S3 - Von wissenschaftlicher Theorie zu nachhaltiger Praxis
Interdisziplinäres Netzwerk aus Nachhaltigkeitsexperten, Wissenschaftlern, Beratern und Förderern bringt soziales Engagement und Wissenschaft an einen Tisch.
Am Helgoländer Lummenfelsen sterben jährlich zahlreiche Seevögel an den Folgen von Plastikverschmutzung. In Brasilien zerstört die Brandrodung den Regenwald und somit die Lebensgrundlage vieler indigener Völker. Bereits an diesen zwei Beispielen lässt sich erkennen, wie unsere Ressourcennutzung die natürlichen Ökosysteme verändert und dauerhaft schädigt. Junge Wissenschaftler stehen nun auf, um dagegen anzutreten.
Die Wissenschaft hält bereits vielversprechende Lösungsansätze zur öko-sozialen Entwicklung bereit, doch häufig fehlt es am Wissenstransfer der Forschung in die praktische Umsetzung. Seit Juni 2018 arbeitet der gemeinnützige Verein S3 aus Niedersachsen aktiv daran, dies zu ändern.
Ein Rückblick ins Jahr 2017
An der Hamburger Universität sitzen Jana Müller und Natalie Boschi gemeinsam in der Mittagspause. „Innerhalb der Nachhaltigkeitsforschung arbeiteten wir hauptsächlich theoretisch, wie unsere Forschungserkenntnisse eine nachhaltige und praktische Anwendung finden könnten", sinnierte die Geographin Jana Müller. Die Lösung schafften die beiden schließlich selbst und riefen S3 – Scientific Solutions for Sustainability e.V. ins Leben. Heute sind sie im Vorstand bei S3. „Wir wollen Nachhaltigkeit konkret machen", erzählt Kerstin Jantke. Schnell war sie überzeugt von S3 und ergänzte das Gründungsteam. Heute ist sie ebenfalls im Vorstand und als promovierte Umweltwissenschaftlerin der wissenschaftliche Kopf der Initiative.
Seitdem wächst die S3 Community stetig. Ein interdisziplinäres Netzwerk aus Nachhaltigkeitsexperten, Wissenschaftlern, Beratern und Förderern bringen soziales Engagement und Wissenschaft an einen Tisch. Gemeinsam wollen sie eine weltweit nachhaltige Entwicklung in Gesellschaft und Wirtschaft fördern.
Mit Paranüssen den amazonischen Regenwald schützen
Die erste Projektidee entstand 2019, ebenfalls an der Universität Hamburg. Im Rahmen ihrer Promotion befasste Elena Mechik sich mit der Frage, wie die wirtschaftliche und soziale Existenz von Tropenwaldgemeinschaften gesichert und verbessert werden könne. Gleichzeitig sollte ein Beitrag zur nachhaltigen Bewirtschaftung tropischer Wälder, zur Erhaltung bedrohter Tier- und Pflanzenarten und somit zur Stabilisierung des Klimas geleistet werden.
Umgesetzt wurden ihre Thesen am Beispiel der Paranussproduktion im Amazonasgebiet Brasiliens. S3 holte sich mit der NGO NAPRA einen starken und erfahrenen Partner an die Seite, welcher bereits seit 1993 die nachhaltige Entwicklung von Flussgemeinschaften im westlichen Amazonasgebiet unterstützt, und starteten das Paranuss-Projekt in Cuniã Lake. Durch Vermittlung von Wissen über nachhaltige Landwirtschaft, Produktion und Vermarktung sowie durch die Stärkung der Lieferketten unterstützten sie die Menschen direkt vor Ort. Die Gemeindestrukturen konnten so aufgewertet und natürliche Ressourcen des Regenwaldes erfolgreich geschützt werden. „Trotz Diebstahl des halben Paranussbestands konnten die Menschen in Cuniã Lake bereits im ersten Jahr mehr Gewinn machen, als ohne unser Projekt möglich gewesen wäre", so Jana Müller, „wir freuen uns sehr über diesen Erfolg."
Hätten Sie es gewusst?
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Der Ursache auf den Grund gehen
Auf Helgoland forscht Elmar Ballstaedt derzeit nach einer Möglichkeit, um dem Vogelsterben durch Makroplastik entgegenzuwirken. Seevögel nutzen angespülten Plastikmüll zum Bau ihrer Nester, verfangen sich und verenden. Beherzte Helfer versuchten anfangs, diesen Müll händisch zu entfernen. Nicht nur war der Arbeitsaufwand immens, auch begannen die Tiere postwendend damit, ihre Nester von neuem mit Meeresmüll auszustatten. Mit technischer Unterstützung von S3 und in Kooperation mit Jordsand e.V. untersucht Ballstaedt unter anderem Herkunft und Ausmaß des Mülls. Eine chemische Analyse ermöglicht es, langfristig die jeweiligen Verursacher beziehungsweise Industriesparten festzustellen. Um den Abfall zukünftig zu vermeiden, ist die Entwicklung einer Handlungsempfehlung für Verursacher das Ziel des Projekts.
Die Zukunft konkret nachhaltig gestalten
Martina Hartmann ist Agrarwissenschaftlerin und bei S3 für Networking und Projektmanagement zuständig. In den letzten Jahren verkaufte die Jungunternehmerin erfolgreich nachhaltige Tannenbäume, welche sie anschließend wieder einpflanzte. „Im kommenden Jahr planen wir, zwei weitere studentische Projekte in die Praxis zu bringen und mit unserem wissenschaftlichen Know-how, unserer Expertise im Projektmanagement und der S3 Community zu fördern", erklärt sie voller Tatendrang. So soll etwa der Tourismus als Chance für den Amazonasregenwald und dessen lokale Bevölkerung gefördert werden.
Hieraus ergeben sich Chancen, aber auch Risiken. Um die Wertschätzung für die Region zu steigern, den Regenwald zu erhalten und ein nachhaltiges Einkommensmodell für die lokalen Gemeinschaften zu schaffen, bedarf es guter Planung und Abstimmung seitens lokaler Akteure, Gemeinschaften und Reiseanbieter. S3 unterstützt die Wissenschaftlerin Flávia Lenci und NAPRA dabei, die örtlichen Gegebenheiten zu untersuchen und Lösungen zu entwickeln.
S3 sucht Sie
Wer nachhaltig Verantwortung übernehmen und helfen möchte, ist bei S3 herzlich willkommen! Ob als Unternehmen, Einzelperson, ob finanziell oder mit Know-How – S3 freut sich auf Unterstützung.
Von Fritz Lietsch
S3 – Scientific Solutions for Sustainability e.V. ist ein gemeinnütziger Verein mit Sitz in Niedersachsen. Der Verein fördert einen Kurswechsel hin zu mehr Nachhaltigkeit in Gesellschaft und Wirtschaft. Um dieses Ziel zu erreichen, setzt er auf Aufklärung über die Notwendigkeit einer nachhaltigen Lebens- und Wirtschaftsweise in der Gesellschaft. Hierbei agiert S3 als Vermittler, Förderer und Netzwerk und fördert aussichtsreiche, ressourceneffiziente und vor allem nachhaltige Vorhaben.
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Technik | Wissenschaft & Forschung, 31.08.2020
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