Verbindliches UN-Abkommen zu Unternehmensverantwortung
Österreich hat doppelte Verantwortung
Kommende Woche findet in Genf die vierte Verhandlungsrunde zum verbindlichen UN Abkommen über Wirtschaft und Menschenrechte statt (15.-19. Oktober). Die Notwendigkeit eines solchen Abkommens ist in der Zivilgesellschaft ebenso wie im EU-Parlament, der Kirche und ArbeitnehmerInnenvertretungen unumstritten.
„Ob im Öl-, Bergbau- oder Agrarsektor, in der Textil-, Nahrungsmittel- oder Elektronikindustrie – aufgrund mangelnder Regulierung speisen sich Konzerngewinne systematisch aus menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen und der Ausbeutung unserer Lebensgrundlagen. Das sogenannte TNC-Treaty kann Abhilfe schaffen indem es Konzerne menschenrechtlich in die Pflicht nimmt.", so Carla Weinzierl, Geschäftsführerin des Netzwerk Soziale Verantwortung (NeSoVe).
EU Position weiterhin wenig konstruktiv
Trotz der breiten Unterstützung für ein Treaty beschloss die zuständige EU-Ratsarbeitsgruppe COHOM am 10. Oktober zwar teilzunehmen, aber sich nicht inhaltlich in die Verhandlungen nächste Woche einzubringen. Eine Entscheidung der eine langjährige Haltung der Blockade und des Hinauszögerns vorangeht.
Fast zeitgleich hat der Ministerrat erst letzte Woche beschlossen ein Investitionsabkommen mit Singapur zu verhandeln in dem die umstrittenen Konzernklagerechte verankert werden sollen. Die EU zeigt damit, dass sie trotz der breiten gesellschaftlichen Kritik, die an ebendiesen Mechanismen bereits zu TTIP, CETA oder JEFTA laut wurde, daran festhält eine eklatante Asymmetrie festzuschreiben: „Die EU verdeutlicht damit einmal mehr ihre Prioritäten: Konzernprofite vor Allgemeinwohl. Rechtliche Rahmen werden im Schulterschluss mit Konzernen entlang ihrer Interessen gestaltet, zum Nachteil für Mensch und Umwelt. Das dringend nötige UN-Treaty, das Menschenrechte vor den Machenschaften globaler Konzerne schützt wird hingegen untergraben", ermahnt Carla Weinzierl.
Österreich nun doppelt in der Verantwortung
Österreich wird am Freitag voraussichtlich für die Periode 2019-2021 als Mitglied in den UN-Menschenrechtsrat gewählt. Als Teil der Bewerbung versprach Österreich in Fortsetzung langjähriger Tradition bei der Entwicklung und Stärkung des internationalen Menschenrechtsschutzes die Rolle eines Brückenbauers einzunehmen. Gleichzeitig fällt Österreich durch die EU-Ratspräsidentschaft eine Vorreiterrolle zu, so Weinzierl: "Leider haben die EU Mitgliedsstaaten ihre Chance, gemeinsam mit starker Stimme zu sprechen und einen substanziellen Beitrag zum Menschenrechtsschutz zu leisten, nicht wahrgenommen. Österreich muss in seiner doppelten Verantwortung durch EU-Ratspräsidentschaft einerseits und die zukünftige Mitgliedschaft im UN Menschenrechtsrat andererseits konstruktiv an den Verhandlungen teilnehmen."
EU-Parlament, ExpertInnen, Kirche und ArbeitnehmerInnen verstärken breiten zivilgesellschaftlichen Konsens für ein UN Abkommen
Weltweit unterstützen über 1100 NGOs und Bewegungen den 2014 vom UN-Menschenrechtsrat gestarteten Prozess. Auch in Österreich arbeitet eine breite Allianz von zivilgesellschaftlichen Akteuren und ArbeitnehmerInnenvertretungen daran, Sorgfaltsprüfungspflichten für Konzerne zu etablieren und den Zugang zu Wiedergutmachung für Opfer von Menschenrechtsverletzungen entlang der Wertschöpfungsketten zu verbessern.
Auch die Kirche spricht sich für die Regulierung von Konzernen aus. Papst Franziskus hat mit der Veröffentlichung der Enzyklika Laudato Si im Jahr 2015 den Weg geebnet. Die europäische Bischofskonferenz hat sich bereits Ende letzten Jahres explizit für das Treaty ausgesprochen. Den breiten Konsens für verbindliche Regulierung von international tätigen Konzernen bezeugt auch die Resolution des europäischen Parlaments vom 4. Oktober, mit der Rat und Kommission angehalten werden, sich konstruktiv am Verhandlungsprozess zu beteiligen.
Zuletzt wurde ein offener Brief von JuristInnen und ExpertInnen verwandter Wissenschaften veröffentlicht, der die Positionen der EU entkräftet. Ebenso liegt seit Juni 2018 die Position des europäischen Gewerkschaftsbundes vor, die klar an die EU appelliert ihre menschenrechtliche Verantwortung im Rahmen des Treaty Prozesses wahrzunehmen.
Das Netzwerk Soziale Verantwortung, kurz NeSoVe, fordert die Implementierung von rechtlich bindender sozialer, ökologischer und menschenrechtlicher Verantwortung für unternehmerisches Handeln. Dazu vereint NeSoVe seit 2006 NGOs und ArbeitnehmerInnenvertretungen.
Kontakt: Carla Weinzierl, NeSoVe / Netzwerk Soziale Verantwortung | carla.weinzierl@nesove.at
Wirtschaft | CSR & Strategie, 11.10.2018
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