Waldzustand in Echtzeit am Monitor beobachtbar
Interaktiver, europäischer Waldzustandsmonitor online
Auf Basis von Satellitenbildern stellt eine interaktive Internetplattform den Zustand aller Wälder in Europa dar. Dafür orientiert sie sich an der Grünheit der Bäume. Seit kurzer Zeit können Nutzerinnen und Nutzer sich jetzt auch gezielt einzelne Länder und Zeiträume darstellen lassen, um mehr über den Zustand des Waldes zu erfahren. Das Daten- und Visualisierungstool wurde von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Technischen Universität München (TUM) entwickelt.
Das häufigere Auftreten extremer Klimabedingungen im Zuge des Klimawandels stellt eine Bedrohung für die Wälder weltweit dar. Dürreperioden, Spätfrost, übersättigte Böden nach Überschwemmungen, Starkniederschläge und Winterstürme sind oft die Ursachen für das Baumsterben. Da extreme Umweltbedingungen die Abwehrmechanismen der Bäume beeinträchtigen, können außerdem Krankheitserreger wie Pilze und Käfer häufig den Rückgang und das Absterben von Bäumen verstärken.
Manche Ursachen für die Baumsterblichkeit zeigen sich schon am lebenden Baum
"Bodeneigenschaften, die Bestandsstruktur und das Mikroklima beeinflussen die Gesundheit von Bäumen. Doch auch ökophysiologische Prozesse wie der Saftfluss oder die Regulierung des Blatt-Wasserpotenzials bestimmen ihr Schicksal", sagt Anja Rammig, Professorin für Land Surface-Atmosphere Interactions an der TUM.
Doch einige wichtige ökophysiologische Prozesse können bei abgestorbenen Bäumen nicht im Nachhinein untersucht werden. Gleichzeitig ist es schwierig, vorherzusagen, wo, wann und welche Bäume absterben werden, um vor dem Absterben Überwachungsgeräte zu installieren.
Fernerkundung des Waldsterbens
Der Waldzustandsmonitor (WZM), ein auf Fernerkundung basierendes, frei verfügbares Web-Informationstool stellt den Grünzustand der europäischen Wälder während der Vegetationsperiode dar, indem er Abweichungen von der Norm farblich kennzeichnet. Er wurde gerade überarbeitet und ermöglicht es jetzt Nutzerinnen und Nutzern, sich interaktiv die Daten für einzelne Länder in einem bestimmten Zeitraum anzeigen zu lassen sowie zugrunde liegende Daten herunterzuladen. Die Darstellungsform ermöglicht es nun noch besser, Hotspots des Waldsterbens und des Waldrückgangs in ganz Europa zu identifizieren.
Werden die Bereiche, wo der Wald unter Stress steht, frühzeitig erkannt, können Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler künftig diese Regionen zeitnah unter Stressbedingungen untersuchen und Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer frühzeitig auf mögliche Risiken hingewiesen werden.
Frühwarnsystem für erkrankte Wälder
Im Jahr 2021 war der Zustand des Waldes laut WZM vergleichsweise gut. "Interessant ist, dass die Wälder sich im Regensommer 2021 in Deutschland teilweise von den Hitzesommern in den Jahren 2018 bis 2020 erholt haben. Dies betrifft selbstverständlich nur die überlebenden Bäume. Die in den vergangenen drei Jahren entstandenen Schäden bleiben bestehen", sagt Wissenschaftler Allan Buras, der den Waldzustandsmonitor koordiniert.
Der WZM zeigt, dass die Wälder auch nach einer extremen Dürre regenerationsfähig sind. "Auch das sind wichtige Hinweise für die Interpretation von mittelfristigen Auswirkungen von Dürren auf die Wälder. Allerdings sieht man auch deutlich, dass die Kiefernwälder Brandenburgs und vor allem die Fichtenwälder des Harz aber auch des Thüringer Waldes nicht vom Regensommer profitiert haben. Sie sind im Waldzustandsmonitor weiterhin rot dargestellt, das heißt, dort waren die Schäden von 2018 bis 2020 so extrem, dass sie selbst jetzt noch zu sehen sind. Deshalb kann man hier von langfristig größeren Schäden ausgehen", so Buras.
Waldzustandsmonitor bietet Daten zur Überwachung der Gesundheit des Waldes
"Die Informationen aus dem Waldzustandsmonitor, ergänzt um zusätzliche bodengestützte Untersuchungen und Überwachungskampagnen, können dazu beitragen, die Ursachen für das abweichende Grün der Baumkronen zu klären, und damit möglicherweise unser Verständnis der Ökophysiologie von Bäumen unter Stress in einer natürlichen Umgebung zu verbessern", sagt Prof. Rammig.
Die Arbeit wurde durch das Bayerische Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst gefördert.
Die Technische Universität München (TUM) ist mit mehr als 600 Professorinnen und Professoren, 48.000 Studierenden sowie 11.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine der forschungsstärksten Technischen Universitäten Europas. Ihre Schwerpunkte sind die Ingenieurwissenschaften, Naturwissenschaften, Lebenswissenschaften und Medizin, verknüpft mit den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. Die TUM handelt als unternehmerische Universität, die Talente fördert und Mehrwert für die Gesellschaft schafft. Dabei profitiert sie von starken Partnern in Wissenschaft und Wirtschaft. Weltweit ist sie mit dem Campus TUM Asia in Singapur sowie Verbindungsbüros in Brüssel, Mumbai, Peking, San Francisco und São Paulo vertreten. An der TUM haben Nobelpreisträger und Erfinder wie Rudolf Diesel, Carl von Linde und Rudolf Mößbauer geforscht. 2006, 2012 und 2019 wurde sie als Exzellenzuniversität ausgezeichnet. In internationalen Rankings gehört sie regelmäßig zu den besten Universitäten Deutschlands.
Umwelt | Naturschutz, 15.12.2021
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