Geht Messe auch nachhaltig?

Messe München macht es vor

Anlässlich der Jahrespressekonferenz präsentierte sich die Messe München als modernes, verantwortungs- und umweltbewusstes Unternehmen sowie insbesondere als Vorreiterin in Sachen Nachhaltigkeit. forum fragte den Vorsitzenden der Geschäftsführung, Klaus Dittrich nach den Hintergründen des Engagements.

Herr Dittrich, wie sieht Nachhaltigkeit bei der Messe München gelebt aus? Gibt es einen konkreten (Projekt-) Verantwortlichen für alle Themen rund um den Umweltschutz?
Klaus Dittrich ©Messe MünchenFür uns gehören unternehmerischer Erfolg und verantwortungsvolles Handeln unmittelbar zusammen. Es ist uns ein Herzensanliegen, das Gemeinwohl und die heimische Wirtschaft zu stärken, den Umwelt- und Klimaschutz zu fördern und einen Wissenstransfer an unsere weltweiten Standorte zu leisten. Unser Ziel bei allen Aktivitäten der Messe München ist es, zum Nachahmen und Mitmachen anzuregen. Daher unterstützen wir zielgerichtet spezifische Maßnahmen und Projekte im Sinne der Nachhaltigkeit. Im Fokus steht dabei neben unserer Verantwortung gegenüber der Umwelt, unseren Mitarbeitern und der Gesellschaft vor allem der Anspruch, das verantwortungsvolle Handeln in unserer Gesellschaft zu stärken.

Ziel der Messe München ist es dabei, ihre Reichweite bestmöglich zu nutzen. Gerade unsere Weltleitmessen bieten dafür eine geeignete Plattform, um den Austausch über zentrale Themen rund um Umwelt, Nachhaltigkeit und Umweltschutz zu stärken. In der Tat haben wir hier an der Messe München eine Stelle für einen Referenten geschaffen, welcher die diversen Unternehmensinitiativen im Bereich der Nachhaltigkeit zusammenführt.

Jetzt sind das alles tolle strategische Vorsätze im Sinne der Nachhaltigkeit. Gibt es denn auch Zertifizierungsprogramme für den Umweltschutz, an denen die Messe beteiligt ist?
Auf jeden Fall ist es als modernes und umweltbewusstes Unternehmen unser Ziel, einen nachhaltigen Umweltschutz zu hohen Standards zu garantieren. Als Basis setzen wir als Messeveranstalter dabei zuerst auf unseren konzerninternen Code of Conduct, mit dem sich unsere Dienstleister und Lieferanten verpflichten, keine Kinderarbeit, Korruption oder Bestechung zu tolerieren und Mitarbeiterrechte, Arbeits- und Gesundheitsvorschriften sowie Umwelt- und Klimaschutzvorschriften einzuhalten. Auch rechtliche und ethnische Gleichberechtigung sind selbstverständlich ein fester Bestandteil in unserem Unternehmenskodex.

Unsere Vorreiter-Messen im Bereich der Nachhaltigkeit wie die IFAT oder die Outdoor verfügen gesondert über ihre eigenen Aussteller-Richtlinien für nachhaltiges Handeln. Darüber hinaus unterstützt die Messe München viele weitere Nachhaltigkeitsinitiativen. So gehören wir beispielweise zu den Unterzeichnern des fairpflichtet Nachhaltigkeitskodex, der mit zehn Leitsätzen die Nachhaltigkeit bei der Organisation und Durchführung von Veranstaltungen in den Fokus stellt. Die Messe München darf sich außerdem auch „EEU-Energieeffizientes Unternehmen" nennen. Und auch was unsere Treibhausgasemissionen betrifft, achten wir auf eine korrekte Bilanzierung nach GHG-Protocol.

Nun ist das Jahr 2020 ein bedeutendes Jahr für die Messe München mit einem verstärkten Fokus auf Nachhaltigkeit und Umwelt. Welchen Stellenwert haben in diesem Zusammenhang die IFAT Messe, die mittlerweile nicht nur am Heimatstandort München stattfindet, sondern auch in Indien, China, der Türkei und Afrika? Was lernt die Messe selbst dabei?
Die IFAT Messen geben mit ihren effizienten Lösungen für den Umgang mit Rohstoffen wie Wasser, Recycling und Sekundärrohstoffen eine umfangreiche sowie innovative Antwort auf die Herausforderungen einer nachhaltigeren Zukunft. Der Austausch über den schonenden Umgang mit Natur, Ressourcen und Umwelt soll dabei langfristig die Lebens- und Umweltqualität der Gesellschaft stärken und diese für essenzielle zukunftsrelevante Themen sensibilisieren. Im Fokus stehen dabei unter anderem Trink- und Abwasserversorgung, Abfall- und Rohstoffwirtschaft, Schadstoffmanagement, nachhaltiger Straßenbau sowie das Nutzen von Sekundärrohstoffen. Was wir als Messeveranstalter von den IFAT Messen lernen, ist, wie wichtig es tatsächlich ist, einen interdisziplinären Austausch weltweit über den Umgang mit unserer Natur und unseren Ressourcen zu fördern. Denn diese Herausforderung können wir nicht alleine meistern, das schaffen wir nur gemeinsam, Hand in Hand mit unseren Partnern und unseren Beteiligungen im Ausland.

Neben der IFAT ist die Messe München nicht nur nachhaltiger Veranstalter, vielmehr wurde die Messe München als Veranstaltungsort von Anfang an nachhaltig geplant. Welche Planungen gab es im Vorhinein? Welche Aspekte wurden bei dem Bau der Gebäude und Räumlichkeiten berücksichtigt? (Solardach etc.)
Geländeplan der Messe München ©Messe MünchenIn der Tat verstehen wir uns als Messe München nicht nur als internationale Plattform, um wichtige Zukunftsthemen wie Nachhaltigkeit und Umweltschutz in den Fokus zu rücken. Wir verstehen uns als Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit mit Vorbildfunktion. 220.000 Quadratmeter Grünflächen, rund 2.500 Bäume, begrünte Hallen-Außenwände und 35.000 Quadratmeter Dachbegrünung – unser Messegelände ist wortwörtlich „grün". Einige unserer Maßnahmen für den nachhaltigen Betrieb der Messe München, die wir darüber hinaus als besonders wichtig erachten, ist zum Beispiel die Förderung der Elektromobilität.

Wir achteten auch schon bei der Planung unseres Messegeländes in Riem auf einen nachhaltigen Betrieb unseres Messegeländes. Die Photovoltaik-Anlage auf den Dächern unserer Messehallen unterstützt die Stromversorgung auf dem gesamten Messegelände. Sie gehört zu den weltweit größten Photovoltaik-Dachanlagen und ist die bislang einzige, die auf einem Messegelände installiert wurde. Durch die Nutzung von Sonnenenergie können wir jedes Jahr den Ausstoß von rund 1.600 Tonnen Kohlendioxid vermeiden, der bei der Stromerzeugung aus fossilen Brennstoffen entstehen würde.

Unsere neuen Hallen C5 und C6 sowie das neue Messe München Conference Center Nord werden zusätzlich ausschließlich über Fernwärme geheizt, die aus Geothermie gewonnen wird. Diese fördert die Messe München, indem unsere Kunden und Gäste auf unserem Messegelände komfortabel und kostenlos Strom tanken – mit Ökostrom aus der messeeigenen Photovoltaik-Anlage. 50 Ladestationen und eine Schnellladestation („Supercharger") verteilt auf dem gesamten Gelände. Damit bekräftigen wir unser Engagement für Umweltschutz und Nachhaltigkeit im Rahmen unserer Corporate Social Responsibility.

Nun ist die Messe München als Gebäudekomplex und Veranstaltungsort das Eine. Wie sehen Ökologie und Nachhaltigkeit aber im laufenden Betrieb bei der Messe München beispielsweise in der Verwaltung oder aber der Müllentsorgung bei Eigen- oder Gastveranstaltungen aus? Was geschieht mit den „Müll-Rohstoffen"? Können Sie den Veranstaltern/Ausstellern Vorgaben machen?
Unsere Branche ist auf Veranstaltungen fokussiert, die nur wenige Tage dauern. Wir arbeiten unter erheblichem Zeitdruck, setzen kurzfristig sehr viel Material ein, das im Anschluss wieder entsorgt werden muss. Die Herausforderungen an unsere Branche sind sicherlich hoch. Umso mehr sind wir unserer gesellschaftlichen Verantwortung und unserer Verantwortung gegenüber der Umwelt bewusst. So legt die Messe großen Wert auf eine möglichst umweltschonende Müllentsorgung via Recycling.
Gegenüber den Vorjahren soll in den nächsten Jahren schrittweise der Anteil an der stofflichen Verwertung, das heißt der wiederverwertbaren Müllentsorgung gegenüber einer thermischen Verwertung (Müllverbrennung) ansteigen. Zudem lagert die Messe ihren Müll an regionale Experten und Verwertungsanlagen aus, um eine möglichst umweltschonende Entsorgung zu gewährleisten. Viele Standbauer, wie beispielsweise auf der IFAT, Weltleitmesse für Wasser-, Abwasser-, Abfall- und Rohstoffwirtschaft, verwenden bereits recycelbare Standteile, um diese zu einem späteren Zeitpunkt wiederverwenden zu können und das Müllaufkommen zu reduzieren.
Außerdem übernehmen wir für die Aussteller die professionelle Mülltrennung durch erfahrene Entsorgungspartner.
In ihren Code of Conduct haben Weltleitmessen, wie die IFAT oder die Outdoor, Europas größte Outdoor Messe, zudem genaue Richtlinien für den Standbau definiert. Ein klimaschonender Standbau, eine umweltfreundliche Infrastruktur, nachhaltige Werbemittel oder Partnerschaften mit nachhaltigen Partnern sind an dieser Stelle beispielsweise zentrale Punkte.
Wie sehen die weiteren ökologischen Ziele der Messe München für die kommenden Jahre aus? Wie will sich die Messe in Zukunft zum Thema Nachhaltigkeit positionieren? Was soll konkret geschehen?
Unsere Branche kennt ihre Verantwortung. Umweltverträglichkeit in der Messewirtschaft wurde erstmals in den frühen 1990er-Jahren ein zentrales Branchenthema. Abfallvermeidung, Energieeffizienz oder wasserarmes und ressourcenschonendes Wirtschaften werden seitdem sowohl auf der Veranstalter- als auch auf der Aussteller- und Besucherseite und von unseren Service-Unternehmen angestrebt. Und auch künftig wird es das Ziel der Messe München sein, konkrete strategische Schritte zu ergreifen und die Nachhaltigkeit als Prozess zu begreifen, um stetig unsere Maßnahmen weiterzuentwickeln und zu überprüfen. Dies wird unter Beteiligung sowohl unserer Partner, als auch unserer Mitarbeiter geschehen.
Herr Dittrich wir danken für das Gespräch.
Klaus Dittrich ist seit 2010 Vorsitzender der Geschäftsführung der Messe München GmbH. Er ist in dieser Funktion auch für die Gesamtleitung und Koordination des Konzerns Messe München zuständig. Darüber hinaus verantwortet er diverse internationale Messen. Intern ist er u.a. für die Zentralbereiche Unternehmensstrategie und Personal, den Geschäftsbereich Digital sowie die Abteilungen Unternehmensmarketing und Unternehmens-PR verantwortlich. Klaus Dittrich ist außerdem Mitglied der Geschäftsführung der Gesellschaft für Handwerksmessen (GHM).

Wirtschaft | Green Events, 14.02.2020

     
        
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