Gemeinde Mals streitet für eine Landwirtschaft ohne Pestizide
Südtiroler Gemeinde setzt sich seit sechs Jahren für ein Pestizidverbot ein
Das "Wunder von Mals" ist bereits 2018 verfilmt worden - forum Nachhaltig Wirtschaften war bei der Premiere dabei. |
Ganz Europa versprüht industriell hergestellte Pestizide auf den Äckern, Wiesen und Obstplantagen. Ganz Europa? Nein! Ein kleines Dorf im Vinschgau hört nicht auf, Widerstand gegen den massiven Einsatz von Glyphosat und anderen Pestiziden zu leisten. Für den Mut und die Beharrlichkeit vieler Menschen in Mals wird die Südtiroler Gemeinde am 8. Oktober mit dem EuroNatur-Preis 2020 ausgezeichnet.
Südtirol ist das größte Anbaugebiet für Äpfel in Europa, etwa jeder zehnte Apfel wird in den Tälern um die Dolomiten geerntet. Der intensive Anbau geht mit einem extrem hohen Einsatz von Pestiziden einher. In Apfelplantagen wird - anders als auf Getreideäckern - nicht nur der Boden chemisch behandelt, die Bäume werden auch noch in bis zu zwei Metern Höhe gespritzt. Die Abdrift stellt bei dieser Spritzmethode ein erhebliches Problem dar, weil die feinen Pestizidtropfen vom Wind überall hin, auch bis in die Wohngebiete, verweht werden.
Viele Malser Bürgerinnen und Bürger wollen dies nicht länger hinnehmen und initiierten bereits 2014 eine Volksabstimmung. 76 Prozent der Malserinnen und Malser entschieden sich für eine Zukunft ohne Pestizide. Das restliche Viertel akzeptierte jedoch den Ausgang des Plebiszits nicht und konnte durch juristische Klagen bis heute eine Umsetzung des Pestizidverbots erreichen. Doch das ist nicht das Ende der Geschichte: Die Gemeinde Mals ist weiter aktiv bestrebt, den Wunsch der Mehrheit ihrer Bürgerinnen und Bürger Wirklichkeit werden zu lassen.
"Der weit verbreitete Einsatz von Pestiziden in der Obstanbauregion des Vinschgaus gefährdet die Gesundheit der Menschen. Zugleich führt er zum Aussterben ganzer Insektenpopulationen in der Region. Dass sich der Großteil der Gemeinde Mals so beharrlich gegen die Vergiftung ihrer Umwelt stellt und sich so für eine andere, biodiversitätsfreundliche Landwirtschaft einsetzt, sollte Vorbildcharakter für alle Kommunen in Europa haben", begründet EuroNatur-Präsident Thomas Potthast die diesjährige Entscheidung für die Vergabe des EuroNatur-Preises.
Hintergrundinformationen:
EuroNatur-Preis: Frühere Preisträger sind u.a. Dr. Mario F. Broggi, Jonathan Franzen, Dr. Luc Hoffmann, Gudrun Steinacker und die "mutigen Frauen von Kruscica". Erst zum zweiten Mal erhält eine Gemeinde die Auszeichnung. Der EuroNatur-Preis ist undotiert. Mit ihm werden herausragende Leistungen für den Naturschutz, der Menschen und Natur verbindet, gewürdigt. Der EuroNatur-Preis 2020 soll am Donnerstag, 8. Oktober 2020 um 17 Uhr auf der Bodenseeinsel Mainau verliehen werden. Eine abschließende Entscheidung hängt vom weiteren Verlauf der Covid-19-Pandemie ab.
EuroNatur ist eine gemeinnützige, international tätige Naturschutzstiftung mit Sitz in Radolfzell am Bodensee. Ziel ist der grenzübergreifende Erhalt wertvoller europäischer Natur- und Kulturlandschaften mitsamt ihrer Artenvielfalt. Hauptbestandteil der Arbeit von EuroNatur ist es, Menschen und Natur zu verbinden - die Grundlage, um einen langfristigen Erfolg der Projekte zum Schutz von Wildtieren wie Wölfen, Bären, Luchsen, Zugvögeln und ihren Lebensräumen zu erreichen. Sie finden uns im Internet unter www.euronatur.org und auch auf Facebook, Twitter, Instagram und YouTube.
Lifestyle | Essen & Trinken, 22.07.2020
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