BIOFACH 2025

Stärkung der Kontrolle und Unabhängigkeit

Transparency-Bericht zeigt erhebliche Einflussmöglichkeiten für Rüstungsunternehmen auf deutsche Sicherheits- und Verteidigungspolitik

Die internationale Antikorruptionsorganisation Transparency International hat heute einen Bericht zum Einfluss der Rüstungsindustrie in Deutschland veröffentlicht. Dieser kommt zu dem Schluss, dass Rüstungsunternehmen erheblichen Einfluss auf die deutsche Sicherheits- und Verteidigungspolitik ausüben können. Dies steht im Gegensatz zur im Grundgesetz geforderten strikten Kontrolle in diesem Bereich durch Parlament und Regierung. Zu häufig findet diese aufgrund mangelnder fachlicher und personeller Ressourcen auf Seiten der Regierung und des Parlaments nicht ausreichend statt. Dazu kommen eine unzureichende Durchsetzung gesetzlicher Regelungen sowie die mangelnde Regulierung und Transparenz von Lobbyaktivitäten.

Transparency Deutschland fordert zudem eine betragsgenaue Veröffentlichung der Nebeneinkünfte von Abgeordneten, mehr Transparenz bei der Parteienfinanzierung durch eine Absenkung der Veröffentlichungsschwellen, Transparenzregeln für Sponsoring und eine Deckelung von Zuwendungen an Parteien. © Transparency International Dazu Peter Conze, Sicherheits- und Verteidigungsexperte von Transparency Deutschland: "Bei aller Berechtigung von Geheimhaltung in diesem Politikbereich muss die größtmögliche Transparenz hergestellt werden, um die Kontrolle durch Parlament und Öffentlichkeit sicherzustellen. Wenn zudem personelle Ressourcen und fachliche Kompetenz fehlen, haben Lobbyisten leichtes Spiel."

Stärkung der Kontrolle und Unabhängigkeit
Die Berateraffäre im Bundesverteidigungsministerium hat gezeigt, wie stark der Bereich Sicherheit und Verteidigung von externer Expertise abhängig ist und beeinflusst werden kann. Eine große Rolle spielen systemische Schwächen, ungenügende Regelungen und fehlende Sanktionen, wenn Vorgaben nicht eingehalten werden. Angesichts der Tatsache, dass der Verteidigungshaushalt der zweitgrößte Etat im Bundeshaushalt ist und angesichts von politischen Vorgaben noch steigen wird, fordert Transparency Deutschland nach einer gründlichen Analyse der Schwachstellen gesetzliche Veränderungen und praktische Maßnahmen zur Verstärkung der Kontrolle.

Dafür sollte das Bundesverteidigungsministerium ein ständiges Gremium zur Überprüfung der Notwendigkeit und Angemessenheit externer Dienstleistungen einführen. Der wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestags soll verstärkt Fachwissen und Analysen bereitstellen, um die Abgeordneten bei der Überprüfung von Vorschlägen im Bereich Sicherheit und Verteidigung zu unterstützen.

Lobbyismus regulieren
Der Bericht empfiehlt eine stärkere Regulierung und Transparenz von Lobbyaktivitäten. Der Gesetzentwurf zur Einführung eines Lobbyregisters, der nächste Woche vom Bundestag beschlossen werden soll, weist hier noch Lücken auf: Mit dem "legislativen Fußabdruck" fehlt ein entscheidendes Element, um den Einfluss auf Gesetzgebungsprozesse und wichtige Beschaffungsentscheidungen offenzulegen. Ein weiterer kritischer Punkt im Gesetzentwurf sind die weitgehenden Ausnahmeregelungen von der Registrierungspflicht. Auch ein unabhängiger Lobbybeauftragter und ein einheitlicher Verhaltenskodex sind nicht vorgesehen.

Angesichts von teilweise notwendiger Geheimhaltung, hoher Vertragssummen und enger Verflechtung weniger großer Unternehmen mit der Politik ist ein starkes Lobbyregister von entscheidender Bedeutung. "Wie in allen Politikbereichen gibt es auch im Verteidigungssektor unlautere Beeinflussung von politischen Entscheidungsträgern, Interessenkonflikte, fragwürdige Nebeneinkünfte und Drehtüreffekte. Nur die Vertragssummen sind hier deutlich größer", so Peter Conze.

Transparency Deutschland fordert zudem eine betragsgenaue Veröffentlichung der Nebeneinkünfte von Abgeordneten, mehr Transparenz bei der Parteienfinanzierung durch eine Absenkung der Veröffentlichungsschwellen, Transparenzregeln für Sponsoring und eine Deckelung von Zuwendungen an Parteien. Nach prominenten Fällen von Wechseln aus der Politik in die Wirtschaft, wie der Fall des ehemaligen Bundesentwicklungsministers Dirk Niebel zum Rüstungsunternehmen Rheinmetall, hat die Bundesregierung eine 18-monatige Karenzzeit für ehemalige Regierungsmitglieder beschlossen. Um diese "Drehtüreffekte" tatsächlich zu vermeiden, ist eine längere Abkühlphase von drei Jahren dringend geboten.

Hintergrund
Der Bericht "Analyse des Einflusses der Rüstungsindustrie auf die Politik in Deutschland" wurde von Transparency International Defense and Security mit Unterstützung von Transparency Deutschland erstellt. Es wurden Strukturen, Prozesse und rechtliche Regelungen, die Transparenz und Kontrolle sicherstellen sollen, untersucht und mehr als 30 Experteninterviews geführt. Der Bericht ist Teil einer umfassenden Untersuchung des Einflusses der Rüstungsindustrie auf die Politik in mehreren europäischen Ländern.

Weiterführende Informationen
Kontakt: Transparency Deutschland, Peter Conze | presse@transparency.de | www.transparency.de

Gesellschaft | Politik, 21.10.2020

     
        
Cover des aktuellen Hefts

Pioniere der Hoffnung

forum 01/2025 erscheint am 01. Dezember 2024

  • Bodendegradation
  • ESG-Ratings
  • Nachhaltige Awards
  • Next-Gen Materialien
Weiterlesen...
Kaufen...
Abonnieren...
26
NOV
2024
Ein leuchtendes Zeichen für Demokratie und Gemeinschaft
Tollwood Winterfestival unter dem Motto "Wir braucht Dich!"
80336 München
28
NOV
2024
17. Deutscher Nachhaltigkeitstag
Transformation im Gegenwind - Verleihung des Deutschen Nachhaltigkeitspreises
40474 Düsseldorf
10
DEZ
2024
KI-PowerWorkshop
Die besten KI-Tools für Selbständige & KMU's
online
Alle Veranstaltungen...
Lassen Sie sich begeistern von einem Buch, das Hoffnung macht

Professionelle Klimabilanz, einfach selbst gemacht

Einfache Klimabilanzierung und glaubhafte Nachhaltigkeitskommunikation gemäß GHG-Protocol

Innovation

Warum ist Deutschland bei der Innovationskraft im weltweiten Vergleich zurückgefallen?
Christoph Quarch im forum-Interview
B.A.U.M. Insights

Jetzt auf forum:

Pioniere der Hoffnung

Eindämmung der Barbarei durch Kultur

Einerseits... und andererseits

Leder – ein Material mit Zukunft?

Der Gender Pay Gap in Pizzaform:

"Real Estate Social Impact Investing Award 2024"

When less equals more: the incredible potential of efficiency

Simulation beschleunigt Nachhaltigkeit in der Produktentwicklung

  • circulee GmbH
  • Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG
  • DGNB - Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen
  • Protect the Planet. Gesellschaft für ökologischen Aufbruch gGmbH
  • Global Nature Fund (GNF)
  • World Future Council. Stimme zukünftiger Generationen
  • B.A.U.M. e.V. - Netzwerk für nachhaltiges Wirtschaften
  • ECOFLOW EUROPE S.R.O.
  • Engagement Global gGmbH
  • Kärnten Standortmarketing
  • Energieagentur Rheinland-Pfalz GmbH
  • Futouris - Tourismus. Gemeinsam. Zukunftsfähig