Muss der Artenschutz zurückstecken, um das Klima zu retten?
KNE-Kongress widmete sich dem Spannungsverhältnis von Klima, Natur und Energie
„Wir brauchen mehr Tempo bei der Energiewende, um unsere Klimaziele zu erreichen und den drohenden Verlust der Artenvielfalt aufzuhalten. Doch mit der Gleichsetzung ,Klimaschutz ist Naturschutz‘ dürfen wir es uns nicht zu leicht machen. Wir brauchen mehr kreative Konzepte für eine naturverträgliche Energiewende – von Dichtezentren über neue Technologien bis hin zu Artenschutzhilfsprogrammen", forderte KNE-Direktor Dr. Torsten Raynal-Ehrke auf dem KNE-Kongress „Klima. Natur. Energie." am 24. Juni 2021.
Dr. Gregor Hagedorn, Akademischer Direktor am Naturkundemuseum Berlin und Mitinitiator von Scientists 4 Future, betonte in seiner Keynote: „Als Biologe kann ich sagen: Das drohende Artenschutzsterben tut mir unendlich weh. Das Risiko eines ,Weiter so‘ ist größer als das Risiko des Wandels. Unser Problem sind nicht Klimawandelleugner, sondern Nicht-Wahrhaben-Woller."
Versachlichung der Debatte notwendig
Die Paneldiskussion griff die Frage auf, wie stark der Klimawandel die biologische Vielfalt bedroht, und wie dem Einhalt geboten werden kann.
Karen Wiltshire, Vizedirektorin des Alfred-Wegner-Instituts, schilderte, wie drastisch die Meere schon heute unter dem Klimawandel leiden. Allein in der Nordsee seien die Folgen in den letzten zwanzig Jahren verheerend. Sie forderte mehr Tempo beim Klimaschutz, aber auch einen umfassenden Dialog mit allen Beteiligten und mehr Forschung über die Auswirkungen auf die Natur. Die Lärmbelastung und Eingriffe in Lebensräume durch Offshore-Windparks bedürften weiterer Forschung.
Auch Wolfram Axthelm, Geschäftsführer des Bundesverbands Erneuerbare Energie, forderte eine Versachlichung der Debatte auf wissenschaftlicher Basis. Er plädierte für einen deutlich schnelleren Ausbau aller erneuerbarer Energien und für ein gemeinsames Ringen um die besten Lösungen auf Augenhöhe.
Die von der Branche geforderten massiven Ausbauziele würden dem Naturschutz Sorgen bereiten, bekannte die Präsidentin des Bundesamts für Naturschutz, Prof. Dr. Beate Jessel, im Anschluss. Eine naturverträgliche Energiewende sei möglich. „Dabei gilt es, die Belange des Naturschutzes von Anfang an mitzudenken – bei der Auswahl der Standorte, der Ausführungsplanung vor Ort und auch beim Betriebsablauf. Oberste Prämisse muss jedoch sein, ambitionierte Einspar- und Effizienzziele nicht nur zu setzen, sondern auch zu erreichen!"
Internationales Engagement für eine naturverträgliche Energiewende
Dass ein großer Windpark Lebensräume für Flora und Fauna schaffen kann, zeigte eine Reportage über den schottischen Windpark Whitelee. Hier sei es eindrucksvoll gelungen, den Windenergieausbau so umzusetzen, dass der Naturschutz und die Anliegen der Menschen gleichermaßen berücksichtigt wurden, kommentierte KNE-Direktor Dr. Raynal-Ehrke.
Erfahrungsberichte aus sechs Ländern zeigten zum Abschluss, dass sich Menschen weltweit mit der Frage beschäftigen, wie sich der Ausbau dezentraler erneuerbarer Energien in Einklang mit Natur und Landschaft gestalten lässt. So unterschiedlich die jeweiligen politischen Rahmenbedingungen, die geografischen Herausforderungen und spezifischen Lösungsansätze auch sind – alle Akteure waren sich darin einig darin, dass mehr Dialog und ein schnelles Handeln nötig sind, um weltweit Naturschutz und Energiewende zusammenzubringen.
Kontakt: Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende KNE gGmbH | presse@naturschutz-energiewende.de | www.naturschutz-energiewende.de
Umwelt | Biodiversität, 25.06.2021
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