Wahlkampf Alt gegen Jung
Für Christoph Quarch geht es in der Konstellation Laschet versus Baerbock um mehr als nur um Parteien und Personen.
Nun liegen die Karten auf dem Tisch: Die Grünen schicken Annalena Baerbock in das Rennen um die Kanzlerschaft, die CDU/CSU hat sich nach zähem Ringen für Armin Laschet entschieden. Der Theaterdonner hätte lauter nicht ausfallen können: Beim Deutschlandtrend schnellen die Grünen um 5 Prozentpunkte nach oben und sind mit einem Schlag die stärkste Kraft in Deutschland. Die Union sackt um 7 Prozent ab auf ein historisches Tief. Unseren Philosophen Christoph Quarch wundert das nicht. Für ihn geht es in der Konstellation Laschet versus Baerbock um mehr als nur um Parteien und Personen.
Herr Quarch, was sonst versprechen Sie sich von diesem Wahlkampf?
Auch wenn die Protagonisten das wahrscheinlich gar nicht wollen: Der Wahlkampf 2021 wird zur Auseinandersetzung zwischen Jung und Alt. Unweigerlich und völlig unabhängig, was Laschet und Baerbock sagen, für welche Programme sie werben oder für welche Partei sie kandidieren: Wir haben die Konstellation: „Jung, weiblich, anders" gegen „alter weißer Mann und weiter wie bisher". Dabei ist letzteres nicht nur die Formel für Laschet, sondern auch für Scholz, also für die aktuelle Regierungskoalition. Das heißt: Es wird bei dieser Wahl weniger um Positionen und Programme gehen, sondern um den Politikstil. Es geht um die Entscheidung zwischen „Es wird alles anders" und „Es bleibt alles beim Alten".
Auch wenn die Protagonisten das wahrscheinlich gar nicht wollen: Der Wahlkampf 2021 wird zur Auseinandersetzung zwischen Jung und Alt. Unweigerlich und völlig unabhängig, was Laschet und Baerbock sagen, für welche Programme sie werben oder für welche Partei sie kandidieren: Wir haben die Konstellation: „Jung, weiblich, anders" gegen „alter weißer Mann und weiter wie bisher". Dabei ist letzteres nicht nur die Formel für Laschet, sondern auch für Scholz, also für die aktuelle Regierungskoalition. Das heißt: Es wird bei dieser Wahl weniger um Positionen und Programme gehen, sondern um den Politikstil. Es geht um die Entscheidung zwischen „Es wird alles anders" und „Es bleibt alles beim Alten".
Meinen Sie, dass Frau Baerbock die an sie gerichteten Erwartungen wird einlösen können?
Das weiß ich nicht. Im Augenblick interessiert mich mehr die Frage, was diese Konstellation hier und heute für unsere Gesellschaft bedeutet. Ich sehe da nämlich eine große Chance – die Chance, dass ein Konflikt ans Licht kommt, der in den letzten 16 Jahren im Hintergrund zu gären begonnen hat und der in der Covid-Krise immer mehr an Fahrt aufgenommen hat: der Konflikt zwischen Jung und Alt. Wenn ich mit meinen Studierenden oder auch meinen eigenen Teenager-Kindern rede, höre ich aus ihren Worten immer häufiger eine schwelende Unzufriedenheit mit dem Bestehenden. Nun kann sie sich Luft verschaffen. Sie macht sich fest an Hoffnungsträgerin Annalena Baerbock und wird dadurch handhabbar.
Aber ganz im Ernst: Eigentlich können wir als Gesellschaft nicht wollen, dass der Wahlkampf zwischen Jung und Alt polarisiert?
Die Polarisierung ist längst da. Wenn sie nun ans Licht kommt, ist das viel besser, als wenn sie heimlich im Untergrund köchelt. Armin Laschet – da kann er sich drehen und wenden wie er will – ist in den Augen der Jüngeren (und der jung Denkenden) das Symbol einer alten und übersaturierten Bevölkerungsschicht, die nichts anderes im Sinn hat, als sich auf ihren vermeintlichen Lorbeeren auszuruhen – und die ökonomisch von der Covid-Pandemie am wenigsten betroffen war. Er ist der Archetypus des verhassten „alten weißen Mannes", der die Klimakatastrophe verursacht hat und die Jungen um ihre Zukunft betrügt. Mit diesem Image wird er es schwer haben, gegen Baerbock zu punkten.
Anders als Baerbock kann er jedoch auf eine langjährige Regierungserfahrung zurückblicken. In den Augen seiner Unterstützer ist er der Inbegriff politischer Seriosität und der legitime Thronfolger von Angela Merkel.
Deswegen hat die Union sich am Ende ja auch für ihn entschieden. Aus ihrer Denke ist das konsequent. Das Spannende aber ist, dass durch diese Entscheidung nun genau diese Denke zur Diskussion steht – und zwar als der „alte Mindset", der vom „junge Denken" herausgefordert wird. Und das ist gut so. Diese Konfrontation ist überfällig – vor allem seit niemand mehr die Augen davor verschließen kann, dass dem „alten Mindset" die Covid-Krise zunehmend entgleitet. Ob der vermeintliche „junge Mindset" bzw. Frau Baerbock die Sache anders und besser machen werden, wage ich nicht zu beurteilen. Aber dass wir Bürger dank Laschet und Baerbock die Möglichkeit haben, hinter dem Vorzeichen „Jung" gegen „Alt" eine Debatte über die Zukunft unseres Landes auszutragen, scheint mir ein Segen zu sein.
Der Bestseller-Autor Christoph Quarch ist Philosoph aus Leidenschaft. Seit ihm als junger Mann ein Büchlein mit »Platons Meisterdialogen« in die Hand fiel, beseelt ihn eine glühende Liebe (philia) zur Weisheit (sophia), die er als Weg zu einem erfüllten und lebendigen Leben versteht. Als Autor, Publizist, Berater und Seminarleiter greift er auf die großen Werke der abendländischen Philosophen zurück, um diese in eine zeitgemäße Lebenskunst und Weltdeutung zu übersetzen."
Hören Sie ihn persönlich im SWR-Podcast Frühstücks-Quarch. Lesen Sie mehr von ihm unter www.christophquarch.de
Als forum-Redakteur zeichnete Christoph Quarch verantwortlich für den Sonderteil „WIR - Menschen im Wandel".
Gesellschaft | Politik, 25.04.2021
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