Streitpunkt Wachstum

Wirtschaftsforscher legen neuen Konsensvorschlag vor

  • Gutachten zeigt: Green Growth reicht nicht als alleinige Strategie für umweltpolitisches Handeln, das Konzept Degrowth ebenso wenig
  • Wissenschaftler schlagen „vorsorgeorientierte Postwachstumsposition" vor: Verwirklichung von stärkerer Wachstumsunabhängigkeit würde erlauben, Umweltpolitik nicht aufgrund von Wachstumsvorbehalten auszubremsen
  • Konferenz „Herausforderung Wachstumsunabhängigkeit" lotet am 5. November 2018 in Berlin politische Implikationen aus
Gutachten zeigt: Green Growth reicht nicht als alleinige Strategie für umweltpolitisches Handeln, das Konzept Degrowth ebenso wenig. © RWIGutachten zeigt: Green Growth reicht nicht als alleinige Strategie für umweltpolitisches Handeln, das Konzept Degrowth ebenso wenig. © RWI
Das Wohlergehen weltweit hängt davon ab, ob es gelingt, die ökologischen Grenzen des Planeten einzuhalten. Der jüngste Klimabericht des Weltklimarats IPCC zum 1,5-Grad-Ziel zeigt die Dringlichkeit einer globalen gesellschaftlichen Transformation. Was folgt daraus für eine wohlhabende Volkswirtschaft wie Deutschland? Kann sie weiterhin wachsen - oder muss sie gar eher schrumpfen? Hierüber wird politisch gestritten, eine breit akzeptierte Antwort gibt es bislang nicht. Eine heute vom Umweltbundesamt (UBA) veröffentlichte Studie präsentiert nun einen Konsensvorschlag zum Streitpunkt „Wachstum" in der Nachhaltigkeitsdebatte.
 
Politischen Stillstand überwinden
Wissenschaftler des Instituts für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW), des RWI - Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung und des Wuppertal Instituts für Umwelt, Klima, Energie haben untersucht, wie sich ausbleibendes Wirtschaftswachstum auf die Stabilität wichtiger gesellschaftlicher Systeme wie etwa der Renten- und Krankenversicherung, die bislang stark wachstumsabhängig sind, auswirken würde. „Die Enquete-Kommission Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität des Deutschen Bundestages endete im Jahr 2013, ohne dass sie hinreichende politische Impulse auslösen konnte", sagt Projektleiter Ulrich Petschow vom IÖW. „Daher haben wir vor allem analysiert, welche politischen Handlungsoptionen es gibt, damit wertvolle Zeit nicht weiter ungenutzt verstreicht. Denn für unseren Planeten ist nichts schädlicher als Stillstand aufgrund politischer Meinungsverschiedenheiten."
 
Planetare Grenzen einhalten: Vorsorgeorientierung in der Politik stärken
In der Debatte um Wirtschaftswachstum und Nachhaltigkeit kursieren viele Begriffe wie etwa Postwachstum oder Green Economy. Besonders die beiden Positionen Green Growth und Degrowth stehen sich unversöhnlich gegenüber. Das gemeinsame Projektteam der drei Forschungsinstitute IÖW, RWI und Wuppertal Institut rät der Politik nun ein „weder noch": Keine dieser Positionen beruhe auf Annahmen, die sich wissenschaftlich hinreichend begründen lassen. Um dennoch eine verantwortliche Wirtschafts- und Umweltpolitik gestalten zu können, schlagen die Autoren ein vorsorgeorientiertes Vorgehen vor: Wachstumsabhängigkeit müsse möglichst gemindert und so der Wachstumsvorbehalt abgeschwächt werden, der ambitionierte umweltpolitische Vorschläge bisher oft ausbremst. Diesen Ansatz einer „vorsorgeorientierten Postwachstumsposition" stellen die Wissenschaftler in der Publikation „Gesellschaftliches Wohlergehen innerhalb planetarer Grenzen" vor.
 
Drei Forderungen an die Politik
Das Gutachten stellt drei Forderungen an die Politik: Erstens müssen die ökonomischen Rahmenbedingungen wirksamer gestaltet werden, indem umweltschädliche Effekte von Produktion und Konsum insbesondere durch marktbasierte Instrumente internalisiert werden. Zweitens gilt es, neue Pfade der gesellschaftlichen Entwicklung auszuloten - über partizipative Suchprozesse, Experimentierräume und neue innovations- und forschungspolitische Ansätze. Und drittens sollte es sich die Politik zu einem zentralen Ziel machen, zu prüfen, wie gesellschaftliche Institutionen und Prozesse unabhängiger vom Wachstum werden können.
 
Wachstumsdebatte in die Breite tragen, ökonomische Theorien verbinden
Mit ihrer Studie wollen die Autoren die Wachstumsdebatte für ein breites Publikum zugänglich machen. Zudem stellen sie Bezüge zu verschiedenen theoretischen Ansätzen und empirischen Studien her, wie sie in der Mainstream-Ökonomik und in heterodoxen Ansätzen zu finden sind. Inwieweit der Konsensvorschlag der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus IÖW, RWI und Wuppertal Institut, die auch diese Vielfalt an Perspektiven repräsentieren, tragfähig ist, soll die Konferenz „Herausforderung Wachstumsunabhängigkeit - Ansätze zur Integration von Umwelt-, Sozial- und Wirtschaftspolitik" am 5. November 2018 in Berlin zeigen. Akteure aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft diskutieren über eine stärkere Wachstumsunabhängigkeit wichtiger gesellschaftlicher Systeme und Institutionen und loten politische Implikationen aus.
 
Kontakt: RWI - Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung | rwi@rwi-essen.de | www.rwi-essen.de

Gesellschaft | Globalisierung, 02.11.2018

     
        
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