Nachhaltigkeitsrating: Versicherungen sind noch nicht grün genug

Gemeinsames Projekt der Greensurance Stiftung und des Zentrums für Nachhaltiges Wirtschaften und Management (ZNWM) der Hochschule für Technik Stuttgart (HFT Stuttgart)

Versicherungen in Deutschland sind noch nicht gut aufgestellt, wenn es um Nachhaltigkeit geht. Dies hat das wissenschaftlich fundierte Nachhaltigkeits-Rating von Sachversicherungen in Deutschland der Greensurance Stiftung und der Hochschule für Technik Stuttgart ergeben.
 
Wie grün sind Sachversicherungen in Deutschland? © Greensurance Stiftung (zum Vergrößern auf die Graphik klicken)„Beim Vergleich von 19 Sachversicherungen sieht man Pioniere und andere auf einem guten Weg", so Marcus Reichenberg, Geschäftsführer der Greensurance Stiftung, bei der Präsentation der Ergebnisse vor der Versicherungsbranche am Mittwoch, 16. Februar 2022. Das Nachhaltigkeits-Rating hat die Greensurance Stiftung in Zusammenarbeit mit Wissenschaftler:innen des Zentrums für Nachhaltiges Wirtschaften und Management (ZNWM) der Hochschule für Technik Stuttgart (HFT Stuttgart) entwickelt und getestet. Sachversicherungen umfassen unter anderem Haftpflicht, Hausrat und KFZ-Versicherungen.
 
Die Haupt-Ergebnisse des Ratings (siehe Grafik): Die vorderen drei Plätze belegen mittelständisch geprägte „Vorreiter"-Versicherer wie die Ostangler Brandgilde VVaG (Platz 1 mit 42,17%), Schwarzwälder Versicherung VVaG (Platz 2 mit 38,72 %) und Waldenburger Versicherung AG (37,81%). Die größeren Unternehmen wie die Barmenia Allgemeine Versicherungs-AG (36,59), R+V Allg. Versicherung AG (35,45 %) und Allianz Versicherungs-AG (33,93 %) folgen auf Platz 4, 5 und 6. Schlusslicht ist die VHV Allgemeine Versicherung AG auf Platz 19 (10,15%).
 
Mehr Transparenz für die Verbraucherinnen und Verbraucher  
„Verbraucher können mit dem kostenlosen Angebot des NATIVE-Ratings jetzt leicht überprüfen, wie nachhaltig Versicherungen sind und ob eigene Nachhaltigkeitspräferenzen über diese erfüllt werden. Wir haben mit dem Sachversicherungsrating eine Lücke im Bereich der Transparenz geschlossen und das war längst überfällig!" sagte Reichenberg.  Das Projekt NATIVE, mit einem Gesamtvolumen von 296.000 Euro, wurde über zwei Jahre von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) gefördert. 
 
Wissenschaftlich begleitet wurde das Projekt von dem Team um Prof. Dr. Tobias Popovic, Professor für Corporate & Sustainable Finance an der HFT Stuttgart. „Die Branche hat beim Thema Nachhaltigkeit Nachholbedarf, zumal sie inzwischen immer stärker von Schäden infolge der Klimaveränderungen betroffen ist", betonte er. Durch die Wetterextreme und Naturkatastrophen müssen Sachversicherer zunehmend höhere Versicherungsleistungen erstatten. Relevant ist aber auch, ob Versicherer selbst nachhaltigkeitsorientiert handeln und investieren.
 
„Sachversicherungen und vor allem ihre Produkte haben eine große Hebelfunktion, die Transformation der Wirtschaft in Richtung Klimaneutralität zu unterstützen. Bisher gab es jedoch noch keinen Maßstab, um systematisch zu vergleichen, wie nachhaltig diese Versicherungen sind", so Reichenberg und Popovic.
 
So kommt die Nachhaltigkeit-Bewertung zustande
Über 300 analysierte Einzelindikatoren sind in das Rating eingeflossen, unter anderem klimarelevante Indikatoren, die verschiedene Aspekte umfassen: Tragen die Produkte dazu bei, den CO2-Ausstoß zu verringern?  Erhalten Verbraucher:innen im Schadensfall als Ersatz eine klimafreundliche Variante – etwa smarte Heizungssysteme mit regenerativen anstatt fossilen Energien? Sind die Versicherungen darauf eingestellt, dass ein E-Auto andere Anforderungen als ein Benziner hat?
 
Die Indikatoren der Nachhaltigkeitsbewertung wurden auf Basis eines theoriegeleiteten Ansatzes sowie durch Berücksichtigung existierender Analyse- und Ratingansätze entwickelt, in folgende Kategorien untergliedert und gewichtet:  Klima (25%), Produkt und Schaden (25%), Kapitalanlage (15%), gute Unternehmensführung (Governance, 15%), Soziales (7,5%), Ökonomie (7,5%), Umweltressourcen (5%). 
 
Rückenwind von der EU
Nachhaltige Versicherungen erhalten Rückenwind durch den EU-Aktionsplan zur „Finanzierung Nachhaltigen Wachstums". So wird die Versicherungsberatung ab August 2022 auch zur Nachhaltigkeitsberatung, weil individuelle Nachhaltigkeitspräferenzen in die Beratung einfließen werden.
 
Über die Greensurance Stiftung
Die Greensurance Stiftung | Für Mensch und Umwelt gGmbH ist eine gemeinnützige Gesellschaft mit Sitz in Weilheim. Ihr Ziel ist laut Satzung der Schutz des globalen Klimas, die nachhaltige Entwicklung und eine zukunftsfähige Finanzbranche. Die Ideen des EU-Aktionsplans »Finanzierung nachhaltigen Wachstums« unterstützt die Greensurance Stiftung mit Projekten vor Ort in Deutschland, wie der greensFAIR®? KlimaUhr (www.klimauhr.de), dem greensFAIR®? Emissionsrechner zur Berechnung der eigenen KlimaBilanz (www.emissionsrechner.de), der Weiterbildung zur/m ESGberater/in, Fachberater/in für nachhaltiges Versicherungswesen©? (www.esgberater.de) und weiteren Projekten.
 
Über die Hochschule für Technik Stuttgart
An der Hochschule für Technik Stuttgart (HFT Stuttgart) studieren 4.000 Studierende in den Studienbereichen Architektur, Bauingenieurwesen, Bauphysik, Informatik, Mathematik, Vermessung und Wirtschaft. In 14 Bachelor- und 21 Master-Studiengängen lehren 125 Professor:innen sowie 400 Lehrbeauftragte, die von rund 300 Beschäftigten unterstützt werden. 
 
Die 1832 gegründete Hochschule für Angewandte Wissenschaften zeichnet sich durch einen hohen Praxisbezug und eine starke anwendungsbezogene Forschung in den Bereichen „Zukunftsgerechtes Planen, Bauen und Wirtschaften" und „Smarte Technologien, Prozesse und Methoden" aus. Mit mehr als sieben Millionen Euro Drittmitteln (Stand 2020) ist die HFT Stuttgart eine der forschungsstärksten Hochschulen in Baden-Württemberg. Sie leistet als eine von der Bund-Länder-Initiative geförderte „Innovative Hochschule" mit ihrem Forschungsfokus auf Metropolregionen von morgen einen zentralen Beitrag im Bereich des Wissens- und Technologietransfers.

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