BIOFACH 2025

Praxisberichte von Lkw mit Gas, Brennstoffzelle, Akku und Oberleitung

Vielversprechende Ergebnisse der Online-Konferenz „Klimaschutz durch innovativen Lkw-Flottenbetrieb"

Ein Fünftel der Treibhausgas-Emissionen entstehen im Schwerlastverkehr. Um erste Schritte hin zu einer klimafreundlichen Logistik ging es bei der Online-Konferenz „Klimaschutz durch innovativen Lkw-Flottenbetrieb". Die Referenten berichteten praxisnah von ihren ersten Erfahrungen mit Gas- oder elektrisch betriebenen Lkw mit oder ohne Brennstoffzelle. Organisiert wurde die Veranstaltung vom Future-Fuels-Cluster, einem Zusammenschluss von Logistik-Unternehmern und -Verbänden, der Wirtschaftsagentur Neumünster sowie dem schleswig-holsteinischen Erneuerbare-Energie-Cluster EE.SH.

Die Firma F. A. Kruse aus Brunsbüttel hat gute Erfahrungen mit ihren sieben LNG (Liquid Natural Gas)-Lkw gemacht. Foto: Spedition F. S. Kruse
Für eine Technologieoffenheit sprach sich Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Dr. Bernd Buchholz in seinem Grußwort aus. „Wir wollen einen Wettbewerb um die beste Antriebsart, um die Energiewende zu schaffen. Sie muss bezahlbar und wirtschaftlich sein", sagte er. 
 
Die Menschheit hatte schon immer mit dem Problem zu kämpfen, dass Dinge an einer Stelle waren und zu einer anderen hin sollten – so brachte es Poetry-Slammer Björn Katzur in seinem Warm-up in unterhaltsamer Weise auf den Punkt: „Angesichts all der Probleme wie dem Klimawandel bleibt manchmal der Antrieb auf der Strecke. Dabei brauchen wir neuen Antrieb auf der Strecke!"
 
„Es ist unser Ziel, Emissionen zu reduzieren", betonte Holger Matzen, Vorsitzender des Future Fuels Clusters, in seiner Einleitung. Doch in der Praxis sei die Transformation schwierig, weil oft Anreize, Infrastruktur oder verfügbare Fahrzeuge fehlten. Mögliche Bedenken gegenüber der Verlässlichkeit alternativer Antriebe konnten Matzen und die weiteren Referenten jedoch ausräumen. Flüssiggas beziehungsweise LNG (Liquid Natural Gas) sei „eine absolut zuverlässige Technologie", erklärte Matzen. Seine Firma Voigt Logistik aus Neumünster betreibt zwei Lkw mit LNG-Antrieb und will nun, nachdem in Neumünster eine LNG-Tankstelle gebaut wurde, weitere Zugmaschinen dieses Typs bestellen. Auch die Firma F. A. Kruse aus Brunsbüttel hat gute Erfahrungen mit ihren sieben LNG-Lkw gemacht. „Unsere Fahrer sagen: Ich möchte keinen Diesel mehr fahren. Der LNG-Motor läuft viel ruhiger, besonders im Stand", erklärte Bernd Heesch von der Spedition Kruse. Das Problem, dass in Deutschland und seinen Nachbarländern nur rund 100 LNG-Tankstellen mit unterschiedlichen Bezahlsystemen verfügbar sind, lösen die Mitarbeiter*innen von F. A. Kruse pragmatisch: Sie tragen alle Informationen in eine Google-Map ein, auf die alle Fahrer Zugriff haben. 
 
LNG ist ein fossiler Kraftstoff und emittiert bis zu 15% weniger Treibhausgase im Vergleich zu einem modernen Diesel-Lkw. Je nach LNG-Motortechnik und Herkunft kann die Treibhausgas-Bilanz aber auch schlechter ausfallen. Mit diesen Grundlagen führte André Kranke von Dachser (Kempten) in das Thema ein. Durch Beimischung von Bio-Kraftstoffen oder synthetischen Kraftstoffen, zum Beispiel Bio-LNG aus Gülle, könne die CO2-Bilanz von Gas-Verbrennungsmotoren deutlich verbessert werden. Aufgrund der gesetzlichen Rahmenbedingungen sehe er aber derzeit ein begrenztes Marktpotenzial von Bio-LNG im Schwerlastverkehr.
 
Einen klimaneutralen Antrieb erreiche man nur mit Elektromotoren, und auch nur dann, wenn Strom beziehungsweise der Wasserstoff für die Brennstoffzelle aus erneuerbaren Quellen stammen, machte Kranke deutlich. Sein Unternehmen Dachser setzt unter anderem auf kleine Elektro-Lkw und Cargo-Bikes für einen emissionsfreien Innenstadtbetrieb. In der Stuttgarter Innenstadt betreibt Dachser die deutschlandweit erste emissionsfreie Lieferzone. Weitere deutsche und europäische Metropolen wollen ähnliche Projekte starten. 
 
In der Schweiz haben sich Unternehmen branchenübergreifend zusammengeschlossen, um die Brennstoffzellen-Technologie im Schwerlastverkehr anzuschieben. In dem Alpenstaat gibt es 6 schwerlastfähige Wasserstoff-Tankstellen, und die Firma Hyundai, bisher einziger Hersteller eines serienmäßigen Brennstoffzellen-Trucks, will 1.600 Fahrzeuge bis 2025 in die Schweiz liefern. Peter Waldberger von der österreichischen Spedition Gebrüder Weiss, die auch in der Schweiz tätig ist und seit Januar 2021 einen der ersten ausgelieferten Brennstoffzellen-Lkw betreibt, führte aus, dass die Tankzeit von 8 bis 12 Minuten und die Flexibiliät im Einsatz die Nachteile des innovativen Fahrzeugs – hohe Anschaffungskosten, nicht alle Fahrzeugtypen verfügbar, keine Gefahrgut-Zulassung – überwiegen. Die Kosten seien allerdings 20 % höher als beim Diesel – „Ohne die Maut-Ersparnis wäre das nicht wirtschaftlich!", aber man habe mit dem Hyundai bisher „nur Gaudi und keine Reparatur" gehabt. „Sobald das Fahrzeug mit Planenaufbau verfügbar ist, wollen wir es haben!"
 
Als echter Pionier des elektrogetriebenen Schwerlastverkehrs berichtete Rolf Meyer vom Fashion-Logistiker Meyer & Meyer aus Osnabrück aus über zehn Jahren Erfahrung mit Akku-getriebenen Lkw. Bei seinem aktuellen Projekt „Route-Charge" werden bei den E-Lkw an verschiedenen Stationen auf der Strecke Berlin-Magdeburg-Peine leere Batteriemodule gegen aufgeladene ausgetauscht, was schneller möglich ist als das Aufladen. „Die Batterien haben außerdem eine zweite Funktion als Zwischenspeicher, der das Stromnetz stabilisiert", erklärte Meyer.
 
Der E-Highway zwischen Lübeck und Reinfeld ermöglicht das Aufladen der Akkus von Hybrid-Lkw mittels Stromabnehmern. Klimafreundlich wird das Projekt durch die Verwendung von grünem Strom aus dem Mittelspannungsnetz. Im Pendelverkehr zwischen dem Hafen Lübeck und Hamburg schaffen seine Hybrid-Lkw drei bis fünf Touren am Tag, berichtete Spediteur Marc-Philipp Bode aus Reinfeld.

„Mehr grüner Strom und grüner Wasserstoff ist nötig, um klimafreundliche Logistik zu ermöglichen. Das zeigt, wie wichtig es ist, dass die Wirtschaft branchenübergreifend für die Energiewende zusammenarbeitet", sagte Axel Wiese, Projektleiter des Clusters Erneuerbare Energien Schleswig-Holstein EE.SH. Sein Team werde die Veranstaltungsreihe zusammen mit dem Future-Fuels-Cluster fortführen, um branchenübergreifende Kontakte zu ermöglichen.
Eine Aufzeichnung der Online-Konferenz ist verfügbar unter www.futurefuelscluster.de/ oder www.ee-sh.de.
 
Die Veranstalter der Online-Konferenz „LNG heute – Wasserstoff morgen?" waren die Bundesvereinigung Logistik e.V. (BVL), die Netzwerkagentur Erneuerbare Energien EE.SH, die Logistik-Initiative Schleswig-Holstein, Regionalgruppe Schleswig-Holstein, der Unternehmensverband Logistik Schleswig-Holstein e. V., der Unternehmensverband Mittelholstein e. V., die Wirtschaftsagentur Neumünster GmbH sowie die Logistik-Unternehmen DACHSER SE Logistikzentrum Schleswig-Holstein, Ernst Krebs GmbH & Co. KG und Herbert Voigt GmbH & Co. KG und das Entsorgungsunternehmen MBA Neumünster GmbH.
 
Kontakt: EE.SH - Netzwerkagentur Erneuerbare Energien Schleswig-Holstein | info@ee-sh.de | www.ee-sh.de

Technik | Mobilität & Transport, 25.04.2021

     
        
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