Bundespreis Ecodesign - Wegbereiter in ein Zeitalter der Kreislaufwirtschaft
Bis zum 18. April bewerben und sich von den Gewinnern 2021 inspirieren lassen!
Laut einer Studie des NABU verbraucht jeder Mensch in Deutschland im Laufe eines Jahres etwa 16.000 Kilogramm Rohstoffe. Davon sind höchstens zwölf Prozent recycelt. Geht etwas kaputt, wird es neu gekauft. Gefällt etwas nicht mehr, wird es weggeschmissen. Das sind die Prinzipien, die einem linearen Wirtschaftssystem in einer Überflussgesellschaft zugrunde liegen. Die Notwendigkeit, eine zirkuläre (bzw. Kreislauf-)Wirtschaft zu etablieren, wird in Anbetracht des sinkenden Rohstoffbestandes und der steigenden Abfallberge immer drängender.
Abfälle weitestgehend zu vermeiden und diese als Ausgangsmaterial für neue Güter zu nutzen, ist ein Kernanliegen der Kreislaufwirtschaft (oder Circular Economy). Doch in diesem regenerativen System darf der Blick nicht nur auf das Ende des Produktlebens gerichtet sein. Viel entscheidender ist der Anfang. An diesem steht das Design. Bereits bei der Produktherstellung und vor allem -gestaltung werden essentielle Stellschrauben wie Materialverbrauch, Instandhaltungsmöglichkeiten, Reparierbarkeit, Wiederverwendbarkeit und nicht zuletzt Ästhetik festgelegt. Gutes Design bedeutet, den wirtschaftlichen, funktionalen und ästhetischen Wert eines Produktes, seiner Komponenten und Materialien so lange wie möglich aufrecht zu erhalten.
Ecodesign betont den eigentlich ohnehin im Design inbegriffenen Anspruch, dass Produkte ebenso wie Dienstleistungen und Systeme so zu gestalten sind, dass ihre negativen Auswirkungen auf die Umwelt in allen Lebensphasen möglichst gering sind. Um diesen Ansatz zu fördern und die große gesellschaftliche Relevanz sichtbar zu machen, wurde 2012 vom Bundesumweltministerium, dem Umweltbundesamt und dem Internationalen Design Zentrum Berlin der Bundespreis Ecodesign ins Leben gerufen.
Seit nunmehr zehn Jahren wird der Bundespreis Ecodesign an herausragend gestaltete, umweltverträgliche und zukunftsweisende Projekte in den Kategorien Produkt, Service, Konzept sowie Nachwuchs vergeben. Im Jubiläumsjahr 2021 wurden zehn Projekte prämiert, drei davon stellen wir Ihnen im Folgenden vor. Sie setzen das Konzept der Kreislaufwirtschaft auf hervorragende Weise in der Praxis um.
Mehr denn je ist Online-Shopping Bestandteil unseres Alltags. Besonders in Zeiten der Pandemie hat der Online-Handel ein rasantes Wachstum hingelegt. Damit einher geht eine enorme Menge an Verpackungsmaterial. Das in Finnland gegründete Unternehmen RePack hat sich die Entmüllung des E-Commerce auf die Fahnen geschrieben und verspricht „The End of Trash" mithilfe von Mehrwegverpackungen. Der Service orientiert sich an dem Flaschenpfandsystem: Webshops verschicken ihre Ware in RePacks, die Endverbraucher:innen falten die Versandtaschen nach Erhalt auf Briefgröße und werfen diese kostenlos in den nächsten Postkasten ein. Hierfür werden sie im Rahmen eines integrierten Treueprogramms belohnt. Nach der Rückgabe wird die Verpackung gereinigt und zur Wiederverwendung an die Versender zurückgeführt. Somit schließt sich der Kreislauf verbunden mit erheblichen Materialeinsparungen. „Das Gewebe besteht aus recyceltem Polypropylen, welches außen nochmal beschichtet ist, damit es wasserdicht und robust wird. Somit können die Taschen bis zu 20 Mal wiederverwendet werden", erläutert Christof Trowitz, der das Business Development von RePack verantwortet. „Es ist Post-Consumer-Material, d.h. es existiert bereits, ohne dass wir etwas Neuartiges erfinden müssen. Generell ist es für uns wichtig, dass wir auf Bestehendem aufbauen können, deswegen arbeiten wir erstens mit einem Material, das es bereits gibt, und zweitens mit einer Infrastruktur, die es bereits gibt, nämlich dem Briefkastensystem". Mit diesem Ansatz hat sich die innovative Verpackungslogistik beim Bundespreis Ecodesign als einziges Projekt in der Kategorie Service durchsetzen können.
Eine Vorreiterrolle im Segment der Kletterausrüstung nimmt die Firma EDELRID GmbH & Co. KG ein. Mit dem NEO 3R ist ihr nach sechs Jahren intensiver Forschung gelungen, das erste dynamische Bergseil zu entwickeln, das zur Hälfte aus recycelten Pre-Consumer-Seilen besteht. „Aktuell ist es so, dass wir für die Herstellung des NEO 3R Seilreste verwenden, die während der Produktion anfallen, z.B. durch Verschnitt. Diese werden dann geschreddert, eingeschmolzen und zu Granulat verarbeitet. Im Anschluss werden daraus neue Garne gesponnen, die dann wieder in den Produktionsprozess einfließen", führt Sebastian Straub, Marketing Koordinator, aus. „Das langfristige Ziel ist, nicht mehr Produktionsreste zu verwenden, sondern alte Seile von Endkonsument:innen zu recyceln. Zurzeit ist das allerdings noch nicht möglich, da das recycelte Garn, welches wir aus alten Seilen gewinnen, qualitativ noch nicht ausreichend ist. Denn ein Kletterseil ist kein einfaches Sportgerät, sondern zählt zur persönlichen Schutzausrüstung, d.h. die Seile müssen gewisse Normen erfüllen. Unser Recycling-Seil ist also nur ein erster Schritt". Dass Kletterfans weder aus sicherheitstechnischer noch aus ökologischer Sicht hängen gelassen werden, würdigte der Bundespreis Ecodesign mit einer Auszeichnung in der Kategorie Produkt.
Wie sollen wir mit einem so verrufenen Material wie Pelz umgehen? Weder Wegwerfen noch Tragen scheint angebracht. In ihrer Abschlussarbeit an der Hochschule Niederrhein mit dem Titel „Ein Pelzmantel und seine Folgen" lotet Magdalena Keller einen neuen Umgang mit dem kontroversen Material aus. Die Haare von Mänteln aus Silberfuchs, Waschbär und Marderhund sowie von einer Fuchsstola und Fellresten aus invasiver Jagd rasierte sie ab und spann daraus sortenreine Garne. Diese Pelzgarne bildeten die Grundlage für eine Modekollektion, die unter anderem aus einem Kleid, einem Oberteil und einem Mantel besteht. Auch aus der nach dem Rasieren übrig gebliebenen Lederschicht entstanden eine Hose und eine Jacke. „Für mich war dieser Pelz aus textiler Perspektive ein wertvoller Rohstoff und ich wollte etwas anfangen mit diesen vielen Mänteln und Jacken, die seit 40 Jahren oder noch länger im Schrank verwaisen, weil ihnen so ein schlechter Ruf anhängt", erklärt Frau Keller. Ein Effekt, den sie bei ihrem Projekt besonders faszinierend fände, sei, dass man dem Material nicht mehr ansehe, was es einmal war: „Zunächst ist da dieses verachtete Objekt, auf welches man mit gerümpfter Nase herabsieht. Und dann transformiert es sich zu etwas Neuem". Auf diesem Weg findet nicht nur eine Wiederverwertung, sondern sogar eine Aufwertung statt, was der Bundespreis Ecodesign in der Kategorie Nachwuchs auszeichnete.
Seit dem 24. Januar ist es wieder möglich, sich mit eigenen nachhaltigen, innovativen und gut gestalteten Projekten um den Bundespreis Ecodesign zu bewerben. Einreichungen werden bis zum 18. April unter www.bundespreis-ecodesign.de entgegengenommen.
Kontakt: Jasmin Suhr, Büro Bundespreis Ecodesign | presse@bundespreis-ecodesign.de | bundespreis-ecodesign.de
Umwelt | Ressourcen, 17.03.2022
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