Hydrogen Dialogue 2024

In der Krise Charakter zeigen

Eine Familie macht es vor

Die globale Pandemie stellt sowohl unsere Wirtschaft als auch unsere Gesellschaft auf die Probe. Gelingt es uns, das wachsende Umweltbewusstsein auf ein neues Level zu heben und die Welt so zu verändern, dass wir alle eine Zukunft haben? Nur wenn wir jetzt aktiv werden, zeigt eine Familie in Tirol.
 
Was bedeutet eigentlich ein umweltbewusstes Leben und Handeln? Viele Menschen erleben sich als aktiv und engagiert, indem sie fair, biologisch, nachhaltig und lokal produzierte Güter und Waren konsumieren. Es wird frisch gekocht, möglichst wenig Fleisch gegessen und auf faire oder ökologische Güte- und Qualitätssiegel geachtet, insbesondere beim Kauf von Textilien oder Haushaltsgeräten.
 
Das Ehepaar Renate und Bernhard Windbichler engagiert sich im Klimaschutz und denkt dabei auch an das Wohl und die Zukunft ihrer Kinder Beata (9 Jahre), Arno (7) und Eugen (5). © Wildbichler privat 
Mehr als umweltbewusstes Konsumverhalten
Bernhard und Renate Windbichler aber ist das noch nicht genug. Das Ehepaar aus Tirol empfindet es als wichtigen Auftrag, seinen drei Kindern die Welt ein Stück weit besser zu hinterlassen, als es sie vorgefunden hat. Sie fahren viele Strecken mit dem Fahrrad und vermeiden generell unnötige Fahrten. Weil die beiden aber nicht auf  ein Auto und gelegentliche Flugreisen in den Urlaub verzichten möchten, wollen sie die jährlichen Kilometer ihrer gesamten Familie „klimakompensieren". 
Bei der Suche nach Lösungen sieht Bernhard Windbichler sich mit einer riesigen und zugleich unübersichtlichen Auswahl von Konzepten konfrontiert, die ihn alle nur in Teilen überzeugen. „Es werden vielfach Bäume gepflanzt, um damit CO2 zu kompensieren, aber welcher Anbieter da seriös ist, war für mich schwer zu ermitteln", erzählt der Familienvater. „Auch kam mir der Preis mit circa 20 Euro pro Tonne zu gering vor, 60 Euro für unsere Autofahrten konnten es doch nicht sein." Da stolpert er im Jahresbericht der fair-finance Vorsorgekasse über einen Artikel zur Klimakompensation. Diese Vorsorgekasse seines Arbeitgebers, die Geld als soziales und ökologisches Gestaltungsmittel begreift und nachhaltigen Veranlagungsrichtlinien folgt, kennt er bereits seit Jahren. Als Personalverantwortlicher seiner Firma verfolgt er daher die innovativen Aktivitäten von fair-finance am Finanzmarkt schon seit längerer Zeit und hat Vertrauen in ihre Kompetenz in Sachen Nachhaltigkeit. Windbichler greift zum Telefon und will wissen, wie er den CO2-Fußabdruck seiner Familie kompensieren kann. Gerne teilt Markus Zeilinger, der CEO von fair-finance, sein Know-how und die Hintergrundinformationen über die Kompensationsstrategie seines Unternehmens mit Windbichler. Doch als Privatperson kann er zu seinem Leidwesen nicht an deren Kompensationsprogrammen teilnehmen, da diese für Firmen konzipiert sind. Zeilinger verweist ihn daher an die Universität für Bodenkultur in Wien – die BOKU. Diese betreibt einen Forschungsschwerpunkt und eine Kompetenzstelle zum Thema Klimaneutralität. Windbichler lernt die unterschiedlichsten Projekte der BOKU kennen und steigt immer tiefer ins Themenfeld CO2- Kompensation ein. Nicht nur motiviert durch den geringen Preis, sondern auch durch die coronabedingt vorgezogenen Steuersenkungen in Österreich, entschließt sich das Ehepaar, mehr als die 13.000 mit dem Auto zurückgelegten Kilometer der Familie zu kompensieren.
 
Entwicklungshilfe und Klimaschutz vereint
Verschmutztes Wasser ist eine der Hauptquellen für Krankheiten. Um diese zu verhindern, wird das Wasser abgekocht. Die Folge: Abholzung der Wälder und eine zusätzliche Gesundheitsbelastung durch die Rauchentwicklung des offenen Feuers © BOKU Eines der vielen Projekte der BOKU hat es ihnen besonders angetan: Es sorgt für sicheres Trinkwasser und saubere Luft für den Distrikt Soroti im Osten Ugandas. Das dort notwendige Abkochen von Wasser zum Abtöten von Keimen führt gegenwärtig durch die Rauchgasentwicklung bei der Holzverbrennung zur Gesundheitsgefährdung der Familien. Doch nicht nur die CO2-Emissionen sind ein Problem, sondern auch die Abholzung der Waldflächen. Die Lösung und zugleich das Ziel des Projekts ist einfach: Durch solare Wasserdesinfektion soll in 2.000 Haushalten eine erhebliche Verbesserung der hygienischen Situation herbeigeführt werden. Das österreichische Start-up Helioz hat dafür ein simples Gerät entwickelt, mit dem die UV-Strahlung gemessen und das Wasser einfach desinfiziert werden kann (WADI-Projekt).
 
Das Non-profit-Modell überzeugt die Windbichlers und mithilfe der BOKU errechnen sie rund 30 Tonnen CO2 als  jährlichen Gesamtausstoß der Familie. „Wir haben uns ent-schlossen, 25 Tonnen davon zu kompensieren, weil ich einen gewissen CO2-Ausstoß für berechtigt halte, wir atmen ja auch und müssen auch essen. Laut BOKU sind zwei Tonnen pro Mensch erlaubt", erläutert Bernhard Windbichler die Entscheidung der Familie.

Bei den anfallenden Kosten für die Kompensation war für die Windbichlers die oben bereits erwähnte Steuersenkung beziehungsweise -rückzahlung eine willkommene Unterstützung. Die österreichische Bundesregierung hat nämlich als Reaktion auf die Coronakrise im Sommer eine zum 1.1.2020 rückwirkende Steuerreform beschlossen, die alle Steuerzahler um etwas über 29 Euro pro Monat entlastet.
 
Mitmachen – nicht nur in Österreich
Familie Windbichler ist begeistert vom WADI-Projekt der BOKU und zudem fest entschlossen, auch in den nächsten Jahren ihren CO2-Ausstoß zu reduzieren und den Rest zu kompensieren.
 
Wir freuen uns über ein solches Zeichen der Solidarität und laden alle, denen es ihre finanziellen Verhältnisse erlauben, dazu ein, sich in Sachen Klimaschutz und globale Solidarität zu engagieren.
 
Bernhard Windbichler hat auf alle Fälle Gefallen daran gefunden, sich für das Gemeinwohl stark zu machen: „Ich fühle mich als privilegiertes Mitglied unserer Gesellschaft und sehe aus dieser Position heraus die Verpflichtung, mich in unser Gemeinwesen verstärkt einzubringen. Es gibt in Österreich zum Glück viele Menschen wie mich, die in stabilen finanziellen Verhältnissen und intakten sozialen Beziehungen leben.  Es würde mich sehr freuen, wenn möglichst viele meinem Beispiel folgen könnten und die jetzt erhaltene Summe (windfall profit) in einen gesellschaftlich-ökologischen Mehrwert investierten", sagt er, und steigt nach unserem Treffen auf sein Fahrrad, um nach Hause zu fahren.
 
Theo Oswald ist freier Redakteur bei forum Nachhaltig Wirtschaften.

Lifestyle | LOHAS & Ethischer Konsum, 01.12.2020

     
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