BIOFACH 2025

Textilindustrie und Umweltbelastung:

Hier liegen die Probleme und Lösungsansätze

In der Modeindustrie werden zum Teil qualitativ minderwertige Kleidungsstücke auf den Markt gebracht, die nach Ablauf der Saison vielfach im Altkleidercontainer landen. Verbraucher können zwischen legalen und illegalen Kleidersammelcontainern in der Regel nicht unterscheiden. Es stapeln sich Kleiderberge vor den Containern, weil sie nicht regelmäßig abgefahren werden. Das wirft insgesamt ein schlechtes Licht auf die Textilrecycling-Branche. Dass Textilherstellung insbesondere beim Anbau und der Produktion der Rohfasern sowie bei der Textilveredelung stark umweltbelastende Prozesse durchläuft, ist bekannt. Dieser Beitrag beleuchtet die Problematik der Veredelung genauer.
 

Der Herstellungsprozess im Fokus

Billig produzierte Textilien überschwemmen den Markt. © PublicDomainPictures, pixabay.comDas zur Herstellung von Textilien benötigte Garn wird aus Rohfasern gesponnen. Dies können pflanzliche Fasern wie Baumwolle sein, doch auch tierische Wolle und chemische Polyesterfasern kommen zum Einsatz. Die Garne werden gewebt, gestrickt oder gewirkt. Um Vliesstoffe herzustellen werden Garne benutzt, die aneinanderhaften. Zusätzlich werden sie miteinander vernadelt. Die einzelne Faser ist bei dieser mechanischen Prozedur stark belastet. Damit sie diesen Belastungen standhalten kann, wird sie in der Regel chemisch präpariert. Zum Einsatz kommen dabei umweltbelastende Spinnöle, Schmelzen und Schlichtemittel.

Im Rahmen der Textilproduktion werden Stoffe gefärbt oder bedruckt. Diese Veredelung erfolgt entweder bereits direkt am Garn oder später auf dem fertigen Stoff. In jedem Fall kommen Wasser, Chemie und Energie zum Einsatz. Im Rahmen der Vorbehandlung werden Textilien entschlichtet, gebleicht, gewaschen oder mercerisiert. Im Anschluss folgt das Färben, Bedrucken oder Kaschieren bzw. Beschichten. Alles in Allem haben die Vorgänge im Herstellungsprozess starke Auswirkungen auf die Umwelt. 

Lösungsansatz: Slow Fashion statt Fast Fashion

Wird Mode schnell und günstig mit Hilfe der oben kurz genannten Verfahren produziert, ist der Prozess in der Regel nicht gut für die Umwelt. Die meiste Kleidung, die produziert und gekauft wird, ist Fast Fashion. Das World Resources Institute nennt konkrete Zahlen: Wir kaufen heute 60 Prozent mehr Kleidung als im Jahr 2000 und tragen sie nur noch halb so lange.  
 
Beim Shopping geht es oft um Wunscherfüllung ohne schlechtes Gewissen. Wie die Kleidung produziert wurde ist für viele Verbraucher leider zweitrangig. © 46173, pixabay.com Die Produktionsbedingungen sind nicht nur aus Umweltsicht verbesserungswürdig. Gerade große Unternehmen setzen darauf, Kleidung so schnell und so billig wie möglich zu verkaufen. Die Produktion erfolgt dann in Billiglohnländern, in denen Mitarbeiter schlecht entlohnt werden und Firmen möglichst billig und unter Einsatz minderer Garnqualität und Chemikalien arbeiten. Diese Mode geht schnell kaputt, leiert aus und ist insgesamt nicht lange tragbar. Sie landet somit rasch im Altkleidercontainer, was zum Recycling-Kollaps beiträgt. 

Slow Fashion– eine Alternative für aufgeklärte Verbraucher und eine Chance für die Textilindustrie
Wer auf Slow Fashion setzt, setzt auf nachhaltige und grüne Mode. Diese Mode ist aus qualitativ hochwertigen Garnen gefertigt, die lange halten und somit ist Slow Fashion auch lange tragbar. Nachhaltige Mode ist kaum bzw. nicht umweltschädlich, sie wird mit Blick auf Mensch, Tier und Pflanze gefertigt. Das Material stammt aus biologischem Anbau, im Rahmen der Herstellung werden keine oder nur wenige Chemikalien und möglichst wenig Wasser und Energie eingesetzt. Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen erhalten einen fairen Lohn und die Lieferwege sind kurz. Verbraucher, die auf der Suche nach passenden Shoppingmöglichkeiten sind, die sie auch von zuhause aus ansteuern können, finden im Netz eine vielfältige Auswahl. Die Plattform gorilla.green hat eine hilfreiche Liste zusammengestellt. In diesen Onlineshops für nachhaltige Mode ist ein breites Produktsortiment zu finden und es lässt sich bequem einkaufen:
  • Asos
  • Avocadostore
  • Glore
  • Greenality
  • Greenpicks
  • Jojeco
  • Loveco
  • Upub (jetzt momoxfashion.com)
  • muso koroni
  • Najoba
  • ThokkThokk
  • Waschbär
Es ist wünschenswert die Textilproduktion in punkto Nachhaltigkeit zu aktivieren. Es gibt bereits zahlreiche Hersteller, die dem Ruf folgen. Verkauft werden die Labels unter anderem in oben genannten Onlineshops. Doch das Bewusstsein der Verbraucher und der Hersteller muss weiter ausgebildet werden, um die Umwelt langfristig deutlich zu entlasten. Denn der Anteil fair und slow produzierter Mode ist noch immer viel zu gering und sollte erheblich vergrößert werden.

Nachhaltige Produktion in der Textilindustrie: Öffentlichkeitsarbeit aktivieren
Secondhand einkaufen hat längst sein verstaubtes Image verloren. Auch Prominente wie Model und Influencerin Marie Nasemann setzen sich für dieses Nachhaltige Konsumverhalten ein. © StockSnap, pixabay.com Etwa ein Prozent der produzierten Baumwelle wird nach den Kriterien des ökologischen Landbaus erzeugt. Dies hängt unter anderem auch damit zusammen, dass die Nachfrage relativ verhalten ist. Durch eine gezielte Öffentlichkeitsarbeit ließe sich die Nachfrage und damit die Produktion ankurbeln.

Innovative Fasern entwickeln und Recycling neu denken
Mit Blick auf die Chemiefasern könnte ein zweiter Ansatz ebenfalls hilfreich sein. Um die Ressourcen zu schonen, die für die Herstellung benötigt werden, wäre die Entwicklung neuer, innovativer Fasern und neuer Konzepte zum Recycling der wachsenden Kleiderberger wünschenswert. Die Textilindustrie sollte mehr Recyclingfasern einsetzen, so die einhellige Meinung in Expertenkreisen.

Wie lässt sich die Chemiefasern aus den Textilien herauslösen, um sie zukünftig für die Produktion von Neuware zu nutzen? Das ist nur eine von vielen Fragen, die die Textilindustrie beantworten sollte.  

Wasserverbrauch und Wasserverschmutzung senken
Im Rahmen der Textilveredelung wird sehr viel Wasser verbraucht, die Abfallstoffe werden zudem ins Wasser abgegeben. Auch stoßen Textilbetriebe Abgase aus und verunreinigen dadurch die Umwelt noch mehr. Der CO2-Abdruck ist exorbitant, der Einsatz von gesundheitsgefährdenden und umweltschädlichen Chemikalien enorm. In Deutschland sind bereits einige Schritte in die richtige Richtung erfolgt, die Industrie setzt Schritt für Schritt auf umweltfreundlichere Maßnahmen. Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit hat verschiedene Projekte gefördert, die die Textilveredelung umweltfreundlicher machen. Die Schwerpunkte der Projektförderungen lagen dabei in den folgenden Bereichen:
  • Schlichterrückgewinnung mithilfe von Ultrafiltration
  • Kreislaufführung von Prozesswasser
  • Abwasservermeidung
  • Abwärmenutzung
Weitere Details und hilfreiche Ausführungen zu den Umweltaspekten der Textilindustrie und zu den Möglichkeiten der Emissionsminderung  sind auf der Website des Umweltbundesamts (UBA) zu finden.

Umweltbelastungen in der Textilveredlung minimieren

Textilbetriebe sollen den Energieverbrauch und damit die CO2-Belastung sowie das Volumen der Verbrennungsabgase senken. Um das zu erreichen gibt es einige Maßnahmen, die größtmögliche Erfolge versprechen. Die nachfolgenden Ausführungen sind dem Leitfaden Emissionsminderung bei Textilveredelung des Bayerischen Landesamtes für Umweltschutz entnommen. Dort sind ausführliche Informationen über die folgenden Aspekte zu finden:
  • Bei der Verwendung von Druckluft ist das Druckniveau zu optimieren und regelmäßig zu warten.
  • Thermische Behandlungsprozesse sollten optimiert ausgeführt werden. Das bedeutet, dass das Verhältnis Luft-Ware so niedrig wie möglich ausfällt und die Verweilzeiten und Behandlungstemperaturen so kurz und niedrig wie möglich gestaltet werden.
  • Textilien sollten vor der thermischen Behandlung eine möglichst geringe Eingangsfeuchte aufweisen.
  • Der Einsatz modernster Mess- und Regelungstechnik ist notwendig, um Temperatur, Luftanteil, Luftfeuchtigkeit und Warenfeuchte zu überwachen und zu regeln.
  • Textilbetriebe sollten nach Möglichkeit Kraft-Wärme-Kopplung nutzen.
  • Die Warenendfeuchte sollte auf das höchstmögliche Niveau geregelt werden, sofern die Qualitätsanforderungen dies zulassen.
  • Der Einsatz von Luft/Luftwärmetauscher zur Wärmerückgewinnung ist ratsam.
  • Rohrleitungen, Ventilen, Tanks und Apparaturen sind zu dämmen.
  • Der Einbau moderner Brenntechnik mit niedrigem Gasschlupf und optimalen Abgasemissionswerten ist zu empfehlen.
  • Die Technik muss regelmäßig gewartet werden.
  • Nützlich ist der Einsatz energieeffizienter elektrischer Motoren mit Drehzahlregelung.
  • Der Austausch von Dampf zu Heißwasser als Trägermedium für Wärme verspricht Vorteile für die Umwelt.
  • Die optimale Schadstoffabsaugung in Verbindung mit günstiger Belüftung unter Kopplung von Wärmerückgewinnung senkt die Umweltbelastung.

Umweltfreundliche Textilproduktion politisch gewollt

Die weniger entwickelten Länder können am meisten zur Umweltentlastung im Rahmen der Textilherstellung beitragen. Der Grund liegt darin, dass der größte Teil der Textilproduktion in diesen Ländern erfolgt und dort geringere Umweltstandards als in Deutschland und Europa gelten. Das UBA arbeitet daran, umweltverträgliche Produktionen in Anknüpfung an die europäischen Umweltstandards auch in den Ländern zu einzuführen, in denen produziert wird. Die Broschüre „Umweltstandards in der Textil- und Umweltbranche" der UBA dient als Leitfaden für Handelsfirmen und Markenfirmen, um mit ihren Lieferanten in Schwellenländern und Entwicklungsländern entsprechende Projekte zu realisieren. Ob dieses Vorhaben des Umweltbundesamts sich in der nächsten Zeit messbar niederschlagen wird, bleibt abzuwarten.

Lifestyle | Mode & Kosmetik, 29.04.2021

     
        
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