menschen unter den direkten oder indirekten Auswirkungen von Staudämmen.
"Wasserkraft ist eine zerstörerische, überholte Technologie, die heutzutage leicht durch moderne Energiequellen wie etwa Solarenergie ersetzt werden kann", sagt Natasa Crnkovic, Präsidentin des Center for Environment in Bosnien-Herzegowina.
Glücklicherweise gibt es in Europa noch eine Region, die frei fließende Flüsse hat: der Balkan. Aber auch diese Juwelen stehen unter großem Druck durch etwa 2.800 geplante Wasserkraftwerke. Um ein Zeichen gegen diese Zerstörung zu setzen, wurde der erste europäische Flussgipfel in Sarajevo abgehalten. Beginnend in diesem Jahr wird künftig alle zwei Jahre in einer anderen europäischen Region ein European Rivers Summit stattfinden. Der nächste Gipfel findet 2020 in Portugal statt.
Hintergrundinformationen:
- Der erste European Rivers Summit wurde von Riverwatch (Österreich) und Center for Environment (Bosnien-Herzegowina) organisiert und im Rahmen einer neu formierten Allianz diverser europäischer NGOs mit dem Ziel, Europas Flüsse zu retten, ausgeführt. Zu den NGOs gehören Riverwatch, EuroNatur, WWF Adria, Wetlands International und Rios livres (GEOTA) aus Portugal.
- Großes Finale des Summits war das Konzert für die Balkanflüsse in Sarajevos Stadtzentrum am Samstag, 29. September. Es wurde innerhalb der Kampagne "Rettet das Blaue Herz Europas" organisiert. Die populären Musiker Rambo Amadeus (Montenegro), Eda Zari (Albanien), Tamara Obrovac (Kroatien) and Damir Imamovic (Bosnien-Herzegowina) erhoben vor hunderten Zuschauern ihre Stimmen für freie Balkanflüsse und gegen Staudämme.
Umwelt | Wasser & Boden, 29.09.2018
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