BIOFACH 2025

Respekt, wer an die Zukunft denkt

Werden Baumärkte jetzt grün? toom Baumarkt im forum-Interview

In Zeiten von Homeoffice hatten die Baumärkte einen wahren Boom. Es wurde repariert und renoviert, was das Zeug hielt. Viele entdeckten ihren grünen Daumen und pflanzten auf Balkon und im Garten, dass es eine wahre Pracht ist.
 
Von torffreier Erde und Bienenschutz bis zu fairen Nordmanntannen in der Weihnachtszeit: toom baut das nachhaltige Produktsortiment konsequent aus. © toom/Shutterstock
 
forum Nachhaltig Wirtschaften fragte Dominique Rotondi, Geschäftsführer Einkauf und Logistik bei toom und Kai Battenberg, Fachbereichsleiter Nachhaltigkeit Ware, ob sich das Bewusstsein der Baumarkt-Kunden in Richtung Nachhaltigkeit bewegt. Und noch wichtiger: welche Rolle der Einzelhandel als Gatekeeper für die Produktauswahl spielen kann und muss.

Herr Rotondi, wie erleben Sie das Konsumentenverhalten in Bezug auf das Thema Nachhaltigkeit?
Dominique Rotondi, Geschäfts- führer Einkauf und Logistik © toomDas Bewusstsein für Nachhaltigkeit ist im gesellschaftlichen Kontext inzwischen sehr stark verankert. Fast jeder weiß heutzutage, dass es im Lebensmittelhandel, in der Drogerie und in der Modebranche viele nachhaltigere Alternativen gibt. Für uns ist besonders erfreulich, dass mittlerweile immer mehr Menschen auch bei Baumarktprodukten auf nachhaltige Aspekte achten. Für toom Baumarkt ist Nachhaltigkeit ein zentraler Bestandteil der Unternehmensstrategie. Basierend auf vier Säulen fokussieren wir uns dabei auf den konsequenten Ausbau nachhaltigerer Sortimente, den ­ressourcenschonenden Betrieb unserer Märkte, den respektvollen Umgang mit unseren Mitarbeitern und unser gesellschaft­liches Engagement.

Gerade in Bezug auf Produkte möchten wir unseren Kunden in möglichst vielen Produktgruppen nachhaltigere Alternativen anbieten. Das können Produkte sein, die besonders ressourcenschonend hergestellt sind, das Klima schützen oder weniger Plastikabfall erzeugen. Auch Produkte aus fairen Lieferketten oder wohngesunde Artikel, die das Raumklima nicht negativ belasten, spielen eine immer größere Rolle. Der respektvolle Umgang mit Umwelt, Gesellschaft und Mitarbeiter – darauf sind wir stolz.

Herr Battenberg, werden nachhaltige Produkte verstärkt nachgefragt?
Kai Battenberg, Fachbereichs­leiter Nachhaltigkeit Ware © toomDie Nachfrage nach nachhaltigeren Produkten ist da und wir unterstützen unsere Kunden auf vielfältige Weise bei einem bewussteren Lebensstil – indem wir mit Nachhaltigkeitssiegeln und -labeln Orientierung geben und mit praktischen Tipps unterstützen, wie man zuhause umweltbewusster leben kann. Unsere Klammer für nachhaltigere Eigenmarkenprodukte bei toom stellt hier das PRO PLANET-Label dar. Ein Unternehmenslabel für nachhaltigere Produkte, das von einem unabhängigen Beirat individuell für verschiedene Produkte vergeben wird und auf das sich unsere Kunden bei ihrem Einkauf verlassen können. So ist es für uns selbstverständlich, unsere Kunden neben dem Produkt auch dahingehend zu beraten, wie sie den eigenen Garten bienen- und insektenfreundlich gestalten können oder welche Wandfarbe für die eigene Gesundheit und die der Familie unbedenklich ist. Dabei haben wir auch das Preisbewusstsein unserer Kunden im Blick. Am Ende des Tages ist es uns wichtig, dass alle toom Kunden wissen: toom ist „Gut für mich. Gut für die Umwelt. Gut für mein Portemonnaie."

Der Einzelhandel ist die zentrale Schaltstelle für den Einkauf der Konsumenten. Ist sich der Handel seiner Verantwortung ausreichend bewusst?
Rotondi: Wir bei toom wissen, dass wir eine große gesellschaftliche Verantwortung tragen, um auch den nachfolgenden Generationen eine möglichst intakte Umwelt zu hinterlassen. Neben zahlreichen Maßnahmen für den Klimaschutz, der bereits bei unseren Märkten beginnt, gehört auch soziale Verantwortung dazu. Das fängt beim Vertrauen in die eigenen Mitarbeiter an. Hier setzen wir auf stetige Förderung und Weiterbildung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Als einziger Baumarkt in Deutschland sind wir nach dem audit berufundfamilie zertifiziert.

© toomBattenberg: Ebenso möchten wir als Unternehmen unserer gesellschaftlichen Verantwortung nachkommen. Wir arbeiten schon lange Jahre sehr gut und vertrauensvoll im Bereich Inklusion von Menschen mit Behinderung mit der Lebenshilfe zusammen, seit geraumer Zeit auch mit dem Kölner Verein Little Home der sich für Obdachlosenhilfe in Deutschland engagiert. Und auch in Herkunftsländern unserer Produkte engagieren wir uns sozial, zum Beispiel in Zusammenarbeit mit der dänischen Stiftung Fair Trees, die im Rahmen der Lieferkette unserer Weihnachtsbäume Projekte in Georgien durchführt.

Einen Hauptfokus unseres Engagements sehen wir darin, unsere Kunden beim nachhaltigeren Konsum zu unterstützen. So arbeiten wir ständig daran, unser Sortiment um nachhaltigere Produktalternativen zu erweitern, dabei investieren wir auch viel Zeit und Herzblut in die Kommunikation und die Sensibilisierung der Verbraucher. Wir möchten für unsere Produktpalette im Ganzen Verantwortung übernehmen, aber natürlich haben wir besonders viel Gestaltungsspielraum und Möglichkeiten bei unseren Eigenmarken.

Soziale Aspekte, Biodiversität, Klimaschutz, Gesundheit, Sicherheit müssen stimmen. Und das Produkt muss auch noch gut und preiswert sein. Wie macht das ein Unternehmen wie Ihres konkret? Wie schafft es diesen Spagat?
© toom/ShutterstockRotondi: Unser klarer Vorteil ist, dass Nachhaltigkeit in all ihren Dimensionen kein neues Thema für uns ist. Wir arbeiten schon jahrelang aktiv daran und denken das Thema strategisch stetig mit. Mit Blick auf nachhaltigere Produkte ist eines klar: Sie dürfen nicht maßgeblich teurer sein als konventionelle Produkte, da ansonsten die Bereitschaft für nachhaltigeren Konsum beim Kunden sinkt. Nichtsdestotrotz müssen wir gewisse Vorgaben bei Produkten sicherstellen, um unserer Verantwortung gerecht zu werden. Das kann dann auch bedeuten, dass wir Produkte, z.B. Natursteine aus China, aus unserem Sortiment genommen hätten, wenn hier keine zertifizierte Lieferkette möglich gewesen wäre, die faire Arbeitsbedingungen bei Abbau und Verarbeitung der Steine sicherstellt.

Battenberg: Aber generell haben wir die Erfahrung gemacht, dass insbesondere eine kontinuierliche Zusammenarbeit mit unseren Partnern, wie Lieferanten, NGOs und Wissenschaftlern, wichtig ist. Wenn man gemeinsam Projekte über Jahre entwickelt, wächst das gemeinsame Vertrauen. Ganz wichtig dabei ist es, diese Partner frühzeitig in unsere Pläne einzuweihen und so eine Zusammenarbeit über einen längeren Zeitraum überhaupt zu ermöglichen. Bei unserer Strategie, bis 2025 keinen Torf mehr in unseren Blumenerden zu benutzen, haben wir etwa schon 2015 unsere Lieferanten über unser Ziel informiert. So kann man Umstellungen gemeinsam erreichen, ohne dass am Ende ein überteuertes Produkt im Regal steht, das keine Akzeptanz beim Verbraucher findet.

Letztendlich können die Kunden nur kaufen, was Sie anbieten. Welche Aspekte berücksichtigen Sie beim Einkauf und der Listung von Produkten?
© toomBattenberg: Bei unseren Lieferanten legen wir hohe Maßstäbe an, weil wir in der gesamten Lieferkette großen Wert auf einen verantwortungsvollen Umgang mit Mensch und Umwelt legen. So setzen wir bei unseren Lieferanten aus Nicht-OECD-Ländern eine BSCI-Zertifizierung voraus und gehen oftmals über die gesetzlichen Forderungen hinaus.

Bei dieser Frage möchten wir jedoch gerne mit einigen konkreten Beispielen arbeiten, um die verschiedenen Dimensionen, die dieses Thema beinhaltet, noch besser zu veranschaulichen. Sowohl bei unseren Nordmanntannen als auch bei Natursteinen lässt sich dies gut erläutern. Wir schauen hier hinter die Kulissen und setzen uns für bessere Arbeitsbedingungen und gegen Zwangsarbeit in der Lieferkette ein. Denn wir können die Augen nicht davor verschließen. Wir alle kommen täglich mit Produkten in Berührung, deren Herkunft wir nicht genau kennen oder bei denen uns die Bedingungen in den Herkunftsländern unbekannt sind. Es ist daher unser innerstes Bestreben und unsere Verpflichtung als toom, unser Sortiment regelmäßig auf den Prüfstand zu stellen. Und kommen wir beispielsweise durch wissenschaftliche Erkenntnisse oder den Austausch mit NGOs zu dem Ergebnis, dass wir bestimmte Produkte wie Glyphosat oder Torf auslisten möchten, bzw. wir unser Sortiment auf torffreie Alternativen umstellen wollen, dann gehen wir dies zielgerichtet und effizient an.

Rotondi: Mit unseren Lieferanten stehen wir dabei in einem sehr engen und konstruktiven Austausch. In dem Zusammenhang ist auch das Thema Verpackungen ein gutes Beispiel. Wir wissen, dass die Auswahl des Verpackungsmaterials und die Gestaltung der Verpackungen einen großen Einfluss auf unsere Umwelt haben können. Deshalb arbeiten wir gemeinsam mit unseren Lieferanten stetig daran, Verpackungsmaterialien wegzulassen, so ist z.B. unser Leimholz jetzt unverpackt erhältlich, oder zu verbessern, indem wir FSC- oder PEFC-zertifizierte Pappe oder Rezyklate einsetzen.

Wir engagieren uns außerdem für mehr Artenvielfalt und Insektenschutz und achten bei der Produktauswahl darauf, ein ressourcenschonendes und sozialverträgliches Sortiment anzubieten. Und auch die Produktsicherheit spielt für uns eine große Rolle – wir gewährleisten mit umfangreichen und strengen Qualitätstests, dass unsere Kunden ein Produkt kaufen, das vertrauenswürdig und vor allen Dingen sicher ist. Auch das Thema Preisbewusstsein denken wir stetig mit.

Nennen Sie uns bitte konkrete Beispiele für die Auswahl nachhaltiger Produkte. 
© toom/ShutterstockRotondi: Unser nachhaltigeres Sortiment umfasst schon jetzt eine Vielzahl an verschiedenen Produkten und wächst stetig, sie alle aufzuzählen, würde den Rahmen etwas sprengen (lacht). Aber gerne nennen wir einige Beispiele.

Wenn ich zum Beispiel an unser Garten- und Pflanzensortiment denke, für unsere Branche besonders relevant, so fallen mir spontan wieder unsere toom Erden ein. Hier war es uns als erstem Baumarkt wichtig, den Torfanteil sukzessive zu verringern. Wir entschieden uns bereits 2015 dazu, zukünftig sowohl in der Eigenmarke als auch im Markensortiment auf torffreie Alternativen umzustellen. Inzwischen setzen wir schon zu über 70 Prozent auf Torfersatzstoffe und werden bis 2025 zu 100 Prozent torffrei sein. Außerdem ist in den vergangenen Jahren besonders das Thema Bienensterben in den gesellschaftlichen Fokus gerückt. Wir sind stolz, zu sagen, dass wir schon lange bevor das Thema in aller Munde war, daran arbeiteten. So setzen wir uns nicht nur nachhaltig für Bienen- und Insektenschutz ein, wir haben auch unser Sortiment mit Blick auf unser Bienenfreund-Pflanzensortiment, unser Bio-Sortiment und unsere professionellen Nisthilfen optimiert.

Abgesehen davon möchten wir an dieser Stelle gerne nochmal das Thema Plastikreduzierung benennen. Das ist von allen Themen das wohl umfassendste, denn nahe­zu alles, was man im Baumarkt einkaufen kann, ist in irgendeiner Form verpackt. Hier arbeiten wir kontinuierlich daran, die Ver­packungen unserer Produkte, ganz nach dem Motto „vermeiden, verringern, verbessern", zu optimieren. Sie gänzlich wegzulassen, ist nur bei einigen Produkten möglich. Und wenn es nicht möglich ist, die Verpackung wegzulassen, so arbeiten wir zumindest an weniger Verpackungsmaterial oder finden Alternativen aus Rezyklat. Daran arbeiten wir ganz aktiv.

Wie viele Mitarbeiter sind bei toom im Bereich Nachhaltigkeitsmanagement aktiv? 
Battenberg: Nachhaltigkeitsmanagement ist bei toom Baumarkt ein Querschnittsthema. Wir haben zwar eine Fachabteilung, die aber mit vielen unterschiedlichen Unternehmensbereichen und Kollegen gemeinsam die Nachhaltigkeitsprojekte und -maßnahmen umsetzt. So sind auch die Verantwortlichkeiten für unsere Nachhaltigkeitssäulen in verschiedenen Abteilungen verortet und jeder toom Baumarkt hat einen Nachhaltigkeitsbotschafter. Das ist in Bezug auf die Organisation eine ganz bewusste Entscheidung, da wir überzeugt davon sind, nur so eine Durchdringung des Themas im Unternehmen zu erreichen.

Last but not least: Auf welche Siegel sollte der Verbraucher bei seinem Einkauf im Baumarkt achten?
Battenberg: Bei all den Siegeln zum Thema Nachhaltigkeit kann man schnell den Überblick verlieren. Aus diesem Grund haben wir zusammen mit der Verbraucherinitiative eine Übersicht erstellt, die dem Kunden eine sehr gute Orientierung für nachhaltige Produkte im Baumarkt bietet. Folgende Siegel und Label kennzeichnen diese (siehe unten): Blauer Engel, Pro Planet, PEFC und FSC, EU Ecolabel, EU-Bio und Bio sowie xertifix plus und fair trees. Für umfassendere Informationen lohnt sich ein Blick in die Übersicht unter toom.de/nachhaltigkeit

Herr Rotondi, Herr Battenberg, wir bedanken uns für das Gespräch und wünschen weitere, große Schritte in Richtung Nachhaltigkeit.
 
Kontakt: toom Baumarkt GmbH | service@toom.dewww.toom.de 

Quelle: toom Baumarkt GmbH

Wirtschaft | CSR & Strategie, 01.09.2020
Dieser Artikel ist in forum 03/2020 - Digitalisierung und Marketing 4 Future erschienen.
     
        
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