Von individuellen und institutionellen Hürden
Der lange Weg zur Arbeitsmarktintegration Geflüchteter
Ein neues Discussion Paper des Berlin-Instituts zeigt, was Geflüchteten den Weg in Arbeit erschwert.
Ende des Jahres 2018 lebten knapp 1,7 Millionen Schutzsuchende in Deutschland. Die meisten von ihnen sind seit 2015 gekommen. Flucht ist keine Erwerbszuwanderung und Geflüchtete kommen nicht zuvorderst als Arbeitskräfte ins Land. Doch für eine erfolgreiche Integration sollte der Übergang von Geflüchteten in Ausbildung, in Nachqualifizierung oder direkt in Beschäftigung so schnell wie möglich erfolgen.
Die Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten erfordert erfahrungsgemäß einen langen Atem, gelingt derzeit aber besser als anfangs erwartet. Im Februar 2019 hatte fast jede dritte Person aus den acht wichtigsten Asylherkunftsländern eine sozialversicherungspflichtige Arbeit gefunden. „Das ist unzweifelhaft ein Erfolg, der aber mit Vorsicht zu genießen ist", so Reiner Klingholz, Direktor des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung, „denn viele der Geflüchteten arbeiten in Branchen, in denen die Fluktuation hoch ist, der größte Teil von ihnen ist in der Leiharbeit und in Helfertätigkeiten untergekommen."
Das Berlin-Institut hat in seinem Discussion Paper die Hürden untersucht, die Geflüchteten ihren Weg in Arbeit erschweren. Das Papier basiert auf zwei Workshops und zahlreichen Einzelinterviews mit Geflüchteten sowie mit Experten aus Politik und Verwaltung, Wirtschaft und Zivilgesellschaft.
Aufgrund der Fluchtsituation haben die Menschen individuelle Hürden im Gepäck, zum Beispiel mangelnde Sprachkenntnisse oder fehlendes Wissen über den deutschen Arbeitsmarkt. In Deutschland angekommen, finden sie dann zusätzliche, institutionelle Hürden vor, die Politik und Verwaltung aufbauen. Die Sachlage in letzterem Bereich lässt sich in drei Thesen zusammenfassen: Die Zuständigkeiten sind über zu viele Akteure verteilt, die Gesetzeslage ist zu komplex und die Anforderungen an die Geflüchteten sind zu restriktiv.
Während für die meisten mitgebrachten Hürden mittlerweile bewährte Angebote und Strukturen existieren, welche die Geflüchteten dabei unterstützen, diese zu überwinden, sind die vorgefundenen, bürokratischen Hürden hausgemacht und damit vermeidbar. „In den Gesprächen haben die Geflüchteten wie auch die Experten übereinstimmend geäußert, dass die institutionellen Hürden mindestens ebenso hoch sind wie die individuellen", so Klingholz weiter. Das Berlin-Institut fordert daher unter anderem, dass die Politik Reformen und Gesetze stärker von ihrer Umsetzbarkeit her planen muss, um den ohnehin langen Weg der Geflüchteten in den Arbeitsmarkt nicht durch unpraktikable Regelungen zusätzlich zu erschweren.
Das Discussion Paper steht Ihnen gratis als Download zur Verfügung. Das Discussion Paper ist Teil des Projekts „Zuwanderer von morgen", gefördert durch die Stiftung Mercator.
Die Stiftung Mercator ist eine private, unabhängige Stiftung. Sie strebt mit ihrer Arbeit eine Gesellschaft an, die sich durch Weltoffenheit, Solidarität und Chancengleichheit auszeichnet. Dabei konzentriert sie sich darauf, Europa zu stärken, den Bildungserfolg benachteiligter Kinder und Jugendlicher insbesondere mit Migrationshintergrund zu erhöhen, Qualität und Wirkung kultureller Bildung zu verbessern, Klimaschutz voranzutreiben und Wissenschaft zu fördern. Die Stiftung Mercator steht für die Verbindung von wissenschaftlicher Expertise und praktischer Projekterfahrung. Als eine führende Stiftung in Deutschland ist sie national wie international tätig. Dem Ruhrgebiet, der Heimat der Stifterfamilie und dem Sitz der Stiftung, fühlt sie sich besonders verpflichtet.
Kontakt: Dr. Reiner Klingholz, Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung
Gesellschaft | Migration & Integration, 18.06.2019
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