Von grünen Markern und blauen Engeln
Der Weg in den Himmel ist steinig
Immer mehr Firmen stellen sich der Herausforderung, umweltgerecht, fair und sozial zu agieren. Umweltberichte sollen das Engagement dokumentieren und Prüfsiegel für die nötige Information bei den Kunden sorgen. Der Blaue Engel ist das Umweltzeichen der Bundesregierung und wird vom Umweltbundesamt vergeben. Doch der Weg in den Himmel ist steinig…
„Lasst die Leute den Marker doch wegschmeißen", das bekamen Carl-Wilhelm Edding und Volker Detlef Ledermann in den Anfängen zu hören. Damals, 1960, als die Beatles auf der Reeperbahn ihre legendäre Karriere starteten und die beiden Schulfreunde im wenige Kilometer entfernten Barmbek mit dem Permanentmarker edding No.1 den ersten Hit ihres jungen Unternehmens landeten. Das verwundert wenig, denn in der aufstrebenden Bundesrepublik war das Thema Umweltschutz noch eine Randnotiz. Wirtschaftswunder war angesagt. Doch die beiden Gründer wollten, dass ihr Marker möglichst lange verwendet wird. „Deshalb haben wir schnell Nachfüllflaschen angeboten, um den Abfall zu reduzieren – auch wenn wir damals damit bei manchen Kopfschütteln geerntet haben", erinnert sich Ledermann. Im Laufe der Jahre folgte die Einführung von Ersatzspitzen, um die Langlebigkeit der Produkte weiter zu erhöhen, der Bau eines – nach damaligem Wissen – umweltgerechten Gebäudes in den 70er-Jahren und die Etablierung eines ersten Umweltkonzeptes mit einem Rücknahmesystem für leere, ausgediente Produkte der Kunden. Ein Engagement, das sich lohnte und belohnt wurde: 1995 wird Firmengründer Ledermann mit dem B.A.U.M.-Umweltpreis ausgezeichnet.
Der Blaue Engel muss her!
Doch nun wollte man sich nicht auf seinen Lorbeeren ausruhen und das Thema Nachhaltigkeit kontinuierlich weiterentwickeln. Der Blaue Engel des Umweltbundesamtes schien dafür die richtige Herausforderung. Patricia Siebel, die Leiterin des Nachhaltigkeitsmanagements, berichtet: „Die Idee, den Blauen Engel zu beantragen, lag uns lange am Herzen, doch Hindernisse standen im Weg. Als wir vor ungefähr zehn Jahren das erste Mal beim Umweltbundesamt nachgefragt haben, da gab es die Kategorie für Schreibgeräte noch gar nicht. Wir konnten also den Blauen Engel für unsere Produkte nicht einmal beantragen. Daraufhin haben wir uns sehr um die Einführung dieser Produktkategorie bemüht. Gott sei Dank rannten wir damit offene Türen ein: Die Idee war auch beim Umweltbundesamt schon in den Köpfen und gemeinsam haben wir uns dann an die Arbeit gemacht. Auf Wunsch der Behörde haben wir einiges an Entwicklungsarbeit beigetragen, z.B. Ökobilanzen für verschiedene Produkte erstellt. Nach dem „Go" für die Produktgruppe „Schreibgeräte" beim Umweltbundesamt begannen wir dann gemeinsam mit anderen Stakeholdern und Wettbewerbern, die endgültigen Vergabekriterien zu entwickeln. Es war ein sehr langer Prozess, da diese Produktkategorie alle Schreibgeräte auf dem Markt umfassen sollte, von Blei- und Buntstiften, Kreiden über Kugelschreiber, Füllfederhalter bis hin zu Markern.
Nachhaltige Schreibgeräte mit dem
Blauen Engel
Auch im digitalen Zeitalter sind Kugelschreiber und Bleistifte zuhause, in der Schule oder im Büro einfach nicht wegzudenken. In Deutschland allein wurden 2011 mehr als 500 Mio. Bleistifte, 400 Mio. Kugelschreiber und 550 Mio. Filzschreiber produziert. Schreibgeräte aller Art gehören zu den Gegenständen in unserem Alltag, die in enormer Stückzahl hergestellt werden, aber leider eine vergleichsweise kurze Lebensdauer vorweisen und gerade deshalb möglichst ressourcenschonend gestaltet werden sollten. Die richtige Materialauswahl leistet einen wichtigen Beitrag zur Ressourcenschonung durch die Verwendung von Recyclingmaterialien aus bspw. Papier, Pappe oder Kunststoff. Dabei sind Kunststoff-Rezyklate (sog. Post-Consumer-Abfällen), die aus privaten Haushalten, Landwirtschaft, Gewerbe und Industrie stammen, zu bevorzugen. Eine werkstofflich hochwertige Wiederverwendung solcher Materialien ist aus ökologischer Sicht vielen anderen Verwertungsvarianten überlegen. Auch Materialien aus nachwachsenden Rohstoffen können zur Ressourcenschonung beitragen, wenn diese nachhaltig angebaut werden. Der Blaue Engel fordert zusätzlich eine umweltfreundliche Verpackung und die Vermeidung gefährlicher Inhaltsstoffe. Außerdem sollte eine verlängerte Nutzungsdauer etwa durch Nachfüllsysteme gefördert werden.
Die detaillierten Vergabekriterien des Umweltzeichens für Stempel und Schreibgeräte umfassen 30 Seiten und können auf der Website eingesehen werden. Bisher wurden nur Produkte der Firmen edding international GmbH und Schneider Schreibgeräte GmbH ausgezeichnet.
Insgesamt sind bereits mehr als 12.000 umweltfreundliche Produkte und Dienstleistungen von rund 1.500 Unternehmen mit dem Blauen Engel, dem Umweltzeichen der Bundesregierung zum Schutz von Mensch und Umwelt ausgezeichnet. Damit hat es sich in mehr als 40 Jahren als anspruchsvoller, unabhängiger Kompass für umweltfreundliche Produkte bewährt.
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Was lange währt…
Danach musste das RAL-Institut, welches die Prüfung der Produkte vornimmt und das Siegel vergibt, erst einmal die Kriterien intern abstimmen und dann veröffentlichen. Tatsächlich hat der Prozess fast acht Jahre gedauert. Erst dann konnte die eigentliche Bewerbungsphase für die Anbieter starten. Hier mussten diverse Fragestellungen bearbeitet werden, um die geforderten Kriterien zu erfüllen. Die Prüfungsprozedur umfasst nicht nur die Herstellung, die ressourcenschonend und umweltfreundlich sein muss. Die Produkte dürfen keine gesundheitsbelastenden Stoffe enthalten, eine gute Recyclingfähigkeit wird erwartet und gleichzeitig muss die Funktion in hoher Qualität erfüllt werden. Ebenso soll von den Herstellern eine lange Nutzungsdauer gewährleistet werden. Für das Unternehmen war der Weg zum Engel nicht einfach: Bis zum Ende musste in der Produktion immer wieder nachgebessert werden, etwa um bei den Tinten in allen Farben die hohen Ansprüche der Prüfer zu erfüllen. „Wir wollten ja nicht nur für einen Teil der Textmarker – abhängig von den Farben – den Blauen Engel erhalten", erinnert sich die Nachhaltigkeitsmanagerin, „das hätte für uns keinen Sinn ergeben". So zog sich der Prozess von der ersten Idee bis zur Erteilung des Siegels schier endlos hin.
… wird endlich gut!
Während dieser langen Entwicklungsphase waren Geduld und enge Zusammenarbeit mit dem Amt und der Branche angesagt. „Natürlich hätte es uns passieren können, dass ein Wettbewerber vor uns den Blauen Engel für einen Marker erhält, von daher haben wir uns sehr angestrengt, tatsächlich der erste zu sein", beschreibt Patricia Siebel den langen und zeitraubenden Weg zum Siegel. Und Ende 2018 war es soweit: Der Blaue Engel prangt auf jedem Textmarker der Ecoline-Produktreihe.
Und wenn ein Unternehmen einmal in Sachen Nachhaltigkeit und Siegel in Fahrt ist, dann nimmt es oft auch gleich noch weitere Prüfungen in Kauf. Neben dem Blauen Engel kann sich der Schreibgerätehersteller nun auch mit der Green Brand-Auszeichnung schmücken. Wir sind gespannt, welche Auszeichnungen noch folgen werden, und auch, nach welchen Prüfkriterien die zukünftige Berichterstattung der nicht finanziellen Leistungen des Unternehmens erfolgen wird. DNK, GWÖ und B Corp sind sicherlich schon im Visier von CEO Per Ledermann, den schon wieder neue Ideen umtreiben: „Meine Vorstellung ist, dass wir irgendwann einen Marker entwickeln können, der komplett kompostierbar ist", und Patricia Siebel ergänzt: „Ich möchte, dass unsere Produkte so nachhaltig wie möglich, mit Fairtrade-Siegel und mit Tinten aus natürlichen Rohstoffen produziert werden".
Von Fritz Lietsch
Lifestyle | LOHAS & Ethischer Konsum, 01.06.2019
Dieser Artikel ist in forum Nachhaltig Wirtschaften 02/2019 - Afrika – Kontinent der Entscheidung erschienen.
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