Deutsch-westafrikanisches Netzwerk fördert neue Generation von Wissenschaftlern
Das Projekt will dem sogenannten „Brain-drain", der Abwanderung der am besten ausgebildeten Personen, entgegenwirken.
Das DAAD-Programm „Fachzentren Afrika" fördert Forschungsnetzwerke, die sich aktuellen Themen von gesellschaftlicher Bedeutung widmen und die Kapazitäten afrikanischer Wissenschafts- und Bildungssysteme stärken. Im Themenbereich „Ressourcenmanagement und Ernährungssicherung" hat der DAAD nun das Projekt Pro-RUWA bewilligt, einen von zwei erfolgreichen Anträgen unter 20 begutachteten Bewerbungen. Das Projekt wird an der Universität Kassel koordiniert und wird mit 2.2 Millionen Euro für fünf Jahre gefördert, von 2021 bis 2025.
Pro-RUWA steht für „Promoting Academic Capacities for Sustainable Agricultural Resources Use in West Africa" und Ruwa bedeutet in der westafrikanischen Hausa-Sprache „Sprungbrett". Entsprechend ist es das Ziel des deutsch-westafrikanische Netzwerks, eine neue Generation junger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger auszubilden. Diese sollen sich regional und international in Unternehmen, öffentliche Institutionen und Forschungseinrichtungen einbringen können, um den komplexen gesellschaftlichen Herausforderungen zu begegnen, die inter- und transdisziplinäre Forschung und Wissenstransfer erfordern.
Projektpartner in Afrika sind die Universität Abomey-Calavi bei Cotonou in Benin als koordinierende Anker-Institution, die Universität Nazi Boni in Bobo Dioulasso, Burkina Faso, sowie die Universität Abdou Moumouni in Niamey und ihre Zweigstelle in Agadez, Niger. Das Netzwerk kooperiert außerdem mit den DAAD-geförderten Zentren ICDD (International Center for Development and Decent Work) und GNP (Global Partnership Network) an der Universität Kassel. Weitere Partner sind das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) und regionale Zentren wie WASCAL (West African Science Service Centre on Climate Change and Adapted Land Use) mit seiner DAAD-geförderten Initiative climapAfrica (Klimawandelforschung in Afrika) und WAC-SRT (West African German Centre for Sustainable Rural Transformation).
Das Netzwerk ist nicht zuletzt das Ergebnis jahrzehntelanger Forschungsarbeit im westafrikanischen Raum, der sich Mitglieder des Fachbereichs für Ökologische Agrarwissenschaften der Universität Kassel, insbesondere Prof. Andreas Bürkert und Prof. Eva Schlecht, verschrieben haben. „Einige der afrikanischen Kollegen in Pro-RUWA haben ihre akademische Karriere hier in Witzenhausen begonnen, als Doktoranden in unseren Arbeitsgruppen", sagt Prof. Schlecht. „Es freut uns sehr zu sehen, dass sie jetzt akademische Führungsrollen in ihren Heimatländern einnehmen und wir die Zusammenarbeit mit ihnen als eigenständige Partner fortführen können."
Pro-RUWA nutzt einen Matrix-Ansatz, in dem die beteiligten universitären Fakultäten ihre Expertise bündeln, um das angewandte Master-Programm Climate Sensitive Resources Management sowie ein modulares Promotionsprogramm (Graduiertenakademie) in den Agrarwissenschaften anzubieten. Gebündelt werden die Programme in der gemeinsamen Graduate School for Sustainable Resources Use and Food Security. Wie aus diesen Titeln hervorgeht, fokussieren die Studieninhalte auf aktuelle landwirtschaftliche und ökonomische Herausforderungen, die durch verstärkte Klimavariabilität und Klimawandel, Bodenerosion, Wasserknappheit, und den Verlust von Agrobiodiversität entstehen, aber auch durch schwache Infrastrukturen und rücksichtslose Ressourcen-Ausbeutung. Durch die Beschäftigung mit Fragen der lokalen und regionalen Ernährungssicherheit, der nationalen Selbstversorgung mit Nahrungsmitteln und der Entwicklung von länderübergreifenden landwirtschaftlichen Wertschöpfungsketten will Pro-RUWA seine Studierenden dazu befähigen, diese Probleme in einem ganzheitlichen Ansatz anzugehen und die nachhaltige Entwicklung in der Region sowohl auf praktischer als auch auf akademischer Ebene zu fördern.
Über die drei afrikanischen Universitäten hinweg wird das Projekt in den ersten fünf Jahren drei Kohorten von circa 16 Promotions- und 90 Master-Studierenden ausbilden. Besonderer Wert wird dabei auf die Anwendung digitaler Lehrformate und die Überwindung der Sprachbarriere zwischen anglophonen und frankophonen Ländern gelegt. Verpflichtende, problemorientierte Praktika in der Privatwirtschaft oder im öffentlichen Sektor vermitteln den Pro-RUWA Studierenden erste berufliche Erfahrung. Regelmäßiger Austausch zwischen den Lehrenden der Partneruniversitäten, gemeinsame Winterschulen und Workshops werden inter- und transdisziplinäre Kapazitäten zusätzlich erweitern.
Wenn gut ausgebildete Entscheidungsträger über relevante Erfahrung verfügen und innovative Geschäftsmodelle kennengelernt haben kann wissenschaftliche Erkenntnis in Beschäftigung umgesetzt und in die Erschließung neuer Einkommensquellen übersetzt werden. Dies trägt zu einer Verbesserung sozialer und politischer Verhältnisse bei. Indem sie dem sogenannten „Brain-drain", der Abwanderung der am besten ausgebildeten Personen, entgegenwirkt, kann eine problemorientierte akademische Ausbildung, wie sie mit ProRUWA gefördert wird, auch entscheidende Impulse für nachhaltige Entwicklung setzen.
Technik | Wissenschaft & Forschung, 13.03.2021
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