Mobilitätslösungen des AIT im Dienst der COVID-19-Bekämpfung

Mobilitätsforscher*innen des AIT verfügen über bewährte Lösungen, die nun helfen können, die mobile Betreuung von Menschen in Quarantäne oder die Kontrolle der Anti-Corona-Maßnahmen zu optimieren.

Optimierung der Betreuung von Menschen in Quarantäne und Anti-Corona-Maßnahmen // Verringerung der Kontaktzeiten zwischen Personen in Verkehrseinrichtungen und Geschäften // AIT Mobilitätsforschung

Mobilitätsforscher*innen des AIT verfügen über bewährte Lösungen, die nun helfen können, die mobile Betreuung von Menschen in Quarantäne oder die Kontrolle der Anti-Corona-Maßnahmen zu optimieren. Die Methoden ermöglichen es auch, die Kontaktzeit zwischen Personen im öffentlichen Raum oder in Supermärkten zu verringern.

© DarkoStojanovic, pixabay.comDie Bewältigung der Corona-Krise stellt Einsatzkräfte vor große Herausforderungen. Mit begrenzten Ressourcen müssen sehr viel mehr Aufgaben bewältigt werden - und die Herausforderungen können sich sehr schnell ändern. Das macht zum Beispiel die Planung des Besuchs von mobilen Ärzteteams bei Patienten, der häuslichen Pflege und der Versorgung von hilfsbedürftigen Personen in Heimquarantäne zu einer echten Herausforderung. Wegen der steigenden Fallzahlen ist das händisch kaum mehr zu bewältigen. Mobilitätsforscher des AIT Austrian Institute of Technology können die Einsatzkräfte mit bewährten Technologien unterstützen: Ein Tourenplanungssystem, das seit Jahren z.B. in der Paket-Logistik eingesetzt wird, erlaubt es, lange Umwege oder einen ungünstigen Routenverlauf weitestgehend zu vermeiden und die Versorgung pro Zeiteinheit (z.B. Covid-19 Probeentnahmen pro Zeiteinheit) zu maximieren. Dieses System kann Versorgungsteams den Bedarfsträgern (z.B. Patienten) zuteilen, die optimale Reihenfolge und Routen der Fahrten berechnen und eine wahrscheinliche Ankunftszeit ermitteln. Jederzeit können dabei aktuelle Erfordernisse (z.B. ein neuer Verdachtsfall) in die Planung integriert werden. Überdies erhalten alle Beteiligten genaue Informationen, sodass lange Wartezeiten und wiederholte Anrufe bei den - ohnehin überlasteten - Corona-Hotlines vermieden werden.

Logistik-Unterstützung von Einsatzkräften und Versorgungsteams
Ähnliche Systeme sind auch für die Polizei interessant. Damit die Exekutive zur Kontrolle der Ausgangsbeschränkungen größtmögliche Präsenz im öffentlichen Raum zeigen kann, müssen die Touren im Streifendienst effizient geplant werden. Das Ziel ist es, die Umlaufzeiten der Fahrzeuge zu minimieren und die Frequenz vor Ort zu maximieren. Dieser komplexen Aufgabe ist ein am AIT entwickeltes System gewachsen, das bisher unter anderem für Planungen im Winterdienst der ASFINAG verwendet wurde. Nach einer Definition der zu kontrollierenden Straßen/Gassen/Plätze berechnet das System die kürzeste (schnellste) Tour, bei der jeder Abschnitt mindestens einmal besucht wird. Dabei wird berücksichtigt, dass nicht jeder Straßenabschnitt tatsächlich abgefahren werden muss, da eine Kontrolle durch Sichtverbindung ausreichend sein kann (z.B. Quergassen). Zusätzlich ermittelt das System, wie viele Fahrzeuge mindestens notwendig sind, um eine gewisse Präsenz (z.B. zweimal pro Stunde) zu erreichen.

Einhalten des Mindestabstands
Ein weiteres wichtiges Thema, bei dem Mobilitätslösungen des AIT helfen können, ist die Einhaltung des Mindestabstandes von einem Meter zwischen Personen im öffentlichen Raum oder im Handel. Das ist gerade in den nächsten Wochen entscheidend, wenn die bisherigen Beschränkungen nach und nach gelockert werden. Die Basis dafür ist die Lösung SIMULATE, die Personenströme in konkreten Umgebungen simuliert. Dabei ist es möglich, bauliche oder organisatorische Maßnahmen zur Lenkung von Fußgängerbewegungen zu analysieren. So fand man beispielsweise eine Lösung, um im Schloss Schönbrunn Besucherstaus in bestimmten Räumen (etwa im Schlafzimmer von Kaiser Franz Joseph) zu vermeiden. Mit dem Softwaretool SIMULATE können aber genauso Maßnahmen z.B. in U-Bahn-Stationen evaluiert werden, um die Einhaltung eines Mindestabstandes von einem Meter sicher zu stellen. Durch geschickte Leitung der Personen bei den Zugängen zu Bahnsteigen, der Richtung, in die sich Rolltreppen bewegen, oder der Vorgabe von Gehwegen beim Umsteigen lassen sich die Kontaktzeiten zwischen Fahrgästen (die Zeit, in der sich Personen näher als einen Meter kommen) stark reduzieren. Im Fall eines Umsteigknotens zwischen zwei U-Bahn-Linien wurde mit SIMULATE abgeschätzt, dass sich die durchschnittliche Kontaktzeit von zuvor 50 Sekunden auf unter fünf Sekunden reduzieren lässt. Und das, ohne Umsteigzeiten oder Aufenthaltszeiten in der mittels Simulation untersuchten Station zu verlängern.

 
Verringerung der Kontaktzeiten zwischen Personen im öffentlichen Raum oder in Supermärkten
Hoch relevant sind solche Simulationen auch in Supermärkten und anderen Geschäften. Auch dort gibt es zahlreiche Möglichkeiten, Personenströme zu lenken, um die Kontaktzeit zwischen Kunden zu minimieren. Die Kundenfrequenz beispielsweise kann durch die Zahl der zur Verfügung stehenden Einkaufswagen und -körbe reguliert werden - wer kein Wagerl hat, muss außerhalb des Geschäfts warten, bis eines frei wird. Einbahnen und Absperrungen lassen sich durch Bänder, wie man sie etwa in Wartebereichen auf Flughäfen kennt, realisieren. In einer Simulation von Kundenströmen in einem Supermarkt mit SIMULATE wurde angenommen, dass die Kundenfrequenz halbiert wird und im Geschäft ein Einbahnsystem gilt - bei unveränderter Aufenthaltszeit der Kunden vor den Regalen. Der Status Quo ohne diese Maßnahmen war, dass praktisch kein Kunde weniger als drei Minuten Kontakt (unter ein Meter Abstand) mit anderen Kunden hatte. Bei Umsetzung der Maßnahmen reduzierte sich die Kotaktzeit drastisch: Fast zwei Drittel der Kunden hatten dann weniger als zehn Sekunden Kontakt mit anderen, und 90 Prozent der Kunden weniger als 30 Sekunden.

Kontakt:
AIT Austrian Institute of Technology GmbH, Florian Hainz | florian.hainz@ait.ac.at | www.ait.ac.at

Technik | Mobilität & Transport, 15.04.2020

     
        
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