Social Impact Investing:

Möglichkeiten und Grenzen

Diesen Beitrag von Matthias Lehnert, Oikocredit, finden Sie im B.A.U.M.-Jahrbuch 2018 – Nachhaltiges Investieren.
 
Seit einigen Jahren gewinnt der Ansatz des „Social Impact Investing" in der Szene nachhaltiger Investoren an Aufmerksamkeit. Hinter dem Begriff verbirgt sich der Anspruch, wirtschaftlichen Erfolg mit sozialer und ökologischer Wirkung in einer Investitionsstrategie zu verbinden. Noch handelt es sich um ein Nischenphänomen. Wie groß ist sein Potenzial?
 
Ngo Thi Tu aus der vietnamesischen Provinz Thanh Hoa stellt Bambuskörbe her. Ihr Kleinunternehmen hat sie mit Unterstützung der Mikrofinanzinstitution Thanh Hoa Microfinance aufgebaut. Diese stellt Kredite, Sparmöglichkeiten und Mikroversicherungen für benachteiligte Frauen bereit und arbeitet mit Oikocredit zusammen. © oikocreditNgo Thi Tu aus der vietnamesischen Provinz Thanh Hoa stellt Bambuskörbe her. Ihr Kleinunternehmen hat sie mit Unterstützung der Mikrofinanzinstitution Thanh Hoa Microfinance aufgebaut. Diese stellt Kredite, Sparmöglichkeiten und Mikroversicherungen für benachteiligte Frauen bereit und arbeitet mit Oikocredit zusammen. © oikocredit
Der bloße Ausschluss von Branchen, Staaten oder Unternehmen anhand klar definierter Negativkriterien wie beispielsweise der Produktion von Rüstungsgütern oder der Anwendung der Todesstrafe reicht einigen Investoren nicht. Sie wollen mit ihrem Geld direkt solche Vorhaben fördern, die auf die Behebung sozialer und ökologischer Missstände gerichtet sind. Dem liegt die Einschätzung zugrunde, dass Herausforderungen wie die Bekämpfung des Klimawandels oder die Beseitigung von Hunger und Armut neben Spenden und öffentlichen Mitteln auch den Einsatz unternehmerischen Handelns verlangten. Aus diesen Überlegungen entstand um die Jahrtausendwende das Konzept des „Social Impact Investment" (SII). Es bezeichnet Investitionen, die mit dem erklärten Ziel getätigt werden, neben einem wirtschaftlichen Ertrag nachweisbare soziale und/oder ökologische Wirkung zu erreichen. Wichtige Felder des SII sind „grüne" Technologien und erneuerbare Energien, Mikrofinanz, nachhaltige Landwirtschaft, sowie Bildungs- und Gesundheitsdienstleistungen. Als wesentliche Instrumente haben sich Eigenkapitalbeteiligungen und die Vergabe von Darlehen etabliert. Die Investitionen erfolgen direkt oder über spezielle SII-Fonds. Klassische börslich gehandelte Instrumente wie Aktien oder Anleihen spielen eine untergeordnete Rolle, da sie einen direkten „Ermöglichungseffekt" nur zum Zeitpunkt der Emission bieten. Wer nur ein Wertpapier von einem anderen Investor erwirbt, erweitert den Aktionsradius eines wirkungsorientierten Unternehmens allenfalls indirekt.
 
Klare Spezifizierung der Wirkungen
Die Chancen des SII liegen auf der Hand: Im Vergleich zu anderen Formen des nachhaltigen Investments können die Wirkungen von SII-Anlagen klarer spezifiziert und identifiziert werden. Zudem ermöglicht SII die Mobilisierung privater finanzieller Mittel, die Spendenorganisationen nicht zugänglich sind. Vor allem für Stiftungen ist SII interessant, da es ihnen die Chance bietet, den jeweiligen Stiftungszweck nicht nur mit den Erträgen aus dem Stiftungsvermögen zu fördern, sondern mit dem Vermögen selbst.
 
Angesichts dieser Vorzüge verwundert es nicht, dass SII im letzten Jahrzehnt wachsenden Zuspruch erfahren hat. Mittlerweile gibt es ein breites Spektrum an Unternehmen, die von Impact-Investoren finanziert werden. Es reicht von Mikrofinanzinstituten in Entwicklungsländern über Händler biologischer Lebensmittel bis hin zu Unternehmen, die Kommunikationstechnologien für Menschen mit Behinderung entwickeln. Eine Studie im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung hat im Jahr 2016 ergeben, dass sich das investierbare Vermögen des SII in Deutschland seit 2012 auf 70 Millionen Euro verdreifacht hat. Das Global Impact Investing Network (GIIN) gibt das internationale Volumen mit 114 Milliarden US-Dollar an. Damit bleibt SII bislang trotz der beeindruckenden Wachstumsraten ein Nischenphänomen.
 
Grenzen und Kritik
Die Frage, welches Potential SII hat, lenkt den Blick auf mögliche Grenzen. Selbst im Vergleich mit anderen nachhaltigen Investments ist SII ein anspruchsvoller Ansatz. Er setzt die Existenz von Sozialunternehmen („social businesses") voraus, die wirkungsorientiert tätig sind und über Kapitalbedarf verfügen. Eine weitere Einschränkung ergibt sich aus den genannten Investitionsinstrumenten des SII: Sie stehen in der Regel nur vermögenderen Investoren zur Verfügung.
 
Aber auch die Logik des SII selbst ist nicht über Zweifel erhaben. So wird gewarnt, SII könne der Privatisierung staatlicher Daseinsvorsorge Vorschub leisten. Diese Befürchtung ließe sich mit einer rigorosen Wirkungsmessung entkräften. Genau daran hapert es aber vielfach noch: Wirkungsziele sind oft nicht eindeutig definiert, was eine Evaluierung erschwert. In einzelnen Bereichen haben sich spezielle Verfahren der Wirkungsmessung bewährt. So lässt sich etwa mithilfe des Poverty Probability Index (PPI) untersuchen, wie sich die Lebensbedingungen von wirtschaftlich benachteiligten Menschen in den Ländern des Globalen Südens im Zeitverlauf verändern. Auf diese Weise kann man auch feststellen, ob etwa die Vergabe von Mikrokrediten einen positiven Effekt auf das Leben der erreichten Menschen hat. Allerdings gibt es keinen allgemeinen Wirkungsmaßstab, mit dem sich beispielsweise eine Mikrofinanzinstitution und ein Start-up im Bildungsbereich vergleichend bewerten ließen.
 
Der zukünftige Erfolg des SII wird nicht zuletzt davon abhängen, ob es seine verschiedenen sozialen und ökologischen Wirkungen auf eine Weise transparent machen kann, die auch einen Leistungsvergleich zwischen verschiedenen Investments ermöglicht. Angesichts der Chancen, die der Ansatz bietet, ist zu wünschen, dass dies gelingt.
 
Matthias Lehnert leitet die Geschäftsstelle Deutschland der internationalen Entwicklungsgenossenschaft Oikocredit, die Darlehen und Eigenkapitalbeteiligungen an Mikrofinanzinstitutionen, Genossenschaften und kleine und mittlere Unternehmen in Entwicklungs- und Schwellenländern vergibt.

Quelle: BAUM e.V. - Netzwerk für nachhaltiges Wirtschaften

Lifestyle | Geld & Investment, 01.01.2018

     
        
Cover des aktuellen Hefts

Save the Ocean

forum 02/2025 ist erschienen

  • Regenerativ
  • Coworkation
  • Klimadiesel
  • Kreislaufwirtschaft
Weiterlesen...
Kaufen...
Abonnieren...
30
APR
2025
Franz Alt: Die Solare Weltrevolution - Aufbruch in eine neue Menschheitsepoche
In der Reihe "Mein Klima… in München"
80331 München und online
07
MAI
2025
MakerCamp Genossenschaften 2025
Genossenschaftliche Lösungen in Wirtschaft, Kommunen und Gesellschaft
65189 Wiesbaden
14
MAI
2025
Klimaschutz im peruanischen Regenwald
Delegierte der Asháninka teilen ihre Perspektiven
80802 München, Seidlvilla
29
JUN
2025
Constellations Week 2025 in Südtirol
Inspiration, Klarheit und Empowerment
I-39010 Tisens-Prissian, Südtirol
Alle Veranstaltungen...

Professionelle Klimabilanz, einfach selbst gemacht

Einfache Klimabilanzierung und glaubhafte Nachhaltigkeitskommunikation gemäß GHG-Protocol

Digitalisierung

Lässt sich KI politisch einfangen?
Christoph Quarch ruft zum zeitnahen "Human Action Summit" auf
B.A.U.M. Insights
Hier könnte Ihre Werbung stehen! Gerne unterbreiten wir Ihnen ein Angebot

Jetzt auf forum:

Porsche investiert entschlossen in die Zukunft

Umwelt- und Gesundheitskosten des Ernährungssystems belasten Wirtschaft und Gesellschaft mit Milliarden Euro im Jahr

Transparency Deutschland hofft auf Transparenz und das Ende verkrusteter Strukturen durch neue Staatsministerin

Wie die große Wirkungs- und Lenkungskraft der Branche unterschätzt wird | Step 4 – Nachhaltiges Abfallmanagement in der Veranstaltungswirtschaft

16 Steps Initiative | Für eine klimaneutrale Veranstaltungswirtschaft

BNW begrüßt CDU-Vorschlag

Russland stuft renommierten Umweltschützer als "Auslandsagenten" ein

Klimakatastrophe unvermeidlich

forum extra, Beilage in der Wirtschaftswoche
  • DGNB - Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen
  • Kärnten Standortmarketing
  • ECOFLOW EUROPE S.R.O.
  • Bundesverband Nachhaltige Wirtschaft e.V. (BNW)
  • toom Baumarkt GmbH
  • circulee GmbH
  • Futouris - Tourismus. Gemeinsam. Zukunftsfähig
  • World Future Council. Stimme zukünftiger Generationen
  • Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG
  • NOW Partners Foundation
  • Engagement Global gGmbH
  • Global Nature Fund (GNF)
  • Protect the Planet. Gesellschaft für ökologischen Aufbruch gGmbH
  • BAUM e.V. - Netzwerk für nachhaltiges Wirtschaften
  • Energieagentur Rheinland-Pfalz GmbH
  • DGNB - Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen
  • Kärnten Standortmarketing
  • ECOFLOW EUROPE S.R.O.
  • Bundesverband Nachhaltige Wirtschaft e.V. (BNW)
  • toom Baumarkt GmbH
  • circulee GmbH
  • Futouris - Tourismus. Gemeinsam. Zukunftsfähig
  • World Future Council. Stimme zukünftiger Generationen
  • Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG
  • NOW Partners Foundation
  • Engagement Global gGmbH
  • Global Nature Fund (GNF)
  • Protect the Planet. Gesellschaft für ökologischen Aufbruch gGmbH
  • BAUM e.V. - Netzwerk für nachhaltiges Wirtschaften
  • Energieagentur Rheinland-Pfalz GmbH