Biokraftstoffboom trägt zu Klimakrise und Artenverlust bei
Warnung von NGOs
Studie zeigt vermehrte Nachfrage nach Palm- und Sojaöl / Anbau gefährdet Ökosysteme und trägt zur Klimakrise bei / Verwendung von Anbau-Biokraftstoffen muss so schnell wie möglich eingestellt werden / Deutsche Umwelthilfe und Rainforest Foundation Norway fordern Bundesregierung auf, bei Umsetzung der Erneuerbaren-Energien-Richtlinie die Nutzung von Anbau-Kraftstoffen zu beenden
Der Anbau von Biomasse zur Verwendung als Biokraftstoff geht oft mit Entwaldung und degradierten Böden einher. Daher sind Biokraftstoffe bis zu dreimal klimaschädlicher als fossile Treibstoffe. Dennoch ist ein wahrer Biokraftstoffboom zu verzeichnen. Sieben Millionen Hektar Wald, das entspricht der Fläche Bayerns, könnten durch den Verbrauch von Biokraftstoffen bis 2030 zusätzlich gerodet werden. Dies würde zu zusätzlichen CO2-Emissionen von 11,5 Milliarden Tonnen führen, das ist in etwa so viel wie die jährlichen Emissionen Chinas aus fossilen Energieträgern. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie „Öl ins Feuer: Die Auswirkungen des Biokraftstoffbooms auf unseren Planeten", die heute von der Rainforest Foundation Norway und der Deutschen Umwelthilfe (DUH) vorgestellt wurde.
„Die Studie zeigt klar und deutlich auf, dass Biokraftstoffe aus Anbau-Biomasse eben keine Alternative zu fossilen Brennstoffen darstellen. Ganz im Gegenteil: Die Folge der Nutzung von Biokraftstoffen ist ein deutlicher Netto-Emissionsanstieg von Treibhausgasen anstatt einer Reduktion. Damit befeuert man die Klimakrise nur noch zusätzlich. Wenn wir Klimaschutz ernst nehmen und den Verlust der Biodiversität stoppen wollen, muss der Einsatz konventioneller Biokraftstoffe so schnell wie möglich beendet werden. Die Umsetzung der europäischen Richtlinie zum Einsatz erneuerbarer Energien in deutsches Recht bietet dazu eine aktuelle Gelegenheit", kommentiert Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH.
90 Prozent des globalen Anstiegs der Nachfrage nach Pflanzenölen seit 2015 entfällt auf Biokraftstoffe, so ein weiteres Ergebnis der Studie. Anahita Yousefi von der Rainforest Foundation Norway macht deshalb deutlich: „Die Welt befindet sich in einer doppelten ökologischen Krise, nämlich der Klimakrise und dem Verlust der biologischen Vielfalt. Biokraftstoffe wurden von den politischen Entscheidungsträgern lange als Lösung gefördert. Doch wie unser Bericht zeigt, verursacht die Verwendung von Pflanzen wie Soja- und Palmöl für Biokraftstoffe massive Abholzungen der Tropenwälder und die Zerstörung von Torf und verstärkt damit Klimagasemissionen sowie den Verlust von Artenvielfalt."
Auch Biokraftstoffe aus heimischen Pflanzenölen wie Rapsöl führen erwiesenermaßen im Vergleich zu fossilen Kraftstoffen zu mehr klimaschädlichen Emissionen und können daher keinen Beitrag zum Klimaschutz im Verkehrssektor leisten. Angesichts der insgesamt ernüchternden Bilanz der bisherigen Biokraftstoffpolitik fordert die DUH einen grundlegenden Kurswechsel.
„Die EU will noch weitere 10 Jahre Palmöl im Biodiesel erlauben und den Einsatz anderer Agrarrohstoffe wie Soja- und Rapsöl gar nicht abbauen. Das können wir uns angesichts der dramatischen Folgen dieser Fehlentwicklung einfach nicht leisten. Völlig abstrus ist die Idee, für Biokraftstoffe auch noch hohe verpflichtende Mindestquoten im Flugverkehr einzuführen – so wie es jetzt offenbar von einzelnen Mitgliedstaaten gefordert wird. Die Bundesumweltministerin muss hier im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft entschlossen gegensteuern", betont Dorothee Saar, Leiterin Verkehr und Luftreinhaltung bei der DUH. Auch die Verwendung sogenannter Reststoffe als Kraftstoff sieht die DUH kritisch und verlangt eine umfassende Biomasse-Strategie zur Erhebung realistischer Mengenpotentiale biogener Reststoffe sowie deren effizienter Verwendung.
Links:
Hier finden Sie die „Studie Öl ins Feuer: Die Auswirkungen des Biokraftstoffbooms auf unseren Planeten" und das Positionspapier Biokraftstoffe.
Technik | Energie, 09.03.2020
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