Lohnt sich nachhaltiges Investieren?
Ein zentrales Forschungsthema seit über 40 Jahren
Diesen Beitrag von Prof. Dr. Alexander Bassen, Universität Hamburg, finden Sie im B.A.U.M.-Jahrbuch 2018 – Nachhaltiges Investieren.

Ein zentrales Forschungsthema seit über 40 Jahren
Das Thema des ESG-CFP-Effekts ist für die Wissenschaft schon lange kein Neuland mehr. Erste Studien untersuchten den Zusammenhang bereits vor gut 40 Jahren. Dynamik hat die Thematik allerdings erst in den letzten 20 Jahren bekommen – und zwar in Wissenschaft und Praxis gleichermaßen. Dabei erscheinen viele Zahlen aus dem Praxisalltag auf den ersten Blick eher enttäuschend. So geht beispielsweise aus einer aktuellen Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young hervor, dass gerade einmal rund ein Viertel der CEOs von S&P 500-Unternehmen sowie von Europas größten Unternehmen nicht-finanzielle Aspekte in ihre Investmententscheidungen einbeziehen. Betrachtet man die Finanzanlagen, die professionell mit nachhaltigen Investmentstrategien gemanagt werden, so berichtet die Global Sustainable Investment Alliance (GSIA) im Jahr 2016 von weltweit 22,89 Billionen US-Dollar.
Trotz teils erheblicher Wachstumsraten in den vergangenen Jahren ist somit nur etwa ein Viertel des professionell verwalteten Vermögens weltweit nachhaltig angelegt. Und auch hier stellt sich die Frage, welche Nachhaltigkeitsstrategie verfolgt und welche Durchdringung des Themas damit erlangt wird. Ein Blick auf den Anteil von Anlageexperten, die Schulungen zur Einbeziehung von ESG-Aspekten in die Investmentanalyse erhalten, zeigt, dass im Jahr 2015 lediglich zehn Prozent der Anlageexperten weltweit ESG-Schulungen erhielten. Der Business Case für nachhaltige Investments ist somit bei vielen Investoren immer noch nicht angekommen, und tatsächlich wird der Zusammenhang zwischen ESGAspekten und der finanziellen Performance von einer Reihe von Investoren im besten Fall als neutral kommentiert. Vor dem Hintergrund der empirischen Evidenz mag dies überraschen. Eine Review-Studie von Gunnar Friede, Timo Busch und Alexander Bassen von 2016 untersucht in einem mehrstufigen Verfahren die Ergebnisse von über 2.000 empirischen wissenschaftlichen Studien, die unter anderem nach Anlageklassen und Regionen differenziert werden. Auch wenn viele Teilfragen zum ESG-CFP-Effekt noch weitgehend ungelöst sind, ist der Befund insgesamt eindeutig: Der ESG-CFP-Effekt ist empirisch gestützt und nachhaltiges Investieren somit auch finanziell lohnenswert.
Der Business Case für nachhaltige Investments auf dem Prüfstand
Circa 90 Prozent aller untersuchten Ergebnisse zeigen einen nicht-negativen Zusammenhang zwischen ESG-Aspekten und der finanziellen Performance auf. Wie links dargestellt, weist der überwältigende Anteil der Studien sogar einen positiven Zusammenhang auf: Bei Vote-Count-Studien (hier wird die Anzahl von Studien mit signifikant positiven, signifikant negativen und nicht-signifikanten Ergebnissen gezählt und die Kategorie mit dem größten Anteil wird als „Gewinner" votiert) sind es 47,6 Prozent bei Metaanalysen (d.h. ökonometrischen Review-Studien, die Effekt- und Stichprobeneffekte direkt importieren, um den Gesamteffekt über alle Primärstudien hinweg zu berechnen) sogar 72,4 Prozent.
Auch in Bezug auf Anlageklassen, regionale Unterschiede sowie die Dauerhaftigkeit des ESG-CFP-Effekts bringt die Review-Studie Licht ins Dunkel: Danach verhält sich der beobachtete positive Zusammenhang bei Anleihen (63,9 Prozent) und Immobilien (71,4 Prozent) noch vorteilhafter als bei Aktien (52,2 Prozent). Im Vergleich dazu weit zurück liegen Indizes und Fonds, bei denen nur 10,2 Prozent der untersuchten Studien einen positiven Zusammenhang finden. Dieses Ergebnis bezüglich der Fonds und Indizes erklärt sicherlich auch die öffentliche Wahrnehmung, dass nachhaltige Anlagen bestenfalls die gleiche finanzielle Performance aufweisen wie klassische Anlagen. Interessant ist weiterhin, dass kein einzelner der ESG-Aspekte (E, S oder G) dominiert, also einen höheren positiven Zusammenhang aufweist als die anderen Kategorien. Allerdings scheinen Kombinationen aus E, S und G die Rate positiver Ergebnisse zu reduzieren, was vor allem durch die Ergebnisse zu den Fonds erklärt werden kann. Eine Fokussierung auf einen einzelnen E-, S- oder G-Aspekt im Investitionsprozess ist somit finanziell besonders lohnenswert.
Mit Blick auf regionale Unterschiede rechnen sich nachhaltige Investments insbesondere in Schwellenmärkten (65,4 Prozent) und Nordamerika (42,7 Prozent). Für Europa fanden circa ein Viertel der Studien einen positiven Zusammenhang. Hinsichtlich der Dauerhaftigkeit des ESG-CFP-Effekts liefert die Review-Studie die wichtige Erkenntnis, dass das durchschnittliche Korrelationsmuster in den unabhängigen Primärstudien seit Mitte der 90er Jahre stabil geblieben ist. Auf der einen Seite bedeutet dies, dass zu erwartende Lerneffekte zum ESG-CFP-Verhältnis auf Investorenseite bisher ausgeblieben sind. Auf der anderen Seite bedeutet dies aber ebenfalls, dass ESG-basierte Überrenditen auch in Zukunft erzielt werden können.
Der Business Case für nachhaltige Investments ist bewiesen!
Doch warum ist der Business Case für nachhaltige Investments für viele Investoren eben (noch) nicht offensichtlich? Neben dem überwiegend positiven Bild, welches die oben genannten Ergebnisse zeichnen, gibt es auch abweichende Ergebnisse, die ein neutrales ESG-CSP-Verhältnis implizieren – insbesondere bei Studien zu Investmentfonds. Dreierlei Gründe bedingen die schwächeren ESGCFP- Korrelationen in den ungefähr 100 Studien zu Investmentfonds. Zum einen gibt es in einem Portfolio viele Überlagerungseffekte, so dass potenzielle Überrenditen unerkannt bleiben können. Darüber hinaus können ESG-basierte Überrenditen aufgehoben werden, wenn negativ und positiv gescreente Investmentfonds gleichzeitig analysiert werden. Ferner tendieren auch die unterschiedlichen Gebühren für Investmentfonds (durchschnittlich ca. 2,5 Prozent p.a.) dazu, existierende Überrenditen aufzuheben. Die Subergebnisse zu Investmentfonds sollten natürlich nicht von den Ergebnissen aus den mehr als 2.000 anderen empirischen Studien ablenken. Möglicherweise liegt aber gerade hier die Quelle für die verzerrte Wahrnehmung von Investoren, die dem ESG-CFP-Effekt bislang skeptisch gegenüberstehen.
Die Empirie zeigt es klar und deutlich: Der Business Case für nachhaltige Investments ist fundiert, da ein dauerhaft positiver Zusammenhang zwischen ESG-Aspekten und der finanziellen Performance besteht. Nachhaltiges Investieren stellt somit für alle Arten von rationalen Investoren eine Möglichkeit dar, treuhänderische Pflichten zu erfüllen und Investoreninteressen besser mit gesellschaftlichen Zielvorstellungen zu vereinbaren. Um das Renditepotenzial des ESG-CFP-Effekts in Zukunft besser ausschöpfen zu können, ist ein noch tieferes Verständnis über die Einbeziehung von ESG-Aspekten in den Investmentprozess notwendig. Auch wenn hierbei noch viele weitere Schritte zu gehen sind, ist die jetzige Ausgangslage für Investoren bereits mehr als vielversprechend.
Univ.-Prof. Dr. Alexander Bassen ist seit 2003 Inhaber der Professur für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Kapitalmärkte und Unternehmensführung an der Universität Hamburg. Prof. Bassen ist u.a. Mitglied im Rat für Nachhaltige Entwicklung der Bundesregierung und Chair des UN PRI Academic Network Advisory Committee. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in den Bereichen Environment, Social und Governance (ESG) aus Kapitalmarktperspektive.
Quelle: BAUM e.V. - Netzwerk für nachhaltiges Wirtschaften
Lifestyle | Geld & Investment, 01.01.2018

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