Weltbank-Jahrestagung: Bank investiert seit Pariser Klimaabkommen über 10,5 Milliarden Dollar in Fossile
Laufende fossile Investments heizen die Welt um mehr als 1,5 Grad Celsius auf
Während die Weltbank ihr Jahrestreffen virtuell durchführt, kritisieren zivilgesellschaftliche Gruppen die laufenden Investitionen der Bank in die fossile Industrie. Untersuchungen der Umwelt- und Menschenrechtsorganisation urgewald zeigen, dass die Weltbankgruppe seit dem Pariser Abkommen von 2015 mit über 12 Milliarden US-Dollar in fossile Brennstoffe investiert ist, 10,5 Milliarden US-Dollar davon waren neue direkte Projektfinanzierungen für fossile Brennstoffe.
Um die eskalierende Klimakrise zu stoppen, braucht die Welt einen schnellen und gerechten Übergang von fossilen Brennstoffen zu erneuerbaren Energien. Daten zeigen, dass die Energiewende viel zu langsam verläuft. Forscher*innen mehrerer Expertenorganisationen, darunter das Umweltprogramm der Vereinten Nationen, haben festgestellt, dass die Welt derzeit auf dem Weg ist bis 2030 120 Prozent mehr fossile Brennstoffe zu erschließen, als mit einem 1,5 °C-Pfad kompatibel ist. [1] Das Ziel des Pariser Klimaabkommens wird somit verfehlt. Laut der Wochenzeitung Economist müssen die jährlichen Investitionen in Wind- und Solarenergie rund 750 Milliarden US-Dollar erreichen, dreimal so viel wie derzeit investiert wird. [2]
Einfach ausgedrückt, es wird viel zu viel in die Produktion fossiler Brennstoffe investiert und nicht genug in erneuerbare Energien. Maßnahmen, die die Energiewende verlangsamen, destabilisieren heutige Krisenregionen weiter. Die Weltbank konstatiert, dass der Klimawandel ohne dringende Maßnahmen zur Abschwächung der Folgen bis 2030 mehr als 100 Millionen Menschen in die Armut treiben wird. [3]
Die Weltbank ist ein großer Teil des Problems
Die Weltbankgruppe [4] leistet öffentliche Unterstützung für die Entwicklung auf der ganzen Welt. Gleichzeitig hat sie sich verpflichtet Ländern zu helfen die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen, und verweist häufig auf ihre Investitionen in erneuerbare Energien und andere „Klimafinanzierungen". Seit der Verabschiedung
des Pariser Klimaabkommens im Dezember 2015 hat die Weltbankgruppe jedoch Folgendes finanziert (siehe Tabellen 1 und 2 unten):
- Neue Direktfinanzierung für fossile Brennstoffe in Höhe von 10,5 Mrd. US-Dollar in 30 Ländern (neue Kredite, Garantien, Eigenkapital).
- Zusätzlich 200 Millionen US-Dollar an technischer Hilfe in 11 Ländern zielt darauf ab, bestimmte große Projekte für fossile Brennstoffe voranzutreiben und/oder zukünftige Investitionen in fossile Brennstoffe zu erhöhen - einschließlich Finanzierungsberatern, um Marktinvestitionen in Brasiliens vorgelagerte Öl- und Gasressourcen zu unterstützen. [5] Brasilien ist der neuntgrößte Ölproduzent der Welt und verzeichnete 2019 eine rekordverdächtige Ölproduktion.
- Außerdem verbleiben 1,4 Mrd. US-Dollar an vorhandenem Eigenkapital für den Betrieb fossiler Brennstoffe. Bis zur Veräußerung bietet das Eigenkapital der Bank weiterhin finanzielle Vorteile für den Betrieb fossiler Brennstoffe, z.B. die Senkung der Kreditkosten für Erweiterungen oder die Erschließung neuer Öl-/Gasfelder. Die Weltbankgruppe erhält weiterhin Dividenden und Kapitalgewinne (oder -verluste) aus ihrem Eigenkapital in diesen Geschäftsbereichen.
- Insgesamt hat die Weltbankgruppe seit dem Pariser Klimaabkommen mindestens 12,1 Mrd. US-Dollar an öffentlicher Unterstützung geleistet, um 38 Länder stärker von fossilen Brennstoffen abhängig zu machen. Darüber hinaus fließen durch verschiedene Tätigkeiten der Weltbankgruppe und indirekte Finanzierung weitere Milliarden in fossile Brennstoffe (siehe Tabelle 1).
- 4 Mrd. US-Dollar oder 35% der fossilen Investitionen der Weltbankgruppe gingen an acht G20-Länder.
- 1,4 Milliarden US-Dollar flossen in mindestens 17 Ländern in die Ausweitung der Suche und Erschließung von Öl- und Gasreserven - darunter vier der 15 größten Ölproduzenten der Welt.
- 2,3 Milliarden US-Dollar flossen in Öl- und Gasexporte und 650 Millionen US- Dollar in sechs Ölraffinerien.
- Weitere Milliarden fließen durch Tätigkeiten der Weltbankgruppe in fossile Brennstoffe, die sowohl fossile als auch erneuerbare Energien finanzieren (> 3 Milliarden US-Dollar seit dem Pariser Abkommen); Investitionen über Finanzintermediäre (z. B. Geschäftsbanken); und die Bank stellt jährlich 8 bis über 10 Milliarden US-Dollar an Budgethilfe bereit, die die Regierungen für jede Art von Infrastruktur oder den Kauf von Strom bzw. Brennstoffen mit Ausnahme der Kernenergie frei ausgeben können.
„Die Milliarden an öffentlicher Unterstützung der Weltbank verzerren den Markt zugunsten fossiler Brennstoffe gegenüber erneuerbaren Energien, was die Energiewende verlangsamt. Anstatt eine gerechte Energiewende zu schaffen, macht die Weltbank stärker abhängig von fossiler Energie", sagt Heike Mainhardt, Senior Advisor für multilaterale Entwicklungsbanken bei urgewald.
„Anstatt eine gerechte Energiewende zu unterstützen, trägt die Weltbank dazu bei, die Produktion fossiler Brennstoffe in G20-Ländern, die bereits Spitzenproduzenten sind, wie Brasilien und Mexiko, auszubauen. Gleichzeitig ebnet die Bank den Weg für die Schaffung neuer Petrostaaten in Schwellenländern wie Mosambik ", fügt Ute Koczy, Finanz-Campaignerin bei urgewald, hinzu.
Keine Zeit mehr für Kohle, Öl und Gas
Der Welt läuft die Zeit davon, eine sich verschärfende Klimakrise abzuwenden. Jeder öffentliche Dollar, den die Weltbank in fossile Brennstoffe investiert, drängt die Welt immer weiter davon ab, die globale Erwärmung auf 1,5°C zu begrenzen. Die Weltbank muss sich jetzt von allen fossilen Brennstoffen verabschieden. Die öffentliche Unterstützung der Bank sollte nur dazu verwendet werden, die Länder bei einer gerechten Energiewende zu unterstützen. Anstatt die Länder in Abhängigkeit von der fossilen Industrie zu bringen, sollte die Bank die Berufsausbildung für Arbeitnehmer finanzieren, um diese Industrien zu verlassen.
Notizen:
[1] SEI, IISD, ODI, Climate Analytics, CICERO, and UNEP. (2019). The Production Gap: The discrepancy between countries’ planned fossil fuel production and global production levels consistent with limiting warming to 1.5°C or 2°C.
[2] The Economist. (2020). Is it the end of the oil age? September 17, 2020.
[4] Die Weltbankgruppe umfasst die Internationale Entwicklungsorganisation (IDA), Internationale Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (IBRD), Internationale Finanz-Corporation (IFC) und die Multilaterale Investitions-Garantie-Agentur (MIGA).
[5] Im Rahmen des Projekts II zur Stärkung der Energie- und Mineralienbranche der Weltbank finanzierte die Bank 2018 Berater, die „die langfristige brasilianische Öl- und Erdgasvermarktungspolitik umsetzen" sollen. Laut den Programmdokumenten der Bank gehört es zu den Marketingbemühungen der Regierung, Investitionen in die Suche und Erschließung (upstream) ihrer „Pre-Salt" Öl- und Gasressourcen voranzutreiben, einschließlich der Abhaltung von Angebotsrunden für neue Onshore- und Offshore-Explorationsgebiete Ende 2019. Im Mai 2020 genehmigte die Weltbank weitere 38 Millionen US-Dollar für weitere Technische Hilfe.
Umwelt | Klima, 11.10.2020
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