Begeistern! Wie Unternehmen über sich hinauswachsen
forum Buch-Tipp und Interview mit Autor Christoph Quarch
Christoph Quarch
Begeistern!
Wie Unternehmen über sich hinauswachsen
2021 |
Begeisterung ist eine Ressource, die wesentlich zum ökonomischen, kulturellen und humanen Erfolg von Unternehmen beiträgt. Aber was ist Begeisterung? Kann man sie generieren - und wenn ja, wie? Ist Begeisterung immer gut oder kann sie nicht auch gefährlich sein?
Der Autor beleuchtet, wie Menschen Begeisterung erleben und beschreiben und lotet problematische Erscheinungsformen der Begeisterung aus. Dabei erweist sich künstlich erzeugte Begeisterung, wie sie von Begeisterungs-Coaches oder -Ratgebern in Aussicht gestellt wird, als fragwürdige Manipulation.
Dennoch können Unternehmen ein Klima erzeugen,
in dem Begeisterung wachsen und gedeihen kann.
Die dafür notwendigen Voraussetzungen bzw. erforderlichen Maßnahmen werden im Praxisteil vorgestellt.
in dem Begeisterung wachsen und gedeihen kann.
Die dafür notwendigen Voraussetzungen bzw. erforderlichen Maßnahmen werden im Praxisteil vorgestellt.
Nachfolgend finden Sie ein Interview mit Autor Christoph Quarch.
Wann waren Sie zuletzt so richtig begeistert, Herr Quarch?
Dr. Christoph Quarch: Es gab bei mir zuletzt immer wieder kleine Begeisterungsmomente, aber einer, der mir sogleich in den Sinn kommt, war auf einer großen Konferenz im September 2020 in Wiesbaden. Sie lag just in einer Phase der Pandemie, wo solche Veranstaltungen erlaubt waren. Und wirklich jede und jeder sagte damals – mit Verlaub – ‚Wie geil ist das denn!‘ Wir konnten uns direkt sehen, spüren, uns von Mensch zu Mensch begegnen. Da war bei uns allen sofort Begeisterung da.
Warum brauchen Unternehmen Begeisterung?
Nicht nur Unternehmen, wir alle brauchen Begeisterung. Auch als Gesellschaft im Ganzen. Begeisterung stiftet Sinn, Begeisterung motiviert und energetisiert, sie weckt unsere schöpferischen Kräfte uns stiftet Verbundenheit. All das sind Qualitäten, die Unternehmen dringend brauchen, wenn sie erfolgreich in die Zukunft kommen wollen.
Wie hängen Begeisterung und Innovation zusammen?
Wenn Menschen begeistert sind, werden sie schöpferisch. Sie suchen nach Ausdrucksformen, um ihre Begeisterung mitzuteilen. Auf diese Weise sind die größten Kunstwerke entstanden. Aber nicht nur: Begeisterung ist überhaupt die einzige Quelle für echte und dauerhafte Transformation. Wenn wir durch die Geschichte scrollen, können für feststellen, dass alle großen kulturellen und gesellschaftlichen Transformation dadurch zustande kamen, dass plötzlich ein neuer Geist zu wehen begann, der oft in kurzer Zeit ganze Völker ergriff. Denken wir etwa an die Renaissance, in der sich Europa in wenigen Jahren aus dem Würgegriff der Religion befreite. Das war nicht nur innovativ, sondern nachgerade disruptiv. Übrigens bestätigen die bildgebenden Verfahren der Neurophysiologie diese empirischen Bestände präzise. Wir wissen heute, dass Begeisterung auf die neuronalen Netzwerke des Gehirns wie Dünger wirkt, der uns auf neue Gedanken kommen lässt.
Was sollten Unternehmen konkret umsetzen, um die Kraft der Begeisterung nutzen zu können – und was sollten Sie vermeiden? Muss Begeisterung aktiv geweckt werden oder geht es mehr darum, die richtigen Bedingungen zu schaffen?
Begeisterung kommt vom Geist, und der Geist, weht bekanntlich von er will. Wie die Luft ist er immer da, und es kommt nur darauf an, die Segel zu schneidern, in die er fahren kann. Das heißt: Es kommt darauf an, begeisterungsfähig zu bleiben. Das bedeutet nun gerade nicht, bestimmte Ziele zu erreichen optimal zu funktionieren. Es heißt vielmehr, sich offen zu halten für das, was einem begegnet; gerade wenn es einem vorderhand nichts bringt. Am meisten begeistern sich Menschen für so etwas Nutzloses wie Spiele, Kunst, Musik oder Sonnenuntergänge; oder ein gutes, geistreiches Gespräch. Genau da können Unternehmen ansetzen, indem sie in Räume und Zeiten für Tätigkeiten reservieren, die der ökonomischen Rationalität entzogen sind und Menschen zu einer spielerische Konversation einladen.
Ist Begeisterung etwas, das sich auch im digitalen Raum verbreiten kann – oder braucht es dafür echte Begegnungen?
Da der Geist immateriell ist, kann er auch im digitalen Raum wehen. Das wird allerdings nur gelingen, wenn die Menschen, die sich dort begegnen, einander zugewandt und in einem gemeinsamen Tun oder Sprechen verbunden sind. Denn Begeisterung entsteht – wie der Philosoph Martin Buber sagte – vorzugsweise im Raum des Zwischenmenschlichen. Sich im digitalen Raum für ein Theaterstück, ein Konzert oder ein Fußballspiel zu begeistern ist hingegen kaum möglich. Digitale Medien laden dazu ein, sich in ein unbeteiligte Konsumentenhaltung zurückzuziehen und sich nicht wirklich berühren zu lassen. Wer konsumiert kann nicht begeistert werden.
In Ihrem Buch warnen Sie aber auch vor der „Beungeisterung". Warum?
Weil die Kennzeichen der Begeisterung auch künstlich erzeugt werden können. Etwa, wenn ein Politiker sein Programm oder eine Firma ihr Produkt verkaufen will. Dann wird Musik gespielt, das Publikum klatscht im Takt – und schon entsteht ein Effekt, der wie Begeisterung aussieht, aber keine Begeisterung ist. Denn da weht kein Geist. Es wird lediglich eine Stimmung erzeugt – die Beungeisterung – die Menschen manipuliert, konditioniert und im schlimmsten Fall fanatisiert. Die Wahlkampftermine von Donald Trump waren dafür das beste Beispiel. Fliegt der Schwindel dann auf, folgt zu Recht die Entgeisterung.
Können wir uns davor schützen?
Ja, da kann eine Faustregel helfen: Echte Begeisterung wirkt immer positiv. Sie sorgt dafür, dass wir uns für etwas einsetzen. Beungeisterung versucht, uns gegen etwas oder jemanden anzustacheln. Wo das geschieht, haben wir es ziemlich sicher mit Beungeisterung zu tun. Deshalb sind wirklich begeisterte Fans auch nie gegen eine andere Mannschaft oder eine andere Band, sie brennen einfach nur für ihre Stars.
Begeisterung hetzt nicht auf?
Nein, Begeisterung verbindet und nährt. Orte der Begeisterung sind wie Gärten. Hier darf etwas wachsen. Da halten wir uns gern auf. Pflanzen wir solche Gärten an, geben wir dem Geist die Chance, uns wachsen, gedeihen und erblühen zu lassen.
Der Bestseller-Autor Christoph Quarch ist
Philosoph aus Leidenschaft. Seit ihm als junger Mann ein Büchlein mit
»Platons Meisterdialogen« in die Hand fiel, beseelt ihn eine glühende
Liebe (philia) zur Weisheit (sophia), die er als Weg zu einem erfüllten
und lebendigen Leben versteht. Als Autor, Publizist, Berater und
Seminarleiter greift er auf die großen Werke der abendländischen
Philosophen zurück, um diese in eine zeitgemäße Lebenskunst und
Weltdeutung zu übersetzen."
Hören Sie ihn persönlich im SWR-Podcast Frühstücks-Quarch. Lesen Sie mehr von ihm unter www.christophquarch.de
Als forum-Redakteur zeichnete Christoph Quarch verantwortlich für den Sonderteil „WIR - Menschen im Wandel".
Wirtschaft | Führung & Personal, 23.05.2021
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