Jetzt wird's bunt - Welche Farbe haben nachhaltige Gebäude?
Nachhaltiges Bauen in Deutschland - Wurzeln, Strömungen und Trends
Während die Diskussion um "Green Buildings", die für umweltverträgliche und gesundheitsgerechte Gebäude stehen, noch immer an Intensität gewinnt, stellt sich die Frage, ob die Anforderungen an Gebäude der Zukunft nicht noch komplexer zu formulieren sind. Es geht unter anderem darum, im Sinne von "Sustainable Buildings" Gebäude zu errichten und zu nutzen, die zu einer nachhaltigen Entwicklung beitragen können und somit sowohl "zukunftsverträglich" als auch "zukunftsfähig" und zugleich auch wirtschaftlich sowie wertstabil sind.
Fragen der Auseinandersetzung mit Grundlagen des energiesparenden, ressourcenschonenden, gesundheitsgerechten und kostengünstigen Errichtens und Nutzens von Gebäuden haben in Deutschland eine lange Tradition. In den vergangenen Jahrzehnten wurden die hierfür benötigten Planungsprinzipien ebenso entwickelt wie die bewertungsmethodischen Grundlagen, die Planungs- und Bewertungshilfsmittel sowie die technischen Lösungen. Die Ansätze des energiesparenden Planens wurden in wissenschaftlich begleiteten Demonstrationsbauvorhaben erprobt - beispielsweise bei Niedrigenergiehäusern oder Passivhäusern, Ansätzen des kosten- und flächensparenden Bauens, des ökologischen Bauens, des recyclinggerechten Konstruierens sowie des gesundheitsgerechten Bauens unter Beachtung auch baubiologischer Grundsätze. Architekten und Ingenieure aus Deutschland konnten ebenso Kompetenzen entwickeln und nachweisen wie die Bauwirtschaft. Gesetzgebung, Normung, Planungs- und Baupraxis sowie gesellschaftliche Akzeptanz haben im Vergleich zu anderen Ländern ein überdurchschnittlich hohes Niveau. Problematisch war in der Vergangenheit teilweise ein Mangel an ganzheitlichen Planungs- und Bewertungsansätzen, das Fehlen einer Herausarbeitung auch ökonomischer Vorteile sowie die ausbleibende gezielte Nachfrage von Seiten der Investoren.
Bewältigung der Komplexität durch Planungs- und Bewertungshilfsmittel
Das Ziel, auch in der Bau- und Immobilienwirtschaft zu einer nachhaltigen Entwicklung beizutragen, bietet die Chance, bisher häufig isoliert betrachtete Einzelaspekte zu einem Gesamtkonzept zusammenzuführen. Von der Enquete- Kommission "Schutz des Menschen und der Umwelt" wurden - dargestellt am Beispiel des Bereiches "Bauen und Wohnen" - bereits in den neunziger Jahren prinzipielle Anforderungen formuliert. Dazu zählten die Reduzierung des Flächenverbrauches, die Ressourcenschonung, die Vermeidung von Schadstoffen, der Klimaschutz, die Minimierung von Lebenszykluskosten, die Sicherung von Gesundheit und eines geeigneten Umfeldes sowie die Erstellung bedarfsgerechter Gebäude. Hierbei wurde und wird von einer gleichberechtigten Bedeutung der ökonomischen, ökologischen und sozialen Dimension ausgegangen. Mit dem im Jahr 2000 erschienenen und noch in diesem Jahr in überarbeiteter und erweiterter Form vorliegenden Leitfaden "Nachhaltiges Bauen" stellte das BMVBS Informationen und Checklisten zur Verfügung, die eine konkrete Umsetzung nachhaltigen Planens, Bauens und Betreibens ermöglichen. Am Runden Tisch "Nachhaltiges Bauen" wurde der Ansatz entwickelt, das Thema Nachhaltigkeit in eine allgemeine Qualitätsdiskussion zu integrieren, um es so in einen Zusammenhang mit der städtebaulichen, technischen, funktionalen und prozessualen Qualität zu stellen. In Forschungsvorhaben werden derzeit die Bereitstellung von Daten für eine quantitative Bewertung (Ökobilanzierung und Lebenszykluskostenrechnung), die Weiterentwicklung von Planungsund Bewertungshilfsmitteln sowie die Entwicklung und Erprobung eines Systems zur Zertifizierung von Hochbauten vorangetrieben.
Steigende Nachfrage in der Immobilienwirtschaft
Während bisher überwiegend Politik und Wissenschaft den Prozess vorangetrieben haben, die Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung in die Bau- und Immobilienwirtschaft zu übertragen, hat sich seit circa einem Jahr die Situation stark verändert. Nun ist es die Immobilenwirtschaft, die Nachhaltigkeit als Chance und Nicht-Nachhaltigkeit als Risiko erkennt. Ihre Vertreter möchten ebenso wie Planer und Bauunternehmen verstärkt Nachhaltigkeit als Qualitätssignal im Wettbewerb nutzen. Investoren interessieren sich stärker als bisher bei der Wahrnehmung ihrer Verantwortung gegenüber Umwelt und Gesellschaft (CSR) für die Umweltund Gesundheitsverträglichkeit ihrer Gebäude und möchten dies auch in ihrer Nachhaltigkeitsberichterstattung thematisieren. Während man sich in Europa hierbei noch stark auf die Themen Energieeffizienz und Klimaschutz konzentriert, werden international unter anderem die Aspekte Nutzerzufriedenheit und Produktivität zusätzlich diskutiert.
Transparenz bei Begriffen und Labeln erforderlich
Derzeit steigt die Nachfrage nach Zertifikaten, welche die Energieeffizienz, Umweltverträglichkeit oder auch Nachhaltigkeit von Gebäuden in hochaggregierter Form ausdrücken. Es muss festgestellt werden, dass sich ein auf Themen wie Energie, Ressourcen und Gesundheit konzentrierender Ansatz der Bewertung von Green Buildings nicht mit dem komplexeren Konzept der Zertifizierung nachhaltiger Gebäude vergleichen lässt (siehe Abb. 1). Gleichzeitig ist zu beachten, dass bei der Festlegung von Bewertungsmaßstäben davon ausgegangen werden kann, dass zum Beispiel in Deutschland ein höheres Ausgangsniveau herrscht und anspruchsvollere Ziele formu- liert werden. In Übereinstimmung mit dem Stand der internationalen und europäischen Normung ist der in Deutschland entwickelte Ansatz zur Zertifizierung von Gebäuden wesentlich stärker auf quantitative Methoden abgestützt. Insofern geht das in Deutschland entwickelte und vor einer Einführung stehende System über das Thema Green Building hinaus und repräsentiert durch die volle Integration sozialer und ökonomischer Aspekte, der funktionalen und technischen Performance sowie der Standort- und Prozessqualität ein erstes Beispiel für eine neue Generation von Bewertungsansätzen, die versuchen, der Komplexität des Themas "Nachhaltiges Planen, Bauen und Betreiben" gerecht zu werden.
Prof. Dr. Thomas Lützkendorf ist als Obmann beim DIN zuständig für die Koordinierung von Normungsaktivitäten im Bereich des nachhaltigen Bauens. Er berät das BMVBS bei der Vorbereitung, Durchführung und Auswertung von Veranstaltungen des Runden Tisches "Nachhaltiges Bauen" und ist Gründungsmitglied der Internationalen Initiative für eine nachhaltig gebaute Umwelt (iiSBE) sowie stellvertretender Vorsitzender des wissenschaftlichen Beirates der Weltkonferenz "Sustainable Building 2008" in Melbourne. In Lehre und Forschung befasst er sich mit den Fragen der Umsetzung von Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung in der Bau-, Wohnungs- und Immobilienwirtschaft.
Fragen der Auseinandersetzung mit Grundlagen des energiesparenden, ressourcenschonenden, gesundheitsgerechten und kostengünstigen Errichtens und Nutzens von Gebäuden haben in Deutschland eine lange Tradition. In den vergangenen Jahrzehnten wurden die hierfür benötigten Planungsprinzipien ebenso entwickelt wie die bewertungsmethodischen Grundlagen, die Planungs- und Bewertungshilfsmittel sowie die technischen Lösungen. Die Ansätze des energiesparenden Planens wurden in wissenschaftlich begleiteten Demonstrationsbauvorhaben erprobt - beispielsweise bei Niedrigenergiehäusern oder Passivhäusern, Ansätzen des kosten- und flächensparenden Bauens, des ökologischen Bauens, des recyclinggerechten Konstruierens sowie des gesundheitsgerechten Bauens unter Beachtung auch baubiologischer Grundsätze. Architekten und Ingenieure aus Deutschland konnten ebenso Kompetenzen entwickeln und nachweisen wie die Bauwirtschaft. Gesetzgebung, Normung, Planungs- und Baupraxis sowie gesellschaftliche Akzeptanz haben im Vergleich zu anderen Ländern ein überdurchschnittlich hohes Niveau. Problematisch war in der Vergangenheit teilweise ein Mangel an ganzheitlichen Planungs- und Bewertungsansätzen, das Fehlen einer Herausarbeitung auch ökonomischer Vorteile sowie die ausbleibende gezielte Nachfrage von Seiten der Investoren.
Bewältigung der Komplexität durch Planungs- und Bewertungshilfsmittel
Das Ziel, auch in der Bau- und Immobilienwirtschaft zu einer nachhaltigen Entwicklung beizutragen, bietet die Chance, bisher häufig isoliert betrachtete Einzelaspekte zu einem Gesamtkonzept zusammenzuführen. Von der Enquete- Kommission "Schutz des Menschen und der Umwelt" wurden - dargestellt am Beispiel des Bereiches "Bauen und Wohnen" - bereits in den neunziger Jahren prinzipielle Anforderungen formuliert. Dazu zählten die Reduzierung des Flächenverbrauches, die Ressourcenschonung, die Vermeidung von Schadstoffen, der Klimaschutz, die Minimierung von Lebenszykluskosten, die Sicherung von Gesundheit und eines geeigneten Umfeldes sowie die Erstellung bedarfsgerechter Gebäude. Hierbei wurde und wird von einer gleichberechtigten Bedeutung der ökonomischen, ökologischen und sozialen Dimension ausgegangen. Mit dem im Jahr 2000 erschienenen und noch in diesem Jahr in überarbeiteter und erweiterter Form vorliegenden Leitfaden "Nachhaltiges Bauen" stellte das BMVBS Informationen und Checklisten zur Verfügung, die eine konkrete Umsetzung nachhaltigen Planens, Bauens und Betreibens ermöglichen. Am Runden Tisch "Nachhaltiges Bauen" wurde der Ansatz entwickelt, das Thema Nachhaltigkeit in eine allgemeine Qualitätsdiskussion zu integrieren, um es so in einen Zusammenhang mit der städtebaulichen, technischen, funktionalen und prozessualen Qualität zu stellen. In Forschungsvorhaben werden derzeit die Bereitstellung von Daten für eine quantitative Bewertung (Ökobilanzierung und Lebenszykluskostenrechnung), die Weiterentwicklung von Planungsund Bewertungshilfsmitteln sowie die Entwicklung und Erprobung eines Systems zur Zertifizierung von Hochbauten vorangetrieben.
Steigende Nachfrage in der Immobilienwirtschaft
Während bisher überwiegend Politik und Wissenschaft den Prozess vorangetrieben haben, die Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung in die Bau- und Immobilienwirtschaft zu übertragen, hat sich seit circa einem Jahr die Situation stark verändert. Nun ist es die Immobilenwirtschaft, die Nachhaltigkeit als Chance und Nicht-Nachhaltigkeit als Risiko erkennt. Ihre Vertreter möchten ebenso wie Planer und Bauunternehmen verstärkt Nachhaltigkeit als Qualitätssignal im Wettbewerb nutzen. Investoren interessieren sich stärker als bisher bei der Wahrnehmung ihrer Verantwortung gegenüber Umwelt und Gesellschaft (CSR) für die Umweltund Gesundheitsverträglichkeit ihrer Gebäude und möchten dies auch in ihrer Nachhaltigkeitsberichterstattung thematisieren. Während man sich in Europa hierbei noch stark auf die Themen Energieeffizienz und Klimaschutz konzentriert, werden international unter anderem die Aspekte Nutzerzufriedenheit und Produktivität zusätzlich diskutiert.
Transparenz bei Begriffen und Labeln erforderlich
Derzeit steigt die Nachfrage nach Zertifikaten, welche die Energieeffizienz, Umweltverträglichkeit oder auch Nachhaltigkeit von Gebäuden in hochaggregierter Form ausdrücken. Es muss festgestellt werden, dass sich ein auf Themen wie Energie, Ressourcen und Gesundheit konzentrierender Ansatz der Bewertung von Green Buildings nicht mit dem komplexeren Konzept der Zertifizierung nachhaltiger Gebäude vergleichen lässt (siehe Abb. 1). Gleichzeitig ist zu beachten, dass bei der Festlegung von Bewertungsmaßstäben davon ausgegangen werden kann, dass zum Beispiel in Deutschland ein höheres Ausgangsniveau herrscht und anspruchsvollere Ziele formu- liert werden. In Übereinstimmung mit dem Stand der internationalen und europäischen Normung ist der in Deutschland entwickelte Ansatz zur Zertifizierung von Gebäuden wesentlich stärker auf quantitative Methoden abgestützt. Insofern geht das in Deutschland entwickelte und vor einer Einführung stehende System über das Thema Green Building hinaus und repräsentiert durch die volle Integration sozialer und ökonomischer Aspekte, der funktionalen und technischen Performance sowie der Standort- und Prozessqualität ein erstes Beispiel für eine neue Generation von Bewertungsansätzen, die versuchen, der Komplexität des Themas "Nachhaltiges Planen, Bauen und Betreiben" gerecht zu werden.
Prof. Dr. Thomas Lützkendorf ist als Obmann beim DIN zuständig für die Koordinierung von Normungsaktivitäten im Bereich des nachhaltigen Bauens. Er berät das BMVBS bei der Vorbereitung, Durchführung und Auswertung von Veranstaltungen des Runden Tisches "Nachhaltiges Bauen" und ist Gründungsmitglied der Internationalen Initiative für eine nachhaltig gebaute Umwelt (iiSBE) sowie stellvertretender Vorsitzender des wissenschaftlichen Beirates der Weltkonferenz "Sustainable Building 2008" in Melbourne. In Lehre und Forschung befasst er sich mit den Fragen der Umsetzung von Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung in der Bau-, Wohnungs- und Immobilienwirtschaft.
Quelle:
Technik | Green Building, 25.06.2008
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