Naturwaldzerstörung in Rumänien
Umweltorganisationen leiten weitere rechtliche Schritte gegen rumänische Behörden ein
In einer neuen Beschwerde an die Europäische Kommission enthüllen die Umweltorganisationen EuroNatur, Agent Green und ClientEarth das katastrophale Ausmaß der illegalen Abholzungen von Ur- und Naturwäldern in rumänischen Schutzgebieten.
Am 22. April haben die Organisationen eine Beschwerde gegen die unzulängliche Forstverwaltung in Rumänien eingereicht. Darin geht es um die Untätigkeit der rumänischen Regierung, den großflächigen Abholzungen und Kahlschlägen von Ur- und Naturwäldern in Schutzgebieten entgegenzuwirken. Diese Waldzerstörung führt zum unumkehrbaren Verlust einzigartiger Lebensräume und Arten.
Rumänien beherbergt zwei Drittel der Ur- und Naturwälder, die es heute noch in der gemäßigten Klimazone der EU gibt. Diese kostbaren Ökosysteme sind Teil des europäischen Schutzgebietsnetzwerks Natura 2000, werden aber dennoch durch großflächige Abholzungen systematisch zerstört.
"Diese Fällungen wurden von der rumänischen Forstbehörde Romsilva genehmigt oder sogar durchgeführt. Die Folge sind massive Verschlechterungen des Erhaltungszustands von Lebensräumen und Arten, die nach den EU-Naturschutzrichtlinien geschützt sind. Unverändert bedrohen die Abholzungen einzigartige Ökosysteme und stellen daher eine eklatante Verletzung von EU-Recht dar", erklärt Ewelina Tylec-Bakalarz, Anwältin für Naturschutzrecht bei ClientEarth.
Diese rechtlichen Schritte folgen zwei vorangegangenen Beschwerden, welche die Europäische Kommission veranlassten, ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die rumänischen Behörden einzuleiten. Gegenstand dieses Verfahrens sind die systemischen und dauerhaften Versäumnisse, Europas letzte Ur- und Naturwälder zu schützen.
"Unsere jetzige Beschwerde liefert der Europäischen Kommission neue Beweise, dass die illegalen Abholzungen eine schwere Umweltkrise darstellen, die viele Schutzgebiete in Rumänien betrifft. Wir hoffen, dass die Kommission dadurch schneller aktiv wird. Jetzt haben wir die letzte Chance, Maßnahmen zu ergreifen, bevor die Schäden an diesen herausragenden Ökosystemen irreversibel werden", betont Gabriel Schwaderer, Geschäftsführer von EuroNatur.
Das von den Umweltschutzorganisationen zusammengetragene Beweismaterial bringt die verheerenden Auswirkungen der Abholzungen in geschützten Wäldern Rumäniens ans Licht. In den Natura 2000-Gebieten Fagaras und Domogled zeigt der Großteil der untersuchten Lebensräume schwere Schädigungen. Im Natura 2000-Gebiet Maramures haben die Wissenschaftler mehr als 10.000 Hektar Kahlschläge festgestellt.
"Ganze Gebirgszüge wurden ihrer Waldlebensräume und all der darin lebenden Tierarten vollständig beraubt. Wir benötigen ein schnelles Eingreifen der Europäischen Kommission, damit Rumänien endlich beginnt, die Naturschutzrichtlinien richtig umzusetzen", appelliert Veronica Tulpan von Agent Green.
Ewelina Tylec-Bakalarz zieht Resümee: "Die Lage der rumänischen Wälder ist düster, aber das Verfahren, das zum Schutz des Bialowieza-Waldes in Polen geführt wurde, gibt uns Hoffnung. Es zeigt, wie wirksam das europäische Recht die Naturwunder des Kontinents schützen kann."
Hintergrundinformationen:
Das PRIMOFARO-Register (Primary and Old Growth Forest Areas of Romania), eine von EuroNatur und Agent Green durchgeführte Analyse, zeigt das rapide Voranschreiten der Waldzerstörung.
In Rumänien gibt es noch mehr als 525.000 Hektar potentielle Ur- und Naturwälder, mehr als in jedem anderen EU-Land außerhalb Skandinaviens.
Etwa 300.000 Hektar dieser wertvollen Wälder sind Teil des Natura 2000-Netzwerks in Rumänien. Viele geschützte Tierarten hängen von ihnen ab - von großen Beutegreifern über Schwarzstörche, Eulen, Spechte und Fledermäusen bis hin zu Käfern.
Trotz der Bemühungen der rumänischen Zivilgesellschaft, die illegalen Fällungen zu stoppen, hat sich die Situation in Rumänien weiter verschlechtert. Die offizielle Forstinventur zeigt, dass zusätzlich zu den 18 Millionen m³ legal geernteten Holzes zwischen 2009 und 2013 weitere 8,8 Mio. m³/Jahr entnommen wurden. Die illegale Entnahme hat sich zwischen 2014 und 2018 auf 20,6 Mio. m³/Jahr gesteigert.
Die Kampagne "SaveParadiseForests" dient dem Schutz der wertvollsten alten Wälder in den Karpaten, insbesondere in Rumänien. Sie wird von den Naturschutzorganisationen EuroNatur (Deutschland) und Agent Green (Rumänien) gemeinsam koordiniert und durchgeführt.
EuroNatur ist eine Naturschutzstiftung mit Sitz in Radolfzell. Unsere Bemühungen für ein Europa mit frei fließenden Flüssen, alten Wäldern und einer reichen Vielfalt an Kulturlandschaften sind grenzüberschreitend; wir stärken lokale Naturschutzorganisationen und schaffen internationale Netzwerke zwischen ihnen. Zusammen mit unserem europaweiten Partnernetzwerk schaffen wir Lösungen, die es Menschen ermöglichen, im Einklang mit der Natur zu leben und zu arbeiten. Unser Ziel ist ein starkes Netzwerk, das sich dem Schutz unseres europäischen Naturerbes verschrieben hat.
Agent Green ist eine gemeinnützige NGO für Umwelt- und Artenschutz, die 2009 in Rumänien gegründet wurde. Agent Green wurde zum Schutz des Retezat-Gebirges, einer der letzten intakten Waldlandschaften im gemäßigten Klima Europas, gegründet. Die rumänische Organisation führt investigative Untersuchungen durch; zudem entwickelt sie wissenschaftliche Ansätze, strategische Kooperationen und wirksame Kampagnen, die darauf abzielen, einen positiven und dauerhaften Wandel für die Natur Rumäniens herbeizuführen.
ClientEarth ist eine gemeinnützige Organisation, die sich der Macht des Gesetzes bedient, um Menschen und den Planeten zu schützen. Wir sind internationale Anwälte auf der Suche nach praktischen Lösungen für die größten Umweltprobleme der Welt. Wir arbeiten gegen den Klimawandel, schützen Wildtiere, Wälder und Meere, setzen uns für saubere Energie und verantwortungsbewusstes Wirtschaften ein und drängen auf staatliche Transparenz. Wir sehen das Recht als Werkzeug für positive Veränderungen. Von unseren Büros in Brüssel, London, Warschau, Berlin, Madrid und Peking aus arbeiten wir an den Gesetzen vom ersten Entwurf bis zur Umsetzung. Und wenn diese Gesetze gebrochen werden, ziehen wir von Gericht.
Umwelt | Naturschutz, 22.04.2020
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