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Nicht Chef, sondern Fußballcoach

Interview mit Ali Mahlodji

Diesen Interview mit Ali Mahlodji, WHATCHADO, finden Sie im B.A.U.M.-Jahrbuch 2019 - New Work.
 
© WHATCHADO© WHATCHADO
Ali Mahlodji, eigentlich ein Fehler im System: Flüchtling, Schulabbrecher, über 40 Jobs – von der Putzhilfe bis zum Manager, bis hin zum Lehrer, Gründer und Chief Storyteller von WHATCHADO, EU-Jugendbotschafter, EU Ambassador for the New Narrative und seit 2018 Trendforscher beim Zukunftsinstitut und Autor des Work Report 2019.
 
Herr Mahlodji, zusammen mit dem Zukunftsinstitut haben Sie den Work Report 2019 veröffentlicht, in dem Sie sich mit dem Thema New Work beschäftigen. Was macht für Sie New Work aus?
Bei New Work geht es ganz stark darum, sich die Arbeit nicht mehr aus der Perspektive der Tätigkeiten anzusehen oder nach den Anforderungen der Wirtschaft, sondern sich auf die Potenziale der Menschen zu konzentrieren. Das bedeutet, zu fragen: Wie schaffen wir es, dass in einem Unternehmen, in dem zum Beispiel 100 Menschen arbeiten, die Entscheidungen der Zukunft nicht nur von einem Management abhängen, das vielleicht aus 10 bis 15 Personen besteht? Wie können wir außerdem nicht nur effizienter und produktiver arbeiten, sondern es auch schaffen, dass auch die Mitarbeiter zufriedener sind, die Fluktuation abnimmt und die Menschen sich entwickeln?
 
Ist New Work eine große Herausforderung für traditionelle Unternehmen? Und machen Start-ups per se alles richtig?
Auch viele Start-ups klagen darüber, dass ihre Mitarbeiter nicht flexibel sind in ihrem Denken. Das liegt auch an unserem stark verschulten Ausbildungssystem und an unserer Einstellung zu Fehlern. In der westlichen Welt gilt immer noch: Wenn du gute Noten möchtest, musst du null Fehler machen, das heißt, das umsetzen, was ein anderer von dir will, ohne es zu hinterfragen. So etwas benötigt kein traditionelles Unternehmen und schon gar kein Start-up.
 
Traditionelle Unternehmen tun sich allerdings schwer mit New Work, aber nicht nur wegen der Mitarbeiter, sondern oft auch wegen der Führungskräfte, die nicht verstanden haben, was es bedeutet, Menschen zu begleiten. Für traditionelle Unternehmen ist New Work aber allein schon deshalb eine größere Herausforderung, weil die Masse, die es zu bewegen gilt, viel, viel größer ist als bei einem Start-up.
 
Im Report sprechen Sie von „Playful Work" und „kreativem Nichtstun". Welche Rahmenbedingungen muss ein Unternehmen schaffen, um das  Kreativitätspotenzial der Mitarbeitenden zu nutzen?
Es gibt immer noch Führungskräfte, die sagen, meine Mitarbeiter sind nicht kreativ, die können dieses oder jenes nicht. Wenn man sich aber Kinder ansieht, wenn sie beginnen zu zeichnen: Sie zeichnen Häuser in den buntesten Farben und sogar mit runden Fenstern. Bis ihnen irgendwann ein Erwachsener sagt: Fenster sind viereckig; zeichne Fenster viereckig! Das bedeutet: Wenn ein Erwachsener tut, was ein Kind normalerweise macht, nennen wir das kreativ und vergeben einen Oscar, wenn es ein Kind macht, sagen wir: Hör auf damit! Hier müssen auch Führungskräfte verstehen, wohin es führt, wenn wir den Menschen immer sagen, wie Dinge sein sollen.
 
Playful Work bedeutet, Umgebungen zu schaffen, in denen man offen diskutieren kann und nicht immer das Gefühl hat, wir müssen jetzt die richtige Antwort finden. Es geht darum, dass man, wenn man über neue Konzepte nachdenkt, es aushalten kann, dass vielleicht auch nichts rauskommt oder Lösungen rauskommen, bei denen der erste Versuch gleich zeigt: Das funktioniert nicht. Dieses Leben von „Trial and Error" – wir probieren aus und entwickeln uns dadurch weiter und sind stolz darauf – hilft Mitarbeitern, ihre Kreativitätspotenziale zu nutzen und Denkbarrieren abzubauen.
 
Wir wissen ja selbst: Die besten Ideen kommen unter der Dusche. Kognitiv kommen wir mit Problemen oft nicht weiter, denn unser Gehirn benötigt Zeiten der Regeneration, um alle Einflüsse zu verarbeiten und wieder kreativ sein zu können. Kreatives Nichtstun bedeutet auch, dass man einfach mal rausgeht, spazieren. Wenn ein Mitarbeiter Zeit braucht zum Nachdenken, dann sollte der kein schlechtes Gewissen haben, sondern sagen: Hey, ich geh jetzt mal 20 Minuten raus zum Nachdenken. Und alle im Raum sagen: Klar, das gehört ja genauso zur Arbeit. Diese Kombination von kreativem Nichtstun und Playful Work geht aber nur, wenn Führungskräfte das auch wirklich vorleben.
 
Als EU-Jugendbotschafter kommen Sie laufend in Kontakt mit jungen Menschen. Was ist kennzeichnend für die Generationen Y und Z?
Kicker, Flipper, Sofas und eine Bar gehören zum guten Ton in einer modernen Büroumgebung. Sie sind jedoch noch lange nicht Garanten für eine wirklich agile Arbeitskultur des Unternehmens. © Haworth SEKicker, Flipper, Sofas und eine Bar gehören zum guten Ton in einer modernen Büroumgebung. Sie sind jedoch noch lange nicht Garanten für eine wirklich agile Arbeitskultur des Unternehmens. © Haworth SE
Heutige Jugendliche sind in eine Welt hineingeboren worden, von der die Großelterngeneration geträumt hat. Diese Jugendlichen hören aber gleichzeitig immer von Eltern und Großeltern: Euch soll es mal besser gehen als uns. Das ist vom Lebensstandard her fast unmöglich und ein riesiger Druck für junge Menschen. Gleichzeitig hören sie aber auch: Ihr könnt alles haben. Und sie lernen nicht mehr, geduldig zu sein…
 
Dann kommt diese Generation an einen neuen Arbeitsplatz, hat zuvor alles gemacht, was man von ihr erwartet hat und will sich dann dort innerhalb von einem Jahr komplett verwirklichen. Weil man ihnen ja gesagt hat: Ihr könnt alles haben und zwar sofort. Durch Social Media haben sie erfahren, dass alle ein tolles Leben haben. Sie haben erfahren: Wenn du etwas bestellst, hast du es innerhalb von 24 Stunden. Willst du deinen Lieblingssong hören, kannst du das jetzt sofort auf Spotify oder YouTube – kostenlos. Dieses Jetzt und Hier und Sofort schlägt sich in Organisationen aber relativ negativ um.
 
Was müssen Unternehmen jungen Mitarbeitetenden bieten?
Es geht gar nicht darum, was muss ich bieten, sondern wie sehr verstehe ich deren Lebenswelt und lass mich darauf ein. Als ich ein Kind war, habe ich noch gehört „lebenslanger Job". Ein Jugendlicher, der heute die Schule fertig macht, wird bis zum Eintritt in die Rente über zehn verschiedene Anstellungsverhältnisse haben.
 
Gleichzeitig ist die Flut der Informationen und Möglichkeiten gestiegen. Wir haben heute auf der Welt über 100.000 Berufsbezeichnungen von denen es die Hälfte vor zehn Jahren nicht gab. Und 65 Prozent der Jobs, die wir in zehn Jahren machen werden, existieren noch nicht. Wenn ein junger Mensch also sagt, „ich weiß nicht, was ich in zehn Jahren machen werde", dann sollten wir ihm kein schlechtes Gewissen machen, sondern ihn animieren, seinen Job selbst zu finden.
 
Wenn wir das verstehen, wenn wir uns auf die Lebenswelt der jungen Generation einstellen, dann verstehen wir auch: Denen sind Geld und Sicherheit nicht mehr so wichtig. Und diese Jugend braucht Sinn. Wer es schafft, Sinn in das Unternehmen zu bringen, den Leuten klar zu machen: Du arbeitest vielleicht nur vier oder fünf Jahre bei uns, aber aus diesem oder jenem sinnvollen Grund solltest du die Zeit bei uns verbringen – wer das vermitteln kann, den jungen Menschen mit Wertschätzung entgegentritt und sie auf Augenhöhe behandelt, der ist klar im Vorteil.
 
Das heißt, junge Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verlangen eine andere Art von Personalführung? Worauf müssen sich Führungskräfte künftig einstellen?
Ja, sie verlangen eine andere Art von Personalführung, und zwar nicht mehr Führung im alten Sinn von „ich gebe vor und du machst", sondern sie wollen begleitet werden. Ein Fußballcoach, der in der Champions League spielen möchte, der muss ganz genau wissen, welcher seiner Spieler in welchem Bereich gut ist. Also jemand, der links gut spielt, den wird er niemals rechts hinstellen. Er schwört die Mannschaft auf den Sieg ein, aber er kann nicht aufs Spielfeld laufen und selber mitspielen. Und das ist die Art von Führung, die Jugendliche wollen: kooperativ, co-kreativ, auf Augenhöhe. Dennoch geht es natürlich nicht darum, alles zu machen, weil‘s die Jugend will. Es geht darum, eine gute Balance zu finden, den Jugendlichen klar zu machen: Wir haben Verständnis und gemeinsam erarbeiten wir uns das Ganze.

Quelle: BAUM e.V. - Netzwerk für nachhaltiges Wirtschaften

Wirtschaft | Führung & Personal, 01.01.2019

     
        
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