Erste weltweite Bestandsaufnahme der Artenvielfalt
Wien und Tirol beteiligen sich am Projekt Lifeplan
Im Projekt Lifeplan wird der Stand der Biodiversität erstmals weltweit nach einheitlichen Standards erfasst. Österreich beteiligt sich mit drei Standorten. Das Umweltbundesamt richtet für Lifeplan eine neue Untersuchungsfläche am Forschungsstandort Zöbelboden in Oberösterreich ein. Auch in Wien und Tirol wird die Artenvielfalt erhoben.
Rund 80 Prozent aller Tier-, Pilz- und Pflanzenarten weltweit sind noch nicht wissenschaftlich beschrieben. Von den bekannten Arten liegen zum Teil nur lückenhafte Informationen über ihre Verbreitungsgebiete vor. Hier setzt das Projekt Lifeplan unter der Leitung der Universität Helsinki an. In den nächsten vier Jahren wird an über 200 Standorten auf allen Kontinenten die Biodiversität auf 100 mal 100 Meter großen Untersuchungsflächen gemessen, beobachtet und analysiert. Das Umweltbundesamt erweitert dafür, unterstützt vom oberösterreichischen Nationalpark Kalkalpen, einen der am bestausgerüsteten Forschungsstandorte für ökologische Langzeitforschung in Österreich, den Zöbelboden im Reichraminger Hintergebirge.
Die Universität Wien und die Gemeinde Wien steuern Untersuchungen im Botanischen Garten in Wien und im Lainzer Tiergarten bei. Die Tiroler Landesmuseen und der Naturpark Karwendel betreuen mit Unterstützung des Landes Tirol einen Standort in Hall bzw. im Karwendelgebirge. Die Daten, die in den drei Gebieten erhoben werden, sind nicht nur ein wichtiger Beitrag zur weltweiten Biodiversitätsforschung, sondern auch eine wichtige Grundlage für Analysen auf nationaler und lokaler Ebene. So rechnen die ForscherInnen auch mit Erstnachweisen in Österreich beziehungsweise in den einzelnen Bundesländern.
Im Fokus: Biodiversitätstrends und menschlicher Einfluss
Die lange Laufzeit des Projekts von vorerst fünf Jahren und die gewonnenen Daten ermöglichen, weltweite Trends der Artenvielfalt abzulesen. Durch den Vergleich von naturbelassenen mit urbanen Gebieten kann außerdem der menschliche Einfluss auf die Biodiversität untersucht werden. Dafür kommen Malaisefallen, Sporenfallen, Bodenproben, Kameras und Mikrophone zum Einsatz. In regelmäßigen Abständen werden Wirbeltiere mit automatisierter Erkennungssoftware über Fotofallen und Audiorekorder erfasst. Organismen in Luft- und Bodenproben werden mit DNA-Barcoding bestimmt. DNA-Barcoding zählt zu den modernsten genetischen Methoden und dient der Bestimmung von Organismen und ermöglicht, Arten eindeutig zuzuordnen und voneinander zu unterscheiden. Dafür werden bestimmte Abschnitte aus dem Erbgut (DNA) untersucht und mit Gensequenzen von sicher bestimmten Referenztieren, den so genannten DNA-Barcodes, in einer Referenzdatenbank verglichen. Durch die Kombination von bewährten, kostengünstigen Instrumenten wie Foto- und Audiofallen mit neuen genetischen Methoden können die ForscherInnen gleichzeitig Daten zum Stand der Artenvielfalt auf globaler und auf regionaler Ebene gewinnen.
Österreichisches Netzwerk für Biodiversitätsforschung
Mit dem Projekt Lifeplan zählt Österreich weltweit zu den Vorreitern moderner Biodiversitätsforschung. Die führenden nationalen Institutionen auf diesem Gebiet sind in der Österreichischen Barcode of Life Initiative ABOL vernetzt, deren Koordination am Naturhistorischen Museum Wien angesiedelt ist. Langfristiges Ziel von ABOL ist die Erstellung von DNA-Barcode-Sequenzen aller Tier-, Pflanzen- und Pilzarten Österreichs, unter Berücksichtigung der geografischen Variation. Die DNA-Barcodes sollen für viele Anwendungen in einer Online-Datenbank frei zur Verfügung gestellt werden. Damit schafft ABOL eine solide und aktuelle Datengrundlage zur österreichischen Artenvielfalt.
Umwelt | Biodiversität, 19.05.2021
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